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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 44)

genwart der monumentalen Glas- 
malerei, den farbigen Glaswänden, 
die allergrößte Bedeutung für die 
Erhöhung der Andachtsstimrnung 
zu. Gerade die Betonglasfenster, die 
letzte Entwicklungsphase der Glas- 
malerei, sind durch ihre materielle 
Struktur und farbige Leuchtkraft 
geeignet, die Träger jener höher- 
lührenden (anagogen) Bedeutsam- 
keit zu sein, die dem Abtc Sugcr 
von Saint Dcnis, dem Inauguraitor 
des „opus modernum" der gotischen 
Architektur im 12. Jahrhundert vor- 
suhwebtc, als er sein Kathedralen 
lebnis in die Worte faßte: „Mens 
hcbes ad verum per materialia 
surgit". (Durch das materielle Mit- 
tel wird der Sinn des Menschen auf 
das gelenkt, was jenseits der Ma- 
terie ist, auf die ewige Wahrheit.) 
Dieser ewiggültigen Aufgabe der 
Kunst und der Kunstwerke hat 
sich A. C. XVinternitz verschrieben. 
Er, der die 50 bereits überschritten 
hat, kam als nicht ganz 16jähriger 
an die Wiener Akademie der bil- 
denden Künste und wurde Schüler 
bei Professor Sterrer. Reisen führ- 
ten ihn nach Italien, nach Venedig. 
Florenz und Rom, wo er in der Mo- 
saikanstalt des Vatikans arbeitete. 
Im Jahre 1938 reiste er nach Süd- 
amerika und fand in Peru eine neue 
Heimat. 1939 gründete er eine 
Kunstschule, an der Winternitz ge- 
genwärtig das Direktorat innehat 
und die später in die katholische Uni- 
versität von Lima eingebaut wurde. 
Seine künstlerische Gesinnung und 
seine Stellung brachten es mit sich, 
daß er in der gegen die reaktionä- 
ren Kreise des Landes kämpfen- 
den katholischen Oppositionsgruppe 
eine führende Rolle einnahm, die 
er durch zahlreiche Arbeiten immer 
wieder unter Beweis zu stellen wuß- 
te. Ausstellungen und Vorträge zu 
seinem innersten Anliegen einer Er- 
neuerung der sakralen Kunst führ- 
ten ihn nach Chile, Argentinien und 
Uruguay. Das Verständnis aber, das 
er als Österreicher der lateinameri- 
kanischen barocken Kunst entge- 
genzubringen wußte, verschaffte 
ihm zahlreiche Restaurierungsauf- 
träge und brachte ihm die Bestel- 
lung zum Chefrestaurator des Denk- 
malschutzamtes ein, 
Ab 1950 war er mit Ausstellungen 
wieder nach Europa zurückgekehrt, 
die in Wien, Venedig, Rom 
und Madrid stattfanden. 1953 cr- 
hielt er seinen bisher größten Auf- 
trag mit der Glasfcnsterwand im 
theologischen Seminar der Domini- 
kanerpatres in Madrid, einem Bau 
des berühmten spanischen Architek- 
ten Miguel Fisac. llier war ihm die 
Aufgabe gestellt, eine 31m lange 
und 10m hohe Glasfläche von pa- 
rabolischem Grundrili mit Reprä- 
sentanten des Alten und Neuen Te- 
stamcntes zu versehen, die eine Ver- 
herrlichung des Martyriums vor 
Augen stellen sollten. Auf die far- 
bigen Grundakkorde Rot und Blau 
reduziert, wie in der Kathedrale von 
Chartres, gelang es Winternitz mit 
Hilfe der Betonglsistechnik die inne- 
re Dynamik eines präfigurierten 
und exemplarischen Opfergesche- 
hens künstlerisch zu lösen. 
Ein zweites großes Projekt, die 14 
schmalen und 10m hohen Fenster
	        
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