liresken und ihrer reizvollen Idylle
in der hyzantinisch-römischen
Kunst, aber da ist sie noch streng
und stilisiert, kennt ein nur schablo-
nenhaftes Gefüge: absonderliche Ge-
steinsbildungen schieben sich in
schematischer Gliederung überein-
ander und in verzerrter Perspektive
zeigt man sie in ihrer Aufsicht.
„Wenn Du Gebirge in einer guten
Weise entwerfen willst", lesen wir
im Trecento bei Cennini, „welche
natürlich scheinen, so nimm große
Steine, rauh und unpoliert, und
zeichne sie nach der Natur, indem
Du ihnen Licht und Schatten ver-
leihst, je nachdem es Dir die Ein-
sicht erlaubt." Die Landschaften sind
kahl, ihre Höhen unbewachsen.
Pflanzen und Bäume erfahren eine
ornamentale Eingliederung. Wenn
uns diese starke Vereinfachung
heute wieder in gewisser Weise
reizvoll erscheint, so ist dies auf
3
l Landschaft am Genfer See. Ausschnitt
aus „Der wunderbare Fischzug" von
Konrad Witz aus dem jahr 1444. Genf,
Musee d'Art et d'Histoire.
2 Der Mondsee mit dem Schafbcrg.
Federzeichnung von Wolf Huber aus
dem Jahr 1510. Nürnberg, Germanisches
XNationalmuseum.
3 Die Alpenlandsebaft mit den Weiden-
bäumen (Donaulandschaft). Federzeich-
nung von Albrecht Altdorfer um 1511.
Wien, Akademie der bildenden Künste.
Im selben jahr entstand auch die Zeich-
nung „Die Donau bei Sarmingstein" (im
Strudengau). In beiden Fällen vermutete
man eine Zeichnung nach der Natur.
bestimmte Formen und Neuentdek-
kungen zeitgenössischer Malerei
zurückzuführen, welche das Klare
und Einfache hin und wieder zum
Prinzip erhob. Viel später bewirkt
auch der Aufschwung des Natur-
gefühls bei Dante und Petrarca
kaum eine Lösung der immer hand-
werksmäßiger, routinierter und ge-
dankenloser wiedergegebenen Land-
schaften. Die strenge Überlieferung
eines Schemas hemmt auf der einen
Seite die Entfaltung des Naturstu-
diums, auf der anderen Seite fördert
sie eine Konzentration auf die
Form. Naturalisten und Stimmungs-
maler treten erst in der tcskani-
sehen Landschaftsmalerei des Quat-
trocento auf. Zusammen mit der
umbrischen bietet sie das einzige
Beispiel für den Übergang von der
mittelalterlich typisierenden zu
einer individuellen Auffassung und
freieren Entfaltung.
Im deutschen Raum wird es erst
viel später, nach einer entscheiden-
den Veränderung des Zeitbegriffs
möglich, die Landschaft überhaupt
zu sehen, ihr Vorhandensein zu re-
gistrieren. Die unveränderlich-
ruhende, überirdisehe Zeit, die
einen schematischen, stets gleich-
bleibenden Bildentwurf und -cha-
rakter ermöglichte, weicht dem Er-
fassen irdischer Raum- und Zeit-
kategorien, des Nah und Fern, des
Vorn und Hinten auf der Erde,
nachdem man vorher nur ein Oben
und Unten kannte. Man lernt das
Übereinander in der Fläche als Hin-
tereinandcr im Raum kennen, be-
achtet Größenverhältnisse. Weil die
Erde in einen irdisch-zeitliehen Ab-
lauf gestellt wird, kann die Land-
schaftsmalerei aufkommen. Ihre
Entdeckung und die damit verhun-
dene einschneidende Veränderung
im Denken und Empfinden des mit-