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Die Plastiken von Hellmut Bruch sind keine reduzierten Darstel-
lungen von etwas Gegenstandlichem. sie verweisen nicht auf
etwas außerhalb ihrer selbst, sie sind nichts Mimetisches Auf
etwas verweisen wurde bedeuten. daß das r-Eigentlicheir woan-
ders ist. Das Objekt, das auf etwas verweist, ist in gewissem
Sinne nicht real; es hat nur die Funktion der Vermittlung. Die
Frage in der Kunst, was soll das bedeuten, zielt auf ein solches
Verhältnis vom Bild als Zeichen und etwas. das bezeichnet und
vermittelt wird. Ahnlich ist es mit dem Begriff nReduktioriii. Ver-
steht man unter i-Fteduktionii die verkürzte Wiedergabe eines
Gegenstandes, eine Stilisierung. ein Schema, eine Formel,
dann bezieht sich die Darstellung auf den Gegenstand und
erhaltvondo ihrenSinn.DerästhetischeReizoderdiekünstle-
rische Ouali t liegt dann in der Differenz mischen Bild und
intentiertem Gegenstand Auch der Begriff irAbstraktion-i führt
manchmal zu Mißverständnissen Abstrakt ist nicht unbedingt
gleichzusetzen mit ungegenstandlich. ln der Wortbedeutung
ist, wie bei der nReduktion-i. noch immer ein Objekt vorausge-
setzt, von dem das Dargestellte riabgezogenw ist. Abstrakt ohne
diese Beziehungishwie Mondrian sagtekonkret. Unterkonkret
aber ist das unmittelbar Gegebene. Unabgeleitete. zu verste-
hen. Es ware also falsch. in den Arbeiten Hellmut Bruchs Hin-
weise auf Gegenstände zu suchen. auf die sie sich beziehen
DerBetrachtendersoetwas erwartet.wirdvonden hierausge-
stellten Plastiken enttäuscht sein.
Am Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit bildete Bruch aus
vorgefundenen Maschinenteilen Strukturen, in denen man die
ursprüngliche Verwendung der einzelnen Teile noch erkennen
oder vermuten konnte. die aber nur verfremdet in einem ande-
ren Zusammenhang standen Metall, vorallem Eisen und Stahl.
war seit je das bevorzugte Material Bruchs. Der Bearbeitung
setzt der Stahl dem Künstler einen ebenso harten Widerstand
entgegen wie der Stein. Beim Stein entsteht das Werk durch
Wegnehmen, bei Eisen undStahlauchdurch Hinzufügen. Damit
ist in der Metallplastik das Problem der Verbindung der Einzel-
teile gegeben. Sowohl beim Stein als auch beim Metall sind die
technischen Möglichkeiten und Grenzen nicht ohne Einlluß auf
die künstlerische Form. Man könnte sagen, das Material als
etwas Objektives behauptet sich und antwortet auf die Fragen
des Künstlers.
Eine große zweiteilige Plastik entstand aus 8 mm starken Stahl-
pfatten. Zwei kongruente Dreiecke. diezusammen ein Quadrat
ergeben. wurden nach zwei verschiedenen Radien rundge-
walzt. Die Teile stehen zueinander in keinerbestimmten Anord-
nung. Man könnte sie auch anders aufstellen. Die Kräfte, die
notwendig waren. das schwere Metall in diese Form zu bringen,
sind noch erkennbar. Schwieriger ist es. die Kongruenz der
Dreiecke zu sehen. Sie öffnen sich in den Fiaum und deuten
einen Ubergang an. Der schweren Masse des Metalls, ihrer
Unbeweglichkeil. sieht die Labilität, ja die Willkür ihrer räumli-
chen Anordnung gegenüber. Alle diese Momente und ihre
Beziehungen zueinander bilden die plastische Gestalt. Form
und Inhalt sind identisch. Auf die Frage nach dem Besonderen
zeigt sich, daß es hier um elementare Phänomene geht, die
Wirklichkeit überhaupt erst ermöglichen, um Materialität. Rela-
tion. Kausalität. um Maßverhältnisse u.s.w. ln seinen neueren
Arbeiten setzt Hellmut Bruch Farbe in Kontrast zum Metall, ein
Konzept. das in der Plastik nicht oft anzutreffen ist. Hochpolier-
ter Stahl steht im Gegensatz zur Farbe. Das Licht wird vom
Metall anders reflektiert als von den farbigen, gekurvten Flä-
chen. Farbe hat etwas Ungreilbares. Die Diskussionen um ihre
Entstehung und Realität sind kein Zufall. Aber auch das spie-
gelnde Metall deutet auf immaterielles und Schwerelosigkeit.
Stattplastischer Räumlichkeit ist hierZweidimensionales, Kon-
struktivität, Farbigkeit. Licht. Die Farbe erscheint als Form
nicht als amorphe Zustandlichkeit. Auf den meist quadra
schen, blanken Slahltafeln sind Linien und Kurven eingeschlif-
fen. Den Kurven entsprichtein bestimmter Radius und ein Kreis,
dessen Mittelpunkt oft außerhalb der Plastik liegt. Die Geome-
trie spielt im gesamten Werk von Bruch eine wichtige Rolle.
Viele seiner Plastiken sind Verbindungen von Kreis, Quadrat
und Dreieck. Diese beziehen sich aufeinanderund bilden einen
größeren Zusammenhang. der aber erst aus den formalen Vor-
aussetzungen zu verstehen ist.
Die quadratische Stahlplatte am Boden setzt sich aus vier Drei-
ecken zusammen. die Teile eines Quadrates sind. Sie bilden
eine Ganzheit, doch sind sie austauschbar. Für den Betrachter
sichtbar istderGegensatzvonGanzheitundTeil.dievariabilitat
derTeileunddesGanzen,dieverschwindendeHöhederPlastik,
die sich aus der Teilung ergebenden Diagonalen, der Unter-
schiedzwischenQuadratundDreieck.undwieausderAdditicin
einer Form eine ihr völlig konträre hervorgeht.
Auf eine Arbeit Bruchs von großer Subtilität sollte noch hinge-
wiesen werden" Der an den zwei Enden mit einer Schnur bete-
stigte Rundstab aus Stahl ist eine Kurve der Gravitation, eine
Plastik unsichtbarer Kräfte. nichts Okkultes, sondern eine
umfassendephysikalische FlealitätWashieraufdasObjektein-
wirktundeineGeradeineine Kurveverwandelt.durchdringtden
Kosmos.
Ein Grundzug des kunstlerischen Konzepts von Hellmut Bruch
ist die offene Form. Das Kompakte, in sich Geschlossene,
Lastende wird man in seinen Arbeiten kaum finden. Die Linien
und Kurven sind Ausschnitte eines offenen, umfassenden Bau-
mes Zugleichbeziehen siesichaufdieZeit.Sichtbaiwirdinden
Werken von Hellmut Bruch das Unbegrenzte und Transrtori-
sche im Konstruktiven. Heinz Gappmayr
1 Offene Struktur. 1969. Federstahl. Dm 16 cm. 7.8 crn
2 Ohne Titel. 1976. Stahl. geschweißt, 15 X 10 X 3 cm
3 Offener Kreis, 1983. Stahl, gewalzt. ca. Dm 75 x10 cm
4 Plastik aus zwei rundgewalzten kongruenten Dreiecken,
1984. Stahl, 8 mm stark
5 Quadratische Tafel, blankpolierter Stahl. bemalt. 1984
6 Offener Kreis, 1983. Stahl. Dm 183 cm. 57 X 10 CfTl
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