.
{X0 .„ xi E
11 Iijtß."
4.. v! j.
1
EIN CHINESISCHER SETZSCHIRM AUS KORO-
Im ersten Heft des jahrganges 1959 veröffentlichte „Alte
und moderne Kunst" einen Setzschirm aus Pekinglack,
der sich ebenso wie das hier zur Rede stehende Stück im
Palais Schwarzenberg befindet. Beide Setzschirme sind
in dem 1913 angelegten Palais-Inventar als aus dem
längst zerstörten Schwarzenbergschen Stadtpalais auf
der Mehlgrube („Neuer Markt") stammend angeführt,
beide Stücke befinden sich seit spätestens 1720 im Hilde-
brandt-Fischerschen Bau und gehören zu den frühesten
derartigen Arbeiten, die aus dem China der Epoche
Kaiser Kang Hsi (1662-1722) ihren Weg nach Oster-
reich fanden. Der in vorliegendem Aufsatz zur Diskus-
sion stehende Paravent wurde nach schwersten Zeit- und
Kriegsschäden von Frau akad. Restaurator Olga Mossig-
Zupan vorbildlich wiederhergestellt und ist von aller-
erster Qualität; seine Existenz auf Wiener Boden sollte
daher von der kunstinteressierten Öffentlichkeit beson-
ders zur Kenntnis genommen werden.
Was ist „Koromandellaclö? Martin Feddersenl liefert
folgende erschöpfende Definition: „Eine Verbindung von
Lackschnitt und Malerei stellt der sogenannte Koro-
mandellack dar. Hier kommt auf eine Holzgrundlage
eine Kreideschicht und darüber schwarzer Lack. Aus
diesem schneidet man die Darstellungen so aus, daß der
Krcidegrund zum großen Teil freigelegt wird. Dabei
behalten jedoch die inneren Linien der Zeichnung die
ursprüngliche Höhe und nur die Flächenstücke zwischen
ihnen werden vertieft. Es bildet sich also ein Netz von
Stegen, vergleichbar dem, das beim Zellenschmelz zur
Aufnahme des Emails dient. Die vertieften Stellen er-
halten Bemalung in kräftigen Farben, die zusammen mit
den stehengebliebenen Teilen des schwarzen Lacks eine
ausgezeichnete dekorative Wirkung ergeben. Diese
wahrscheinlich aus der Provinz }Ionan stammenden
Lackarbeiten verdanken ihren Namen den Umschlag-
häfen an der Koromandelküste (südliche Küste Vorder-
indiens). Typisch sind große, vielteilige Setzschirme, die
6
bisweilen mit einer Landschaft, öfter aber mit dem in
Parallelperspektive gegebenen Bild einer. . . Palastanlage
geschmückt sind, in der sich eine figurenreiche Szene
. abspielt. Den Rahmenschmuck .. . bilden gewöhnlich
Blumen, Altertümer und verschiedene Embleme . . ."
Diese Beschreibung kann wortwörtlich auf unseren Setz-
schirm übertragen werden. Trotzdem ist er alles andere
als ein Serienprodukt, sondern unserer Überzeugung
nach ein Werk, das ursprünglich nicht zum Export be-
stimmt war, sondern eine Art von monumentaler Glück-
wunschgabe an einen chinesischen Großen darstellte.
Der Schwarzenbergsche Koromandelschirm ist zwölf-
tcilig, die Gesamthöhe beträgt 242 cm, die einzelne Feld-
breite 42,5 bis 43 cm, sodaß sich eine totale Länge von
rund 5m ergibt. Damit wird der in „Alte und moderne
Kunst", Heft 112, 1959, beschriebene Pekinglackschirm
in seinen Abmessungen (235 X 384 cm) beachtlich über-
troffen. Während bei diesem Stück Vorder- und Rück-
seite mit Landschaften ausgestattet und von einer ein-
fachen Ornamentbordüre gerahmt sind, weist der Koro-
mandelschirm an beiden Seiten völlig unterschiedliche
Darstellungen auf und auch die umrandenden Ornament-
bordüren sind um ein Vielfaches reicher als bei dem
erstbesprochenen Stück. Die Farbskala reicht von Gold
über Gelb, Ocker, Zinnoberrot, Schieferblau und ver-
schiedene Grüntöne bis zu Weiß. Das Hauptfeld der Vor-
derseite stellt den Betrieb in einem Gutshof dar, der in
einer reichbewegten Landschaft liegt. Die Komposition
setzt links mit einer von Figuren belebten Terrasse und
einem dahinter liegenden Pavillon ein; es folgt ein klei-
nes, monopterosartiges Bauwerk. Zwischen diesen Ar-
chitekturen sieht man Fels- und Baumgruppen, Men-
schen bei allerlei Tüitigkeiten und Gewässer. Der Guts-
hof selbst nimmt fast die gesamte rechte Hälfte des
Schirmes ein und ist in der klassischen, hier von links
unten nach rechts oben ansteigenden Parallelperspek-
tive komponiert. Es handelt sich um eine Art von Vier-