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fullscreen: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 1)

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JEAN DAMPT 50' VON AUGUSTE MARGUIL- 
LIER-PARIS. 5th 
S gab zu allen Zeiten Künstler, die die Welt der 
Schönheit nicht nach dem Urteil und Vorurteil 
ihrer Zeitgenossen begriffen, sondern sich ihre 
eigene ästhetische Welt aufbauten, in der es ganz 
anders aussah wie in jenem konventionellen 
Gebäude, und gerade diese Künstler waren es, 
die in den geschichtlichen Werdegang der Dinge 
erfolgreich eingriffen. Das Vorurteil der kaum 
noch dahingegangenen Generation war die 
strenge Scheidung nach Klassen und Disziplinen, 
die Unter- und Überordnung der einzelnen Kunst- 
gebiete, das Einschulen und Einschachteln in Gruppen, Fächer und Unter- 
fächer. Die Technik entsprang nicht aus der Bedeutung und den inneren 
Notwendigkeiten des zu schaffenden Kunstwerkes als etwas Sekundäres, 
als Mittel zum Zweck, sondern es war das Primäre, das Gegebene. Zuerst 
war der Künstler da mit seiner Technik, und nun musste das Kunstwerk 
gesucht werden, das sich ihr fügte. Das brachte allmählich die einzelnen 
Künste aus ihrem natürlichen inneren Zusammenhang und führte eine 
Trennung und Isolierung der einzelnen Fächer herbei, gegen die anzu- 
kämpfen stets ein Bedürfnis weiterblickender Künstler war. Einer der 
ersten, die diesem Bedürfnisse mit Erfolg Rechnung trugen, war der Bild- 
hauer Jean Dampt. Marmor, Holz, Elfenbein, Gold, Eisen, Stahl, das waren 
ihm zusammengehörige Dinge, wie dem Maler die verschiedenen Farben 
der Palette. Und auch hierin war er einer der ersten, dass er die Dinge des 
gewöhnlichen Lebens in Kunst und Schönheit zu kleiden verstand. So 
scheint er denn ein Abkömmling zu sein der trefflichen, auf jedem Gebiete 
des Schönen tüchtigen Künstler des Mittelalters und der Renaissance, deren 
Rechtschaffenheit er auch besitzt. Daher gehört er zu jenen, die von jeher 
im jährlichen Salon das Verlangen der aufrichtigen Verehrer der Kunst 
und der feinfühligen Amateure wachrufen, weil sie sicher sind, niemals 
getäuscht zu werden, inmitten der sie umgebenden Menge von Banalitäten, 
weil sie sich darauf verlassen können, ein ausdrucksvolles Werk zu finden, 
sei es eine Statuette, ein Möbel oder ein Geschmeide, dessen feine Schönheit 
mit einer wunderbaren Technik paart. 
In der Tat, wer Dampt in der ruhigen, entlegenen rue Campagne 
Premiere besucht, meint einen Meister aus vergangenen Jahrhunderten 
vor sich zu haben. Wenn die nägelbeschlagene Eichentür seines Ateliers 
sich öffnet, stehen wir in einer Vorhalle mit gotischem Kamin, dessen von 
zwei Figuren gestützter Sturzbalken die Inschrift trägt: „Feu reschauife 
comme amytie"; dann kommt die Werkstatt, deren Wände fein abgetönte 
Matten zieren, mit einfachen, aber geschmackvollen, vom Künstler selbst 
 
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