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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 42)

Injektionen zu „verarzten", mit 
echten Vitaminen und Impulsträ- 
gern eines ganzheitlichen Erlebens 
zu versorgen, ist jedenfalls von 
kaum geringerer Bedeutung als alle 
Bemühungen, eine neue soziale Ord- 
nung herzustellen. Insofern hat 
auch die Idee der plastischen Male 
des guten Willens und der Verbun- 
denheit alles dessen, was wahrhaft 
lebt, ihre volle Berechtigung, wo- 
bei man ruhig die Frage offen las- 
sen kann, ob sie in dem, was in 
St. Margarethen bisher geschaffen 
wurde, schon ihre volle Erfüllung 
fand. 
Um hier zu einem Urteil zu gelan- 
gen, muß man sich darüber klar 
sein, daß es ja gar nicht so leicht 
ist, den Menschen im Menschen 
auch wirklich zu erreichen. Wenn 
der normale Durchschnittsmcnseh 
von beute auf irgendeinem öffent- 
lichen Platz eine Plastik stehen sieht 
- wie viele gehen nicht an ihr vor- 
bei, ohne sie überhaupt zu sehen -, 
so erwartet er sieh, weniger aus 
„'l'radition" als aus Gewohnheit, 
etwas Denkmalartiges vorzufinden, 
das irgendeinem Menschen oder 
einer Institution gewidmet ist und 
eben auch den Widmungsadressa- 
ten, sei es durch eine ihn wieder- 
gebende Figur, durch eine Büste, 
4 liloul Kosso, Israel. 
5 Josef Pillhofer, Wien. 
(i Jakob Savinsek, Jugoslawien. 
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ein Relief oder auch durch eine 
allcgorisehe Szene und zumindest 
durch eine Inschrift klar erkennen 
läßt. Auf die Idee, daß den 
Beschauer einfach eine Form, 
eine plastische Form als solche 
durch ihren Charakter, ihre Be- 
wegung und deren Rhythmus an- 
sprechen und sich ihm als Pulsator, 
als llervorrufer eines Gedankens 
oder einer Empfindung anbieten 
und mit ihm in ein „Gespräch", zu 
einer „Kommunikation" gelangen 
möchte, kommt er gar nicht. Dabei 
ist diese Art von Plastik im Wesen 
ja gar nichts Neues. Auch die „Va- 
nitas vanitatum" oder „Nlemento 
mori", Bildwerke früherer Zeiten 
- von den üblichen Bildstöcken 
auf Plätzen, an Straßen und Wegen 
ganz zu schweigen - hatten eine 
solche Absicht. 
Die zweite Schwierigkeit liegt ciarin, 
daß auch und gerade unter den 
Politikern, die ja in der Hauptsache 
- zumindest theoretisch - als Be- 
steller und Käufer für derartige Ar- 
beiten in Frage kommen, nur wenige 
Menschen zu finden sein dürften, 
die auch an die lebendige Wirk- 
samkeit solcher Zeichen, ja über- 
haupt an die des Bild gewordenen 
Geistes glauben. Die Denkmal-Ge- 
schwiitzigkcit auf der einen und der 
Leerlauf bloßer Dekoration und Re- 
priisentation auf der imderen Seite 
haben die Empfindung nicht nur 
abgestumpft, sondern auch verdor- 
ben, sodaß sie jetzt von sich aus 
häufig nur noch nach dem Reprä- 
sentativen Verlangen hat. 
Die entscheidenden Schwierigkeiten 
freilich sind bei den Künstlern 
selbst zu suchen. Sie liegen in der 
Thematik an sieh begründet. Bot- 
schaften und Zeichen setzen, wenn 
schon keine intakte und über die 
bloße Überlieferung hinaus auch 
wirklich als lebendig an- und auf- 
genommene Symbolik, so doch das 
Bedürfnis und damit das innere Ver- 
hältnis zu ihr voraus. Dieses Ver- 
hältnis freilich dürfte weniger auf 
eine fertige und bestimmte Symbo- 
lik als auf das Symbolische als eine 
Sphäre, als eine Welt bedeutender, 
gleichnishafter Formen gerichtet 
sein. 
llicr gibt das Symposien europäi- 
scher Bildhauer 1960 als die zweite 
Folge des Plastikertrcffens im Stein- 
bruch von St. Margarethcn interes- 
santen Aufsehluß. Die elf Neuan- 
kömmlinge aus Berlin, Israel, Japan, 
Jugoslawien, Polen, der Schweiz und 
Österreich fanden noch eine ganze 
Reibe der von ihren elf Vorgän- 
gern von 1959 aus Belgien, Berlin, 
Frankreich, Holland, ltalien, Jugo- 
slawien, der Schweiz und Oster- 
reieh geschaffenen Arbeiten vor. 
Denn leider hatte - wenigstens 
bis zum September 1960 - nur eine 
ein? ge Plastik und zwar die des 
Berlincrs Erich Reischke in den
	        
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