genwart der monumentalen Glas-
malerei, den farbigen Glaswänden,
die allergrößte Bedeutung für die
Erhöhung der Andachtsstimrnung
zu. Gerade die Betonglasfenster, die
letzte Entwicklungsphase der Glas-
malerei, sind durch ihre materielle
Struktur und farbige Leuchtkraft
geeignet, die Träger jener höher-
lührenden (anagogen) Bedeutsam-
keit zu sein, die dem Abtc Sugcr
von Saint Dcnis, dem Inauguraitor
des „opus modernum" der gotischen
Architektur im 12. Jahrhundert vor-
suhwebtc, als er sein Kathedralen
lebnis in die Worte faßte: „Mens
hcbes ad verum per materialia
surgit". (Durch das materielle Mit-
tel wird der Sinn des Menschen auf
das gelenkt, was jenseits der Ma-
terie ist, auf die ewige Wahrheit.)
Dieser ewiggültigen Aufgabe der
Kunst und der Kunstwerke hat
sich A. C. XVinternitz verschrieben.
Er, der die 50 bereits überschritten
hat, kam als nicht ganz 16jähriger
an die Wiener Akademie der bil-
denden Künste und wurde Schüler
bei Professor Sterrer. Reisen führ-
ten ihn nach Italien, nach Venedig.
Florenz und Rom, wo er in der Mo-
saikanstalt des Vatikans arbeitete.
Im Jahre 1938 reiste er nach Süd-
amerika und fand in Peru eine neue
Heimat. 1939 gründete er eine
Kunstschule, an der Winternitz ge-
genwärtig das Direktorat innehat
und die später in die katholische Uni-
versität von Lima eingebaut wurde.
Seine künstlerische Gesinnung und
seine Stellung brachten es mit sich,
daß er in der gegen die reaktionä-
ren Kreise des Landes kämpfen-
den katholischen Oppositionsgruppe
eine führende Rolle einnahm, die
er durch zahlreiche Arbeiten immer
wieder unter Beweis zu stellen wuß-
te. Ausstellungen und Vorträge zu
seinem innersten Anliegen einer Er-
neuerung der sakralen Kunst führ-
ten ihn nach Chile, Argentinien und
Uruguay. Das Verständnis aber, das
er als Österreicher der lateinameri-
kanischen barocken Kunst entge-
genzubringen wußte, verschaffte
ihm zahlreiche Restaurierungsauf-
träge und brachte ihm die Bestel-
lung zum Chefrestaurator des Denk-
malschutzamtes ein,
Ab 1950 war er mit Ausstellungen
wieder nach Europa zurückgekehrt,
die in Wien, Venedig, Rom
und Madrid stattfanden. 1953 cr-
hielt er seinen bisher größten Auf-
trag mit der Glasfcnsterwand im
theologischen Seminar der Domini-
kanerpatres in Madrid, einem Bau
des berühmten spanischen Architek-
ten Miguel Fisac. llier war ihm die
Aufgabe gestellt, eine 31m lange
und 10m hohe Glasfläche von pa-
rabolischem Grundrili mit Reprä-
sentanten des Alten und Neuen Te-
stamcntes zu versehen, die eine Ver-
herrlichung des Martyriums vor
Augen stellen sollten. Auf die far-
bigen Grundakkorde Rot und Blau
reduziert, wie in der Kathedrale von
Chartres, gelang es Winternitz mit
Hilfe der Betonglsistechnik die inne-
re Dynamik eines präfigurierten
und exemplarischen Opfergesche-
hens künstlerisch zu lösen.
Ein zweites großes Projekt, die 14
schmalen und 10m hohen Fenster