Für Fresken- und Gemäldcschmuck sorgten bedeutende
Maler der Genossenschaft, Als Dekorateure hohen Stils
wirkten, ausgehend von dem Begründer der Wiener
idealistischen Malerei Carl Rahl, die Künstler Griepen-
kerl und Bitterlich (Vorhang der Oper). Hans Canon
malte das Deckengemälde "Der Kreislauf des Lebens",
August Eisenmenger den „Triumph der Gerechtigkeit",
Anselm Feuerbach den „Sturz der Titanen in den
Tarmros". Die Aufzählung ließe sich lange fort-
setzen.
Außer den genannten Malern schufen im Künstlerhaus
vor allem August v. Pettcnkofen, Friedrich v. Amcrling,
Franz Eybl, Heinrich v. Angeli, Hans Makart, Rudolf
v. Alt, Jakob Emil Schindler, Eugen jettel und Anton
Romako. Die blutvolle Persönlichkeit Makarts verdich-
tete sogar ihren Lebensstil zum Stil der Epoche und
erweckte das größte llistoriengemäldc ihrer Phantasie
und Zweiten Weltkrieges rettete das Künstlerhaus der
Idealismus ihrer Architekten, Bildhauer und Maler, die
als Bewahrer der Tradition und als Träger der Evolution
immer verantwortungsbewußt am Werke waren.
Im jahre 1939 wurde Künstlerhaus und Seeession unter
dem Namen „Gesellschaft bildender Künstler Wiens,
Künstlerhaus" zusammengefaßt, ein erzwungener Zu-
stand, der bis 1945 währte. Im letzten Jahr des Zweiten
Weltkrieges hatte man beide Ausstellungsgebiiude als
Materialdepots für die Saurerwerke herangezogen.
Aus dem chaotischen Zustand des Bombenkrieges führte
Präsident K. M. May das arg devaslierte Haus in ge-
ordnete Bahnen. Wieder traten Baukünstler, Bildhauer
und Maler des Künstlerhauses auf den Plan, die eine
sehr große Zahl der modernen und in der ganzen Welt
beachteten Gemeindebauten, Eigentumswohnhiiuser, Kir-
chen und Denkmäler errichteten sowie Sgraffiti und M0-
zu pulsendem Leben, als am 24. April 1879 der Mukart-
festzug über die Ringstraße zog.
Das Künstlerhaus hattc große internationale Ausstellun-
gen und jährliche Ausstellungen des Hauses veranstaltet.
Um den immer zahlreicher werdenden Kunstwerken
Raum zu gewähren, wurden dem Künstlerhaus zwei An-
bauten hinzugefügt, der Hofraum überdacht und das
Stiegenhaus umgestaltet.
Den Startschuß für die neue Zeit, für neue Werte und
Kunstauffassungen bildete derAustritt der Secessionistcn
im Jahre 1897 und das Ausscheiden der Hagenbündler.
Das 20. Jahrhundert brachte die Abkehr vom Historis-
mus. Mit ihm versank ein jahrhunderte alter Darstel-
lungskreis, nämlich die universale Einheit des Natür-
lichen mit dem Übernatürlichen. Man entdeckte im Im-
pressionismus und in der nachfolgenden Expression eine
Vorahnung der kommenden technischen Wunder und
der Katastrophen der Weltkriege.
Der Maler dieser seelischen Spannungsgebiete war Albin
Egger-Lienz. Über die Notzeiten und Krisen des lirsten
saiken gestalteten. Auch der neue Vorhang der Staatsoper
stammt von einem Künstlerhausmitglied. Es ließen sich
interessante Parallelen vom "Einst" zum „jetzt" aul-
zeigen, denn auch die Periode des Ringstrallcnstils ist
nicht abgeklungen, ohne in manchem Wesentlichen in
neuer Formensprache weiterzuwirken.
Präsident R. H. Koppel, der nun das Künstlerhaus in das
100. Jahr geleitet, veranlaßte die innere Neugestaltung
des Gebäudes und legte den Schwerpunkt seiner Tätig-
keit darauf, möglichst viele Kunslausstellungen und Kul-
turschauen des Auslandes ins llaus zu bringen und an'-
derseits den Mitgliedern Gelegenheit zu bieten, im Aus--
land auszustellen. liußend auf der zeitgenössischen Phi-
losophie und dem geänderten Weltbild, näherten sich
die Künstler des Künstlerhauscs einer aufgelockerten,
modern empfundenen, gegenständlichen Kunst. Künst-
lerische Toleranz machte es möglich, daß auch Vertreter
der modernen Kunst die Mitgliedschaft errangen, womit
das Künstlerhaus bekunden will, daß ihm jede echte
Kunst willkommen ist.
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