interessante, wenn auch etwas variierte Rekapitulation
der beiden wichtigsten Dekorationssysteme des 18. jahr-
hunderts, der Groteske und der Chinciserie dar, die hier
noch einmal, ehe ihr Jahrhundert zu Ende ging, zu
Ehren kamen. Bei der Wandvertäfelung sind besonders
die originellen Suprnporten mit den ausgcsägten Glöck-
chen und der abschließende Pries zu nennen, der aus
einer Spitzbogengalerie besteht, die dem Tapetengrund
vorgeblendet ist. Die Möbel passen sich in der Farb-
gebung den Wandvertäfelungen an, sind ebenfalls
schwarz und mit sparsamen Verzierungen in goldener
Farbe versehen. Ihre Form ist vom englischen Mobiliar
beeinflußt und entspricht dem Zeitgeschmack, dem klassi-
zistischen Ideal, erhält aber durch kleine Ungewöhn-
lichkeilen, z. B. in der Ausführung der Lehne bei
den Sitzmöbeln oder in der graziösen Gestaltung
der Gueridons, der Leuchterständer, einen bewußt auf
das Exotische, Fremdartige bezugnehmenden Einschlag.
Der große Saal hingegen ist einheitlich im „antiken Ge-
schmack" gehalten, wirkt festlich und heiter durch seine
Größe und seine Helligkeit. Die Farben Weiß, Blau und
Gold, wobei das Gold der sparsam verwendeten ge-
schnitzten Ornamente nur akzentuiert, nur Glanzlichter
aufsetzt, nicht dominiert - geben dem Raum die Grund-
stimmung kühler Vornehmheit, die sieh von allem lauten
Aufwand distanziert.
Als der Umbau des Schlosses abgeschlossen war, zeigte
es sich, daß die Kosten dieses großen Unternehmens bei
weitem die finanziellen Möglichkeiten des Grafen von
Stiebar überstiegen. So sah er sich denn gezwungen,
Schloß und Herrschaft im Jahre 1820 an seinen Stiefsohn
Josef Freiherrn von Knorr zu verkaufen. Mit dieser Fa-
milie hält nun das Biedermeier seinen Einzug in Stiebar.
Ein Salon des Schlosses ist zur Gänze mit dem freund-
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