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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 42)

mehr als zwei Meter Höhe, wobei 
die Bänderwellen verschiedene Brei- 
ten und Rhythmen demonstrieren, 
also auch bei einem Schrägauffall 
der Sonne verschiedene Schatten- 
bilder ergeben, hat bei aller Dif- 
fcrenziertheit weniger von einer 
Plastik als von einem Wandmustcr 
an sich, das im Grunde weder den 
Stein noch den Steinbruch von 
St. Margarethen als „GeburtsorW 
nötig hat. Walentas eigentümlichcs, 
an eine Muschel oder doch an ein 
Wassertier, vielleicht auch an einen 
Vogelkopf gemahnendes Gebilde 
wieder steht ebenfalls der Welt 
des St. Margarethener Steinbruchs 
ziemlich fern, ganz abgesehen da- 
von, daß weder seine noch Schultzcs 
Arbeit sich dazu eignen, im Sinne 
der Symposien-Idee verwendet zu 
werden. 
Ähnliches ließe sich vielleicht auch 
von der Plastik des Polen Olgiero 
Truszynski (geb. 1935) sagen, aber 
das stimmt dann doch nicht ganz. 
Sie ist nämlich so lustig und voller 
Spiel, daß man sich unbedingt an 
ihr erfreuen kann, zumal wenn man 
sich ihre Verwandtschaft mit joan 
Mirö bewußt macht. Besanders 
Kinder müßten Vergnügen an die- 
sem „Reittier" oder an dieser 
„Bank" mit den beiden fröhlichen 
Seitenstützen haben. Zu wenig 
freilich ist dann die „Hand" des 
Wieners Thorn (geb. 1930). Man 
hat das Gefühl, als hätte das Aus- 
sägen der „Fingef durch die Ar- 
beiter mehr Mühe gekostet als die 
Bildhauerarbeit, wenn auch die fer- 
tige Hand, zumal gegen den offenen 
Himmel, manche Reize bietet. Ein 
ernst-ruhiges Zeichen von fast öst- 
lichem Charakter ist die Arbeit des 
in Berlin lebenden Herbert Bau- 
mann (geb. 1927), während die Pla- 
stik des Schweizers Michael Gos- 
sert (geb. 1927) trotz der liebens- 
werten zeichenhaften Graphismcn 
und Markierungen mit der Größe des 
Steines nicht recht fertig wurde. 
Die stärksten Arbeiten dieses Som- 
mers scheinen die drei Bildwerke 
des Japaner-s jasuo Mizui (geb. 
1925), des jugoslawen Jakob Savin- 
äek (geb. 1922) und des Österrei- 
chers josef Pillhofer (geb. 1921) zu 
sein. Mizuis „Schlüssel zum llim- 
melreich" wurde auch bereits durch 
den Direktor der Schweizer Luwa 
A. G., Dr. Bechtler, für Zürich- 
Zollikon angekauft. Savinäeks mehr 
als zwei Meter hoher „Turm" ist 
ein Symbol heutiger Architektur 
und eines Städtebaus, der aus kla- 
ren Einzelelementen eine harmo- 
nisch und rhythmisch gefügte Ein- 
heit zu bilden weiß. 
Am menschlichsten wirkt Pillhofers 
Figur. Sie fügt sich in ihrem Ober- 
teil blockhaft zusammen und 
schenkt so eine Vielheit von Aspek- 
ten, die alle das Erlebnis der Fülle 
und des Bewahrens zugleich erwck- 
ken. Der Gegensatz von „abstrakF 
und „gegenständlich" ist überwun- 
den, indem das Figurenhafte so- 
wohl an sich als auch in der Kom- 
plexheit menschlicher Inncn- und 
Umweltbeziige zu einer wohlgebau- 
ten Form gebildet wurde. 
Wahrscheinlich hätte Pillhofer eine 
solche Figur auch ohne den Stein- 
bruch und das Symposion schaffen 
können, aber der Zusammenhang 
ist trotzdem deutlich spürbar. Die 
naturhaften und die menschlichen 
Umstände, zu denen auch die der 
tätigen Begegnung von Künstlern 
verschiedener Völker gehören, ha- 
ben gerade in unserer Zeit verbrei- 
teter Künstlichkeit und Hektik ein 
doppeltes Gewicht. Und daß gerade 
in Österreich ein solcher Ort schöp- 
ferischer Ferien von der Zeit enl- 
standen und, nach dem zweiten 
Symposien nun wohl auch endgül- 
tig verankert und gesichert ist, 
sollte, selbst wenn man das Leben 
nur von den Gesichtspunkten des 
Fremdenverkehrs aus betrachten 
wollte, als ein wesentlicher Ge- 
winn erkennbar sein. Denn lang- 
sam, aber unaufhaltsam werden, da 
die totale Organisation nachweis- 
lich doch nur bereits Gestorbcnes 
rangiert oder noch Lebendes zum 
Tode bringt, die echten Impulse 
und Improvisationen, die Inseln 
schöpferischer Muße und einer pro- 
grammlosen Gemeinschaftlichkeit, 
die mit dem nachgerade läppiseh 
gewordenen „ldealismus" einstiger 
jugendbewegtheit auch nicht das 
leiseste zu tun hat, wieder wichtig 
und ehrliche Reserven, derer wir 
bedürfen. 
Das Symposien europäischer Bild- 
hauer im Steinbruch von St. Mar- 
garethen ist da natürlich nur ein 
kleiner Ansatzpunkt. Aber es ist 
einer, und er hat sich nun hereits 
als solcher bewährt. Es hat daher 
auch schon mit vollem Recht nicht 
nur seine staatlichen und kommu- 
nalen, sondern auch seine Förderer 
in den Kreisen der Wirtschaft ge- 
funden, die jener Reserven kaum 
weniger dringend bedürfen als das 
geistige und künstlerische Leben. 
Man soll daher nicht sagen, daß 
solche Inseln viel zu klein sind, um 
Wesentliches zu bewirken. Alles 
wahrhaft Lebendige pflanzt sich 
nur von der Ganzheit seiner Trä- 
gerzcllen her in die Breite fort. 
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