mehr als zwei Meter Höhe, wobei
die Bänderwellen verschiedene Brei-
ten und Rhythmen demonstrieren,
also auch bei einem Schrägauffall
der Sonne verschiedene Schatten-
bilder ergeben, hat bei aller Dif-
fcrenziertheit weniger von einer
Plastik als von einem Wandmustcr
an sich, das im Grunde weder den
Stein noch den Steinbruch von
St. Margarethen als „GeburtsorW
nötig hat. Walentas eigentümlichcs,
an eine Muschel oder doch an ein
Wassertier, vielleicht auch an einen
Vogelkopf gemahnendes Gebilde
wieder steht ebenfalls der Welt
des St. Margarethener Steinbruchs
ziemlich fern, ganz abgesehen da-
von, daß weder seine noch Schultzcs
Arbeit sich dazu eignen, im Sinne
der Symposien-Idee verwendet zu
werden.
Ähnliches ließe sich vielleicht auch
von der Plastik des Polen Olgiero
Truszynski (geb. 1935) sagen, aber
das stimmt dann doch nicht ganz.
Sie ist nämlich so lustig und voller
Spiel, daß man sich unbedingt an
ihr erfreuen kann, zumal wenn man
sich ihre Verwandtschaft mit joan
Mirö bewußt macht. Besanders
Kinder müßten Vergnügen an die-
sem „Reittier" oder an dieser
„Bank" mit den beiden fröhlichen
Seitenstützen haben. Zu wenig
freilich ist dann die „Hand" des
Wieners Thorn (geb. 1930). Man
hat das Gefühl, als hätte das Aus-
sägen der „Fingef durch die Ar-
beiter mehr Mühe gekostet als die
Bildhauerarbeit, wenn auch die fer-
tige Hand, zumal gegen den offenen
Himmel, manche Reize bietet. Ein
ernst-ruhiges Zeichen von fast öst-
lichem Charakter ist die Arbeit des
in Berlin lebenden Herbert Bau-
mann (geb. 1927), während die Pla-
stik des Schweizers Michael Gos-
sert (geb. 1927) trotz der liebens-
werten zeichenhaften Graphismcn
und Markierungen mit der Größe des
Steines nicht recht fertig wurde.
Die stärksten Arbeiten dieses Som-
mers scheinen die drei Bildwerke
des Japaner-s jasuo Mizui (geb.
1925), des jugoslawen Jakob Savin-
äek (geb. 1922) und des Österrei-
chers josef Pillhofer (geb. 1921) zu
sein. Mizuis „Schlüssel zum llim-
melreich" wurde auch bereits durch
den Direktor der Schweizer Luwa
A. G., Dr. Bechtler, für Zürich-
Zollikon angekauft. Savinäeks mehr
als zwei Meter hoher „Turm" ist
ein Symbol heutiger Architektur
und eines Städtebaus, der aus kla-
ren Einzelelementen eine harmo-
nisch und rhythmisch gefügte Ein-
heit zu bilden weiß.
Am menschlichsten wirkt Pillhofers
Figur. Sie fügt sich in ihrem Ober-
teil blockhaft zusammen und
schenkt so eine Vielheit von Aspek-
ten, die alle das Erlebnis der Fülle
und des Bewahrens zugleich erwck-
ken. Der Gegensatz von „abstrakF
und „gegenständlich" ist überwun-
den, indem das Figurenhafte so-
wohl an sich als auch in der Kom-
plexheit menschlicher Inncn- und
Umweltbeziige zu einer wohlgebau-
ten Form gebildet wurde.
Wahrscheinlich hätte Pillhofer eine
solche Figur auch ohne den Stein-
bruch und das Symposion schaffen
können, aber der Zusammenhang
ist trotzdem deutlich spürbar. Die
naturhaften und die menschlichen
Umstände, zu denen auch die der
tätigen Begegnung von Künstlern
verschiedener Völker gehören, ha-
ben gerade in unserer Zeit verbrei-
teter Künstlichkeit und Hektik ein
doppeltes Gewicht. Und daß gerade
in Österreich ein solcher Ort schöp-
ferischer Ferien von der Zeit enl-
standen und, nach dem zweiten
Symposien nun wohl auch endgül-
tig verankert und gesichert ist,
sollte, selbst wenn man das Leben
nur von den Gesichtspunkten des
Fremdenverkehrs aus betrachten
wollte, als ein wesentlicher Ge-
winn erkennbar sein. Denn lang-
sam, aber unaufhaltsam werden, da
die totale Organisation nachweis-
lich doch nur bereits Gestorbcnes
rangiert oder noch Lebendes zum
Tode bringt, die echten Impulse
und Improvisationen, die Inseln
schöpferischer Muße und einer pro-
grammlosen Gemeinschaftlichkeit,
die mit dem nachgerade läppiseh
gewordenen „ldealismus" einstiger
jugendbewegtheit auch nicht das
leiseste zu tun hat, wieder wichtig
und ehrliche Reserven, derer wir
bedürfen.
Das Symposien europäischer Bild-
hauer im Steinbruch von St. Mar-
garethen ist da natürlich nur ein
kleiner Ansatzpunkt. Aber es ist
einer, und er hat sich nun hereits
als solcher bewährt. Es hat daher
auch schon mit vollem Recht nicht
nur seine staatlichen und kommu-
nalen, sondern auch seine Förderer
in den Kreisen der Wirtschaft ge-
funden, die jener Reserven kaum
weniger dringend bedürfen als das
geistige und künstlerische Leben.
Man soll daher nicht sagen, daß
solche Inseln viel zu klein sind, um
Wesentliches zu bewirken. Alles
wahrhaft Lebendige pflanzt sich
nur von der Ganzheit seiner Trä-
gerzcllen her in die Breite fort.
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