Krankheiten" getragen hat, aber sie wendet nicht nur ihr
Haupt ab, sondern macht die beiden entscheidenden Ge-
sten, die vom Einverständnis in den Willen des Vaters
zeugen, die olierierende zum Himmel hin, und die ver-
weisende aui das „Lamm Gottes, das die Sünden der Welt
trägt". Der Tod des Christus stürzt den Satan, der durch
den Tod seine Herrschaft dokumentierte, denn der Tod
ist „der Sold der Sünde". Vom Christus hingegen heißt
es, „der den Tod sterbend vernichtet hat". Die Marter-
Werkzeuge, die der Böse umklammert, die ihm zur Ver-
nichtung des „Heiligen Gottes" dienen sollten, sind, wie
das Kreuz selbst, zum Instrument des Heils geworden;
darin liegen Kraft und Weisheit Gottes, die triumphie-
rend sagt: „hat Gott nicht die Weisheit der Welt als Tor-
heit erwiesen?" (1 Kor l, 20) und „Gottes Torheit ist
weiser als die Menschen und Gottes Schwäche ist stärker
als die Menschen" (1,25).
Die dritte Standarte zeigt das Mysterium der Verklä-
rung. Die hintergründige Figur umspannt den Kosmos;
es ist der auferstehende, auffahrende und als Gottherr
das All mit seiner Kraft erfüllende Christus, nicht nur
das Haupt der Kirche, sondern „der Anfang, der Erst-
ling von den Toten": er hat „in allem den Vorrang; denn
es hat Gott gefallen, die ganze Fülle in ihm wohnen zu
lassen und durch ihn alles mit sich zu versöhnen, was
auf Erden und was im Himmel ist" (Kor 1, 19 f.).
Die Form des Andreaskreuzes in dem der kosmische
Christus das All umiaßt, deutet auf das Lamm hin, das
„seit Anbeginn der Welt geschlachtet" ist und verbindet
mit dem historischen „Jesus aus Nazareth" (darin liegt
eine antignostische Geste des Künstlers). Der Christus
trägt die Embleme des Hoehpriesters, der Himmel und
Erde versöhnt und der „hinter den Vorhang", nämlich
des himmlischen Allerheiligsten, in seinem eigenen Blute
eingegangen ist, „der Hochpriester in Ewigkeit nach der
Ordnung des Melchisedek" (Hebr 6, 20); sein Gewand
zeigt präzise alle Details der alttestamentlichen Hoch-
priesterparamente; aber der siebenflammige Geist, der
aus seinem Haupte ausbricht, zeigt ihn als „Sohn", von
dem es heißt, „mein Sohn bist du, heute habe ich dich ge-
zeugt" (Hebr 1, 3; Ps. 2, 7). Der alte und erste Bund geht
hier in den „neuen und ewigen" über. Hinter dem Mes-
sias breiten sich die Schwingen des Engels jahwes, so
erscheint in ihm zugleich die Präsenz des Vaters und
der aus seinem Haupt strahlende Geist geht aus Vater
und Sohn wie aus einem Prinzip hervor (qui a patre
filioque procedit). Vor dem Christus die „aufgenommene"
Maria mit dem Gestus bräutlicher Hingabe: sie wird von
der Schechina, der Wolke jahwes, getragen, die auch
Christus aufnimmt, als er sich von der Erde erhebt. Als
„Braut des Wortes" wird sie königlich gekrönt. Ihre Ehre
ist ganz von seiner abgeleitet und ist in ihr inbegriffen. Aus
den Händen und Füßen des einst Gekreuzigten strahlt
der Geist, der den „neuen Himmel und die ncue Erde"
schafft. Die Standarten der Rosenkranzkirche realisieren
so künstlerisch, in Nachfolge der Gotik und auf dem Wege
einer intensiven theologischen Meditation, die sich bis ins
Einzelne an die Schrift hält, jene Grundmysterien, um die
heute wie je das christliche Denken kreist; sie vereinen
den historischen Realismus der Gotik mit jener ins Über-
zeitliche zielenden Symbolik, derer sich schon die Auto-
ren der kanonischen Schriften selbst bedienten.
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