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freilich schon ein Spätling aus dem überraschend dich-
ten Schwarm oberitalienischer Maler. die im zweiten
Jahrhundertvicrtel nach dem Norden zogen." So arbei-
tete von 1320 his um 1330 eine mindestens dreiköpfige
Gruppe holognesischer Illuminatoren in dem oberöster-
reichischen Chorherrenstift St. Florian" und schuf dort
in dem Missale III, 204 ihr eindrucksvollstes Werk. Der
Hauplmeister dieses Teams (Abb. 6 und 7) brach aus der
damals schon reichlich konservativen Stiltradition seiner
Heimat entschieden aus und machte sich die revolutio-
nären Errungenschaften seines großen florentinischen
Zeitgenossen Giotto zu eigen: Aus dessen frühen Fresken
(etwa in der Arena-Kapelle zu Padua) bezog er nicht
nur die meisten Ornamentmotive seiner prunkvollen
Randleisten, sondern auch das kraftvolle Geschlecht sei-
ner Figürchcn, die noch im kleinsten Format von über-
zeugender körperlicher Präsenz sind. Die kunsthistori-
sche Stellung dieses bedeutenden Illuminators kann hier
nicht ausführlicher gewürdigt werden, doch sei wenig-
stens noch die Vermutung ausgesprochen, daß Mitglie-
der seiner Gruppe seit den dreißiger Jahren des 14.Jahr-
hunderts in Ungarn an einer weiteren Zweigschule bo-
lognesischer Buchmalerei beteiligt waren's
Das halbe Dutzend unserer ober- und niederösterreichi-
schen Beispiele vom Ende des 13. und aus der ersten
Hälfte des 14. Jahrhunderts zeigt recht deutlich, um wie-
viel eintöniger damals die Kunst des Donaulandes ge-
wesen wäre, hätte sie nicht ihre eigenständigen Leistun-
gen durch südliches Formengut und die Beiträge italie-
nischer Wanderkünstler bereichert. Es waren durchaus
keine geringen Meister, die in jenen Jahren in die
Fremde zogen, und es spricht für die besondere künst-
lerische Aufgeschlossenheit der österreichischen Chor-
herrenslifte, daß man sich gerade in Klosterneuburg und
St. Florian ihrer versicherte."
ß Verkündigung an die Hirten. Initiale D mit Randleiste aus
der gleichen Handschrift wie Abb. 5 fol. 157 v.
7 Der Psulmist (David) crhchl seine Seele zu Gott. Initiale A
mit Randieisten aus dem Missalc Klosterneuburg cod. 615,
[o]. 7r (oberitalicnischcr llluminntor in Klosterneuburg, Mitte
des 1+. Jahrhunderts).
1 Für Süddeutschland und Böhmen hat zuletzt A. Stange die
Forschungslagc zusammengefaßt (Deutsche Malerei der Gotik,
Bd. I und lI, Berlin 193-1 und 1936); hinsichtlich Frankreichs
vergleiche man die ersten Abschnitte von Panofsky, Early
Netherlnndish Painting (CambridgelMnss. 1953); zu England:
O. Pacht, A Giottesque Episode in English Medievnl Art (jour-
nal of the Warhurg and Courtauld Institutes 1943).
7 Einschlägige Hinweise schon bei F. Walliser, Zur Geschichte
der spätromanischen und frühgotischen Malerei in Österreich
(ungedr. phil. Diss., Wien 1921); neuerdings vor allem H. Hut-
ter, Italienische Einflüsse auf die Wandmalerei in Österreich
im 14. Jahrhundert (ungedr. phil. Diss, Wien 1958). Vgl. ferner
E. Morpurgo, llopera del genio itnliano alfestero: Gli artisti
in Austrin (Rom 1937).
3 Einen ersten, freilieh noch unvollständigen Überblick gab
j. Neuwirth: Italienische Bilderhandschriften in österreichischen
Klosterbibliolhcken (Repertorium für Kunslwissenschaft IX,
1886 .
4 Vgl die grundlegenden Aufsätze von I. lliinsel-Hacker im
jahrb. d. österr. byzantinischen Gesellschaft II, 1952, und III,
1954.
-" Zum Seilenstettcner Missale siehe Hänsel-Haeker, a. a. 0.;
lerner M. llarrsen, Italian Manuseripts in the Picrpont Morgan
Library (New York 1953), N0. 12, pl. 14; dieselbe, Cenlral
European Manuscripts in the Pierpunt Morgan Library (New
York 1958), N0. 31, pl. 5D, 89. Das Wimpassinger Kreuz hat
E. Strohmer in der Zeitschrift d. deutschen Vereins f. Kunst-
wissenschaft 1939 publiziert.
5 Cod. 1170-1173, um 1270fS0. Die näehstverwandten Hand-
Schriften in Böhmen sind: die Bibel, cod. XII. B. 13 des Prager
Nationalmuseums und das Lektionar cod. 76 in Kloster Ossek.
Vgl. j. Kvöt, Italske vlivy na pozdnö romiinskou kniini malhu
v eechäch (Prag 1927) und A. Fricdl, Lcctionnrium Arnoldi Mi-
scnensis (Prag 1928).