BUCHBESPRECHUNGEN
Axt Leskorchek, Odysseur. Ein Zyklus in zwanzig Holzschnit-
ten. Mit einem Geleitwort von Ernst Fischer. Globus Verlag
Wien, 1960.
Die Blätter dieser Folge des bekannten österreichischen Holz-
stechers, der vor nicht allzu langer Zeit seinen siebzigsten Ge-
burtstag beging, zeichnen sich durch erfreuliche Klarheit und
große Kraft der Aussage aus. Ihr Stil ist, den technischen Ge-
gebenheiten des Mediums angemessen, spröd und unpathetisch
und variiert im Einzelfall sehr stark, um den jeweiligen in-
haltlichen Voraussetzungen gerecht zu werden; sicher sind auch
Momente der persönlichen Entwicklung maßgebend, umfaßt
die Entstehungszeit doch die Jahre zwischen 1939 und 1959.
Der parabolische Sinn des Zyklus als Überhöhung des Zeitge-
schehens und des individuellen Schicksals ins Archetypische
ist unverkennbar, welche Tatsache umso bemerkenswerter ist,
als Leskoschek sich streng an den Text hält, nichts hinzufügt
und nichts fortläßt. Die Blätter wurden in einer einmaligen
Auflage von 500 von den originalen Druckstöcken abgezogen,
ein kleiner Teil der Auflage ist numeriert und handsigniert.
I-Iann: Scheck, Alte Kunst neu gercbaut. Verlag Die Kommen-
den, Freiburg i. Br. 1959.
In fünf knappen Studien unternimmt der Autor des schmalen,
broschierten Heftes den Versuch, Grundfragen der Kunstge-
schichte zu beantworten. Der Standpunkt des Autors läßt sich
ungefähr dahingehend zusammenfassen, daß es stets der Geist
ist, der sich die Form schafft und daß es Bilder des Geistes
sind und nicht platte Bilder der Wirklichkeit, die zum Substrat
der bildenden Kunst wurden. Wandel der Form ist daher stets
Wandel des geistigen Vorstellungsbildes. Nach Scheck ist die
„Kunst selbst in ihrer Würde... die dritte Gewalt neben dem
Reich der Sinne und neben dem Reich der Vernunft (p. 29)".
In der Moderne sind es „die ungestalteten Seelcnkräfte, die
leidenden, crduldenden, die sensiblen Iche. .. welche sich und
ihre Geheimnisse offenbarten und dadurch unsere Seelen an-
sprechen, daß wir in den Bildern. .. gcistesverwandtc Visionen
wiedersehen". Gegen einen solchen Standpunkt ist nichts ein-
zuwenden; es ist überhaupt interessant festzustellen, wie viele,
anscheinend typisch anthroposophische Gedankengänge bereits
ohne viel Aufhebens Eingang in die moderne, durchaus nicht
an Rudolf Steiner und seiner Schule orientierte Kunstwissen-
schaft gefunden haben. Das einzige Negativum an vorliegendem
Büchlein ist, daß die Argumentationen nur selten auf primäre
Quellen zurückgreifen, Sondern sich fast stets auf spätere
(Vasari) oder moderne(Goethe, Steiner u. seine Schüler) In-
terpreten stützen.
Rudolf Steinbüchler. Text von Franz Pübringer. Linz 1960,
Institut für Landeskunde von Oberösterreich. Schriftenreihe zum
biographischen Lexikon von Oberösterreich. 2 farbige und 62
schwarzweiße Bildtafeln.
In diesem Band werden - wohl zum ersten Mal - Staffelei-
bilder, Studien und Handzeichnungen des bedeutenden ober-
österreichischen Freskanten Rudolf Steinbüchler veröffentlicht,
dessen Schaffen sich durch große formale Klarheit, Sinn für
Monumentalität und echte Verbundenheit in der heimatlichen
Welt - Innviertel und Mühlviertel - auszeichnet. Es ist keine
Frage, daß Steinbüchler eine Monographie als solche verdient
hat, die aphoristisch-expressionistisch-polemische Einführung
des Linzer Lokalpoeten Franz Pühringer hat er auf keinen Fall
verdient! Die Tatsache, daß man Pühringer und Steinbüchler
zusammengespannt hat, ist umso verwunderlicher, als man den
Herausgebern alleine schon auf Grund ihrer Titulatur eher die
Gestaltung von positiv-informativen, wissenschaftlichen Pub-
likationen zugetraut hätte. Die sachlich-biographischen Angaben
umfassen ganze drei Zeilen Text, von einem Oeuvrekatalog,
von Literaturangaben und all dem sonstigen unabdingbaren
Drum und Dran einer brauchbaren Monographie ist nicht ein-
mal ansatzweise etwas zu spüren. Köller
tcnen Ware zuzuschreiben; der Beweis hiefür wurde durch die
Tatsache geliefert, daß sich Ware zweiter Klasse und „Füll-
ware" ausgesprochen schlecht verkaufte.
Besonderen Reiz erhielt die Auktion durch zwei Umarientie-
rungen bei Zuschreibungen, die sich durch die Aussendung der
Kataloge ergaben. Zum ersten wurde das Repräsentativbild
eines Feldherrn, bis dahin auf Grund eines vorwiegenden öster-
reichischen Gutachtens als Maximilian Ulysses Graf Browne
angesprochen und Alessandro Longhi zugeschrieben, von Graf
Limburg-{Stirum von der „Ikonographie des Ordens vom Gol-
denen Vlies" aber als Porträt August des Starken erkannt;
durch die Verschiebung der Lebensdaten war eine Zuschrci-
bung an Longhi nicht mehr zu halten. Die hohe Qualität des
Werkes ließ nunmehr an die Autorschaft von Jacopo Amigoni
denken, welcher Vorschlag allgemein akzeptiert wurde, In-
teressanter noch war der Hinweis von Unim-Prof. Dr. Leopold
Schmid, der in zwei Tafeln eines Altars von Jan Swart van
Groningen wortwörtliche Illustration zu chiliastischen Pro-
phezeiungen von Beda Venerabilis erkannte. Und nun einige
Ergebnisse: M. van Meytens, Porträt Friedrich Fürst zu Wald-
eckJPyrmont, Meistbot: 22.000.-, Meister der Donauschule
(vor etwa 30 Jahren noch Altdorfcr zugeschrieben), Gekreu-
zigter 70.000.-, A. van Dyck, Apostelkopf (mit Gutachten
Hofstede de Groot und W .v. Bode) 120.000.-, G. B. da Faenza,
Johannes d. T. 75.000.-, J. E. Schindler, Blick auf Ragusa
55.000.-, Franz Snyders, Das naschhaite Eichkätzchen 90.000.-,
Simon von Taisten, Zwei Altarlafeln 120.000_-, Antiquitäten:
Statue einer Madonna, dem Meister der Blberacher Sippe zu-
geschrieben 90.000.-, Relief St. Barbara, Brixen, um 1490 bis
1500, 28.000,-, Altarengel von Joh. P. Schwanthaler 28.000.-.
Porzellan: Liebespaar von Kändler 22.000.-, sechs Kum-
men, sieben Untertassen, Cozzi, Venedig urn 1765, 32.000,-.
Glas: Drei Kothgasser-Becher 22.000,-, 16.000.-, 14.000.-,
Schaper-Glas 10.000,-. Silber: Nürnberger Deckelpokal, 1. H.
17. Jahrhundert 35.000.-.
Das Schönste an der Auktion: Trotz schärfster Konkurrenz
mit Käufern aus der Deutschen Bundesrepublik blieben alle
wesentlichen Stücke in Österreich!
Ausrtellungen österreicbircber Künrtler im Ausland
Im März fanden besonders viele Ausstellungen heimischer
Künstler im westlichen Europa statt. Ludwig Merwart, Theo
Braun und Günter Kraus zeigten neue Werke im Haag (Ga-
lerie Orez), noch weiter nach Westen stieß Fritz Wotruba
vor, der bei Claude Bernard in Paris Plastiken, Aquarelle und
Zeichnungen darbot. Diese Ausstellung zieht Mitte dieses Jahres
ins Ostwall-Museum. Die Städtische Galerie in München be-
herbergt derzeit Arbeiten von Werner Berg, das Regensburger
Museum Blätter und Bilder von Gerhard Swoboda. Josef Mikl,
eine der Hauptsäulen der Galerie St. Stephan, hat in der
Kölner Galerie „Der Spiegel" Einzug gehalten, während Uta
Prantl-Peyer in der Galerie Bernd Klasing in Münsrerjwest-
falen ausstellt.
NOTIZEN AUS DEM KUNSTLEBEN
D142 551. Kunstauktion de: Dorotbeumr, Wien, H. bis 17, März
19 1.
Diese Auktion brachte eine unerwartete Steigerung des Meist-
botes; mit einem Gesamtergebnis von über 3,200.000.- S war
zum ersten Mal seit Bestehen der Zweiten Republik die Drei-
millionengrenze überschritten. Der erste Auktionslag, nach alter
Tradition vorwiegend den Olgemälden alter Meister und Ma-
lern des 19. Jahrhunderts gewidmet, brachte mit 1,800.000.- S
um nicht weniger als 700.000,- S mehr als der entsprechende
Tag der Wcihnachtsauktion im Dezember 1960! Der Grund
für diesen Auftrieb liegt keinesfalls in inflationisiischen Ten-
denzen, sondern ist lediglich der guten Qualität der angebo-
WIENER KUNSTAUSSTELLUNGEN
Künstlerhaus: Gäste au: nah und [em
Der wichtigste von ihnen ist Adolfo Winternitz, der in Nr. 43
von „Alte und moderne Kunst" bereits ausführlich gewürdigt
wurde, der amüsanteste ist zweifellos der italienische Bildhauer
Ugo Cara, dessen Zirkusmädchcn, Tänzerinnen und Jongleu-
sen man die künstlerische Auseinandersetzung mit Marini,
Greeo und Manzü wohl ansieht, ohne daß dadurch die Spritzig-
keit und Eigenwilligkeit der Einfälle gelitten hätte. Die Spa-
nierin Maria joseia Colom konzentriert sich in sehr monumen-
tal gesehenen Bildern auf Themen aus dem einfachen Volks-
leben und erreicht schöne, feierliche Wirkungen. Leon Sli-
winski. der seit über zwei Jahren mit Wien eng verbundene;
von Viktor Matejka entdeckte Pole, labuliert sozusagen auf dem
christlichen Sektor wieder naiv-raffiniert drauflos, während sein
Landsmann Waldemar Smolarek sich mit tachistischen Proble-
men nicht ohne Erfolg herumschlagl.
Knorpelplustik
Fast einhellige Zustimmung der Kritik fanden die sehr dynami-
schon, in der Häufung aber etwas monoton wirkenden, aus
knorpel- und knochcnartigen Gebilden emporgetürmtcn Plasti-
ken, die Andreas Urteil in der Galerie St. Stephan zeigte.
Gruppe „Mart" im Grierhenbeisel
In Zagreb ringt man hart und ehrlich mit Problemen der in-
formellen Kunst. Was dabei herauskommt, ist von der gleichen
Präzision und Klarheit, die allein schon rein physisch die Be-
wohnerschaft Kroatiens auszeichnet. jeder einzelne der hier
vertretenen Künstler wäre es wert, eingehend gewürdigt zu
werden.
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