gnllo, Gonzalez und Zadkinc sind
Protagonisten dieser Richtung. Im
Vergleich zur freien Natur stünde
hier nur mehr Auflösung gegen
Auflösung, räumliche Unmeßhar-
keit, Vielschichtigkeit gegen Viel-
schiehtigkeit: der Wirkungsfaktor
der Konlraststeigcrung fällt fort
und diese Art von Plastik wird
2 Aristide Mnillol, Die gelesselle Frei-
heit, 1906, Bronze, H. 215 cm, Kunst-
hislorisches Museum, Wien.
3 Henri Laurens, Die Nixen, 1934,
Bronze, L. 160 cm, Galerie Louis Leiris,
Paris.
4 Pablo Gnrgallo, Der Prophet, 1933,
Bronze, H. 238 cm.
von einer in mancher Hinsicht
strukturell gleichartigen, aber rein
dimcnsionell unendlich überlegenen
Natur einfach absorbiert. Werke
dieser Art gehören also grundsätz-
lich nicht ins Freie, sie brauchen
räumliche Begrenzung, um leben
und wirken zu können. Nur eine
Ausnahme kann hier gemacht wer-
den - nämlich die Kontrastierung
solcher „Skelettplastikcn" mit dem
ungetrübt blauen, von keinerlei ve-
getabiler Kontur gestörten Himmel,
dessen Farbigkeit hier einfach als
Folie wirkt . . .
Auch das Grellgelb der Kojenwände
erscheint uns als das Ergebnis einer
im Wesentlichen richtigen Über-
legung: Gelb ist die Farbe, die in
der Kraft ihrer Intensität gerade
das an „Skelettplastiken" so wich-
tige lineare Element am stärksten
zur Geltung bringt. Nicht umsonst
setzt man in mehreren Ländern bei
Verkehrstafeln die schwarze Schrift
auf einen gelben Grund! Gelb als
Hintergrund steigert die Schärfe,
betont die Präzision, laßt die Logik
des Werks-Aufbaues klarer zur Gel-
tung kommen, entlarvt aber auch,
wo es sein muß. . .
Kommen wir zu einem linde: Rich-
tig wäre es wohl gewesen, einen
Teil der Exponate in freimaleri-
scher Umgebung aufzustellen, den
anderen aber in einem Pavillon
unterzubringen, der bei maximaler
Ausnützung der natürlichen Lieht-
quellen doch die nötigen Foliie-
rungsmöglichkeiten böte. Das Frei-
gelände des Salzburger „Zwergl-
gartens", in dem immer wieder Pla-
stik-Ausstellungen abgehalten wer-
den, vereint beide Möglichkeiten
auf das glücklichste.
jedenfalls trägt die Problematik der
Wiener Ausstellung dazu bei, den
grundsätzlichen Strukturwandel zu
verdeutlichen, der sich im Laufe
der acht zur Diskussion stehenden
Jahrzehnten vollzog. Es handelt sich
um nicht mehr und nicht weniger
als um den Durchbruch des Geisti-
gen in der Bildhauerei.
Lassen wir die in Wien vertretenen
Künstler Revue passieren, so ergibt
sich in beinahe bes urzencl unge-
zwungener und natürlicher Weise
eine Gliederung nach Generations-
gruppcn.
Am Anfang stehen Rodin und Re-
noir, der eine 1840, der andere ein
Jahr später geboren. Beide stehen
altersmiißig im Zentrum der Im-
pressionistcn-Generation; in sehr
erstaunlicher Weise setzen sie der
impressionistischen Tendenz zur
Auflösung von Form und Struktur
ein Maximum an Festigkeit und
Präzision entgegen. Rodins „Schat-
ten" (Abb. 1) ist wahrhaft kein
Schemen, sondern ein lleros von
miehelangclesker Wucht und
Schwere. ln Renoirs „Vcnus" sind
sogar deutliche Anzeichen eines
nicht mehr verheimlichten Klassi-
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