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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 43)

Salemonisehe 
Thronsymbol 
auf 
Österreichischen 
Denkmälern 
CHRISTIANE MICHNA 
Im ersten Buche der Könige, 10. Kapitel, Vers 18-20 
heißt es: 
„Auch machte der König Salomon einen großen 
Thron von Elfenbein und überzog ihn mit gar glän- 
zendem Gold; er hatte sechs Stufen und das Haupt 
am Thron war gerundet von hinten und zwei Hände 
hafteten an beiden Seiten des Sitzes und zwei Löwen 
standen neben den Händen. Und auf den sechs Stu- 
fen standen zwülf Löwen zu beiden Seiten; derglei- 
chen Werk ward nicht gemacht in allen König- 
reichen." 
 
Diese alttestamentarische Schilderung des Salomonischen 
Throncs hat ihre Wurzeln in der babylonischen Astral- 
mythologie. Salomons Thron, dem göttlichen llerrliclt- 
keitsthronc nachgebildet, war daher ein Thema, das 
sowohl im Orient, als auch im Abendland immer wieder 
zur symbolischen Auslegung und Interpretation an- 
regte. 
Bereits im 6. Jahrhundert wurde der Salomonische Thron 
in Byzanz nachgebildet, um darauf hinzuweisen, daß 
diese Stadt Sitz der Weltherrschaft geworden sei. 
Seit dem 12. Jahrhundert treten im Abendland, vor allem 
in Handschriften, bildliche Darstellungen des Salomo- 
nischen Thrones auf, wobei man sich genau an die oben 
zitierte Bibelstelle hielt. Zunächst jedoch ist dieses 
Thema nur für profane Belange nachweisbar. Der 
König, Akteur im universellen lleilsplan, wird unter 
symbolischer Bezugnahme auf Christus, auf dem Salo- 
monischen Throne sitzend, dargestellt.'_ 
Um 1200 tritt eine wesentliche ikonographische Neue- 
rung auf. Der Vorstellungskrcis des Salomonisehen 
Thrones fand im Zusammenhang mit der wachsenden 
Marienverehrung, Eingang in die sakrale Kunst, nach- 
dem er schon in theologischen Schriften: und Predigten 
des 11. Jahrhunderts, in den marianischen Symbolbcß- 
reich einbezogen worden war. Der damals geprägte iko- 
nographische Urtypus zeigt mit kleinen Variationen, 
Maria auf dem Thron sitzend, mit dem Kind auf dem 
Arm. Sechs Stufen führen empor, die seitlich von sechs 
Löwen und sechs Frauengestalten (Tugenden), flankiert 
sind. Darüber sind oftmals die Propheten angeordnet. 
Neben den Thronlehnen stehen je ein kleiner Löwe. Über 
dem llaupt Mariens schweben sieben Tauben, die nach 
lsaias H, 2, die auf Christus ruhenden Gaben des Hei- 
ligen Geistes darstellen. 
Dieser Bildtypus bleibt innerhalb der europäischen Kunst 
des Mittelalters geographisch auf einen engen Raum be- 
schränkt und zwar vorwiegend auf den Westen, Süden 
und Südosten des deutschen Sprachgebietes. 
Durch die im 12. Jahrhundert ins Leben gerufenen Or- 
den, vor allem der Zisterzienser und Prämonstratenser, 
erreichte die Marienverehrung eine besondere Verbrei- 
tung und Vertiefung. Von größter Bedeutung für den 
theologisch-spekulativen Gedankenausbau der „Maria 
als Thron Salomonis" war jedoch der 1216 bestätigte Do- 
minikanerorden, in dessen Reihen die führenden deut- 
schen Mvstiker und alühendsten Maricnverehrer zu fin-
	        
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