Steine bis zur Bezahlung der ange-
kauften Plastik gratis beizusteilen.
l)as ist ein mehr als großzügiges
Entgegenkommen, weil Hummel
auf diese Weise mit der Zeit und
unter (hoffentlich nicht eintreten-
den) Umständen zum unfreiwilligen
größten privaten Plastik-Sammler
nicht nur Österreichs und der
St. Margarethener Steinbruch zum
größten Plastik-Freilichtmuseum
werden können.
Die Dinge aber sind ganz offen-
kundig noch im Fluß. Das verjäh-
rige Symposien, das tatsächlich mit
elf Bildhauern aus acht Ländern
zustandekam, mußte erst einmal,
einfach durch sein Dasein und-
seine 'l'ätigkeit, den Grundstein le-
gen, die Aufmerksamkeit auf sich
lenken, die ldce mit Fleisch umklei-
den, die Wirklichkeit des Steinv
bruchs und die Möglichkeiten des
Symposions präsentieren oder we-
nigstens skizzieren und damit ins
Bewußtsein rufen. Es mußte sowohl
für die Teilnehmer als auch für
die öffentlichen Stellen und die
privaten Besucher, wenn schon
nicht bereits den gültigen Nach-
weis, so doch den Hinweis erbrin-
gen, daß hier etwas tatsächlich Le-
bendiges begonnen hat; daß eine
„Gründung" erfolgte und nicht bloß
eine Eintagsfliege losgelassen
wurde; daß also der Steinbruch und
seine Lage im Burgenland, seine
„Architektur" und Geschichte, der
blaue llimmel und die Sonne über
ihm, die Dohlen, das leuchtende
Gelb der frisch gebrochenen Steine,
das verwitterte Grau der alten
Wände, die überwältigende Räum-
lichkeit und nicht zuletzt auch die
Gegenwart und Leistung aller
derer, die da Steine brechen, sä-
gen und verladen, daß das alles
eine Welt, eine Atmosphäre, ein
Lebens- und Arbeitsklima ist und
schenkt, in denen nicht nur das
künstlerische Schaffen, sondern
auch ein alle Grenzen und Natio-
nalitätcn einschmelzendes Mensch-
und Kameradsein gedeihen können.
Natürlich gibt es Leute und sogar von
der künstlerischen Prominenz, die
das alles für Literatur erklären, für
poetische Geschwätzigkeit, die sich
um die Wahrheit herumlügt, daß es
nur auf Talent und Charakter, auf
den Rang und die oft leidvolle Ein-
samkeitsfähigkeit der künstleri-
sehen Einzelpersönlichkeit an-
kommt, wenn Dinge geschaffen
werden sollen, die künstlerischen
Wert besitzen. Alle Verquickung
mit „Politik", mit „Verbrüderung"
und „KameradschafF sei Phrase
und lenke nur von dem ab, worauf
cs ankommt, nämlich daraul, gül-
tige Plastik hervorzubringen. Diese
wäre dann schon ganz von selber
Wahrzeichen und Botschaft und was
immer man von ihr erwarte und
verlange, während ausdrücklich ge-
plante Wahrzeichen und Botschaf-
ten unter Garantie nur schlechte
Plastiken ergeben könnten, also
wertlos seien.
Diese Einwände sind verständlich,
weil sie der begründeten und damit
berechtigten Skepsis gegen die
heute übliche Betriebsamkeit und
Gschaltelhuberei der wichtigtueri-
sehen Impotenz gerichtet sind. Ge-
gen sie kann man ja auch gar nicht
mißtrauisch genug sein. Aber trifft
ein solches Mißtrauen auch wirk-
lich dem Symposien von St. Mar-
garethen gegenüber zu? Erstens
einmal: sind nicht vielleicht doch
auch die „absoluten" Maßstäbe von
der ganz großen Kunst ein bißchen
literarisch oder doch zumindest
theoretisch? Was einer von sich
selbst verlangt, ist seine Sache, und
er kann gar nicht genug von sich
verlangen. Wenn er aber anfängt,
daraus ein Gesetz und eine allge-
meine Forderung zu machen, wird
es schon bedenklich, weil eben die-
ses „Gesetz" zu einer Geste und als
Forderung zu einem Anspruch
wird, den man vor allem an die
anderen stellt.
Zweitens gibt es verschiedene
Ebenen des künstlerischen Schaf-
fens, verschiedene Ränge des Künst-
lerscins. Neben dem Einsam-Einzi-
gen haben auch die gleichsam ge-
meinschaftlichen Naturen ihr Recht
und, das Talent vorausgesetzt, ihre
Werkgültigkeit. Das Leben will auf
allen seinen Ebenen und in allen
seinen Rängen erfüllt und befrie-
digt werden, und jede dieser Ebe-
nen, jeder dieser Ränge und oben-
drein noch jedes Individuum haben
ihr eigenes Maß, ihre eigene
„Rundheifi Was nach allen Seiten
„rund" ist, ist eine Kugel, gleich-
gültig, ob sie groß oder klein, aus
Gold, Eisen oder Stein ist.
Drittens aber spielt tatsächlich in
der heutigen Situation des Men-
schen der verpiuschte, weil zwar
allseitig organisierte oder, um es
orthopädisch auszudrücken, ge-
schiente und künstlich in Funktion
gehaltene, aber organisch tauhc und
stumpfe Gerneinschaftssektor seiner
Existenz eine wichtige Rolle. Ihn
statt durch die üblichen Propaganda-
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