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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 45)

Was nun das Beethoven-Porträt aus der Reihe in der 
Gesellschaft der Musikfreunde angeht, so ist seine Wie- 
derherstellung schon begonnen. Es ist glücklicherweise 
gut erhalten, nur ganz unwesentliche Stellen sind ge- 
ring beschädigt. Nach der Firnis-Abnahme zeigt sich, 
daß das Gesicht sehr rötlich ist, etwas, das uns als le- 
benswahr durch viele Zeugnisse von Zeitgenossen erwie- 
sen ist. Rock und Krawatte haben ein rötliches Braun, 
so daß der Gesamtcharakter der Figur violett-braun ge- 
nannt werden kann. Das Haar ist leicht angegraut. Der 
Hintergrund hat einen Stich ins Grünliche. Der Aus- 
druck ist sehr natürlich und nur dadurch von dem etwa 
gleichzeitigen Stich Blasius Höfels nach Louis Letronne 
(1840) unterschieden, daß bei Mähler die Betonung mehr 
auf dem Repräsentativen liegt} Frimmel hat dieses 
schöne Bildnis immer mit zwei anderen von Mähler zu- 
sammengeworfen und alle drei als Fassungen eines so- 
genannten „zweiten Mählerschen Beethoven-Porträts" er- 
klärt. Offensichtlich ist aber zwischen dem Bild aus der 
Reihe der Gesellschaft der Musikfreunde und den beiden 
anderen, wirklich gleichen ein großer Unterschied. Fast 
würde man denken, diese beiden, das eine seit 1860 in 
Karajanschem Besitz, das andere, von demich leider keine 
brauchbare Photographie erhalten konnte, jedenfalls bis 
vor kurzem noch im Besitz der Nachkommen 
von Beethovens Landsmann und Freund Ignaz v. Glei- 
chenstein, seien etwas früher entstanden. Das Gesicht 
ist hier eher schmäler, das Haar dunkel, die Nähe zu 
dem schlechten Neugass'schen Bilde größer als zu dem 
von Letronne. Die Kleidung ist ganz verschieden, weni- 
ger leger, der Hintergrund hat die Andeutung eines 
Wolkenhimmels, was jedoch erst die beabsichtigte Rei- 
nigung ganz klären könnte. 
Ich kann das freilich nur von dem Exemplar behaupten, 
das mir die Freundlichkeit seines heutigen Besitzers, des 
Ingenieurs Wolfgang Karajan in Salzburg, zu studieren 
und neu photographieren zu lassen erlaubt hat. Die Her- 
kunft dieses Bildes ist durch eine Notiz des großen 
Sprach- und Geschichtsforschers und späteren Leiters der 
Nationalbibliothek Theodor Georg v. Karajan auf dem 
Blendrahmen völlig geklärt. Diese lautet: „Porträt L. van 
Beethovens gemalt von  Mähler, einem Schüler des 
berühmten Graff zu Dresden, vor dem 29. Mai 1815 zu 
Wien. Mähler war geboren zu Ehrenbreitstein, also ein 
Landsmann Beethovens und mit ihm sehr befreundet. 
Mähler starb in Wien 1860. Ich kaufte das Bild aus der 
Verlassenschaft von seiner Erbin Gnadfleg, seiner Wirt- 
schafterin, im Juli 1860 um 100 f. e. M. Dr. Theodor 
Georg von Karajan." Das Bild trägt außerdem rechts 
unten die Signatur: „j. Mähler pinx." 
Zunächst läßt sich über das Verhältnis der drei Bilder 
zueinander wenig sagen. Es bleibt ganz unklar, weshalb 
das Karajansche Bild gerade „vor dem 29. Mai 1815" ge- 
malt sein soll, und vor allem ist das nur ein terminus 
? Ich möchte bei dieser Gelegenheit nebenbei die Fragwürdig- 
keit der oft wiederholten Erzählung Höfels von der unzurei- 
chenden,'leider uns verloren gegangenen Vorlage Letronnes 
und seiner, Höfcls, Mitarbeit an dem Bildnis bei Gelegenheit 
des Stichs betonen. Wir wissen wenig über Letronne, aber die 
eine Arbeit, die das Historische Museum der Stadt Wien von 
ihm bewahrt, ein Kreide-Porträt der Schauspielerin joscphine 
Gottdank aus demselben Jahr 181-1, übertrifft alles, was l-löfel 
an Pprträten geschaffen hat. Letronne, der 1805-1817 in Wien 
tätig gewesen ist, war ja schließlich ein Schüler j. L. Davids. 
- Die Beethoven-lkonographie schreit geradezu nach einer 
neuen Bearbeitung! Frimmels Buch ist überholt, und was seither 
erschienen, ist mehr Kompilation als kritische Durcharbeitung. 
O. E. Deutsch hat gerade in der „Österreichischen Musikzeit- 
Schrift", 16. jahrg. 1961, Heft 3, S. 116 denselben Wunsch aus- 
gesprochen, der durch das neue Buch von Robert Bory uner- 
füllt geblieben ist. 
ante. Die eine Überzeugung aber gewinnt man, wenn man 
die lithographischen Bildnisse der Komponisten, die in 
der Reihe der Gesellschaft der Musikfreunde vorkom- 
men, mit den Mählerschen Porträten vergleicht: dieser 
hat wirklich, wie die „Allgemeine musikalische Zei- 
tung" sagt, „sprechende Ähnlichkeit" erreicht; in seinen 
Bildnissen ist mehr von den charakteristischen Zügen 
der Porträtierten als in den meisten anderen Bildnissen, 
er verschönert nicht, er spricht die Wahrheit. Diese Er- 
kenntnis darf man wohl auch auf die drei späten Bild- 
nisse Beethovens übertragen, wenn sie auch nicht in 
einem so glücklichen Augenblick geschaffen wurden wie 
das jetzt in den Besitz des Historischen Museums der 
Stadt Wien gelangte erste Bildnis von l804j05, von dem 
wir ausgegangen sind. 
Ich füge nun noch, zusammenfassend eine [Werklirte von 
W).  Mähler an, in der Hoffnung, daß sie möglichst 
bald ergänzt und vermehrt wird werden können: 
1 Bildnis Beethovens, Ol auf Leinwand. 116.5 X 90 cm. 
Unsigniert. Um 1804f05. Historisches Museum der 
Stadt Wien. 
2Josef Bernhard v. Weckbecker. Öl auf Leinwand. 
107 x 86 cm. Signiert rechts unten: ]. Mäbler pinx. 
1807. Besitzer Paul Weckbecker, Wien. 
3 Friedrich (oder Philipp) v. Weckbecker. Öl auf Lein- 
wand. 56 X 44 cm. Unsigniert. Um 1807. Besitzer Paul 
Weckbecker, Wien. 
4 Friedrich (oder Philipp) v. Weckbecker. Ol auf Lein- 
wand. Größe nicht bekannt, jedoch von Frimmel als 
„Bildchen" bezeichnet, signiert rechts unten: Mäh- 
ler 1807. Verschollen. 
Slö Zwei weitere Bildnisse Friedrich und Philipp v. Weck- 
heckers, Kniestücke in kleinem Format, erwähnt ohne 
Malernamen in einer Notiz von Hugo Frh. v. Weck- 
becker. 
718 Zwei Bildnisse Julie von Verings, später verh. Breu- 
ning. 1807(O8. Eines davon ausgestellt in den Wiener 
Beethovenausstellungen 1920, KaL-Nr. 234, 1927, 
KaL-Nr. 343. Entweder dieses oder das zweite er- 
halten im Historischen Museum der Stadt Wien. Öl 
auf Leinwand, 100,5)(83cm. Unsigniert. 
9{10 Zwei Bilder (vielleicht auch drei), gekauft von einem 
Herrn in Boston. 
11 Landschaft aus dem Laxenburger ParkzWasserfall des 
Forstmeisterkanals. Ol auf Leinwand. 43,Sx 345cm. 
Signiert rechts unten: Mäbler p. Ehemals Samm- 
lung Ludwig und Henriettc Dux. Verschollen. 
13 Kaiser Franz II. Großes Bild, seinerzeit im Kanzlei- 
saal des Hofkriegsratsgcbäudes. Verschollen. 
14 Joseph Gelinek. Öl auf Leinwand. Etwa 55 X 44 cm. 
Seit der Entstehung nicht weiter verfolgbar. 
15-24 Tonkünstler-Galerie: Joseph v. Eybler. Adalbert 
Gyrowctz, Johann Nepomuk Hummel, Leopold Ko- 
zeluch, Franz Krommer, Joseph Preindl, Anton Sa- 
lieri, Ignaz von Seyfried, Michael Umlauf, Johann 
Baptist Wanhal, Joseph Weigl. Öl auf Leinwand. Je 
etwa 55 X 44 cm. Vermutlich identisch mit den Bil- 
dern der Gesellschaft der Musikfreunde im Wiener 
Musikvereinsgebäude. Es dürften auch noch andere 
Porträte der Reihe von Mäihler stammen. 
25 Ludwig van Beethoven. Ol auf Leinwand. 55 X 44 cm. 
Unsigniert. Gesellschaft der Musikfreunde, Wien. 
26 Ludwig van Beethoven: Öl auf Leinwand. Signiert 
rechts unten: ]. Mähler pinx. 64X48,5 cm. Besitzer 
Ing. Wolfgang Karajan, Salzburg. 
27 Ludwig van Beethoven. Öl auf Leinwand. Etwa 
64 X 48,5 cm. Ehemals Familie v. Gleichenstein, Frei- 
burg im Breisgau. 
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