2 Terrakotla-Skulplur der Nok-Kullur.
1. Jahrtausend v. Chr., Nordregion von
Nigerien.
3 Holzskulpluren der Südstämme in Ni-
geria, 19.120. Jahrhundert.
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diese Formen hervorgebracht hnt-
ten, wußtcn sie nichts, Erst in den
letzten 30 Jahren ist ein gewisses
Verständnis für die religiös-mytho-
logischen Wurzeln dieser Kunst und
ihren geistigen Hintergrund mit der
Feststellung des „religiösen Ur-
sprungs" der afrikanischen Kunst
erreicht worden.
Daher ist es besonders zu begrüßen,
daß man sich bei der Londoner Aus-
stellung nicht darauf beschränkte.
300 „Meisterwerke nigerischcr
Kunst" zu zeigen, sondern diese ent-
sprechend den Stammes- oder kul-
tischen Gruppen aufteilte. So ge-
wann der Besucher eine Vorstellung
von der Vielgestaltigkeit dieser
Kunst, ihrem teilweise hohen Alter,
ihrer Isolierung oder Verbindung zu
anderen Kulturen. Er erkannte mit
Staunen, daß zum Beispiel die Un-
lerschiede zwischen den Ibo und
Yoruba nicht etwa den verschiede-
denen Schulen in England und Spa-
nien vergleichbar sind, sondern daß
diese beiden Kulturkreise so weit
voneinander getrennt sind wie die
chinesische und die indische Kunst.
Nicht aus ethnographischen Erwä-
gungen werden sie als getrennte
Systeme dargestellt, sondern weil
sie auf diese Weise am ehesten Ein-
blick in das Wcscn der den einzel-
nen Stämmen eigentümlichen künst-
lerischen Welt zu geben vermögen.
Man war auch bemüht, die neue-
sten Erkenntnisse und Forschungs-
ergebnisse zu verwerten, die Auf-
schluß über bisher unbekannte Ver-
bindungen zwischen einzelnen Stäm-
men oder religiösen Gruppen geben,
die in manchen Fällen in der bishe-
rigen Literatur über afrikanische
Kunst gar nicht erfaßt waren,
Die ältesten Stücke waren Terra-
kotta-Skulpturen der Nok-Kultur,
die mit Hilfe des Kohlenstoff 14-
Tests in die zweite Hälfte des ersten
Jahrtausends v. Chr. datiert wur-
den. Sie stammen aus dem Gebiet
der Zinngruben in der Nordregion.
Neuerdings vermutet man, vor-
nehmlich auf Grund unerwarteter
Funde ähnlicher Terrakotta-Arbei-
ten in und um Ilesha (Westregiun),
daß die Nok-Kultur bis tief in das
heutige Yorubaland hineinreichte
und einen entscheidenden Einfluß
auf die Entwicklung der Ife-Kunst
ausübte. Sollten diese Vermutungen
zutreffen, wäre eine Lücke von an-