Nach dem Tod meines Vaters (1945)
steigert sich der Widerstand meiner
Mutter gegen das Vorhaben, die
Akademie dem Rcalgymnasium cor-
zuziehen, bis zum Bruch. Da ich
bereits im Alter vcn neun fahren
in ein Internat gesteckt wurde, habe
ich mir genug Unabhängigkeit er-
worben, um mich darüber hinweg-
zusetzen und aus der 5. Realgym-
nasiallalasse an die Akademie für
angewandte Kunst zu gehen. Aus
der großen lWirrheit, die die Un-
möglichkeit geschaffen hatte, mich
in der für mein Alter des Denken-
lernens apokalyptischen Zeit von
1944 bis 1949 zu orientieren, scheint
zu diesem Zeitpunkt eine Katastro-
phe zu entstehen. Ich erinnere mich.
daß ich das Atelier, welches ich mir
in der Mansarde des Ilauses meiner
Iiljern geschaffen habe, verlasse und
ohne die Möglichkeit eines Wohnens
umhervagabundiere. In diese Zeit
[allen Reisen nach Schweden,
Deutschland, Italien, Frankreich.
Zwischendurch besuche ich die Alca-
demie für angewandte Kunst. Ich
bin kurz in psychiatrischer Behand-
lung. Zustände großer Depressio-
nen, verbunden mit Platzangst; das
Erstaunliche an diesen Zuständen:
das fast gänzliche Aufhören von be-
stimmten, gewohnten Entfernungen
und Dimensionen. S0 kann ich mich
erinnern, daß Straßen von der
Breite des Naschrnarktes auf eine
fast unerträgliche Enge zusammen-
schrumpfen, während sich Menschen
und (Ieräusche, die unmittelbar um
einen sind, weit entfernen und klar,
aber aus großen Distanzen zu
einem kommen.
Entscheidende Geschehnisse:
1939: In Dornbach gibt es eine
große Schuttmulde, die heute auf-
gefüllt und mit einem prächtig pla-
nen Sportplatz versehen ist. Meine
große Anhänglichkeit und Bewun-
derung für Pferde macht es ver-
ständlich, daß ich die heftig betriebe-
nen Schuttzufuhrarbeiten entdeckte.
Die Fläche wies damals etwa 25 bis
30 m Ilöherxunterschied auf; eine
Seite war von einem steil abfallen-
den, verwachsenen Hang begrenzt,
ein höchst schuaieriges Gelände. Die
Schuttztlfizbrarbeiten wurden aus-
schließlich von schweren Pferde-
fuhrwerlaen besorgt. Die völlige Un-
eingesehenlaeit der Stätte rnußte uf-
fenbar eine fast nicht abreißende
Kette von Marquis-de-Sade-Szenen
erzeugen. Die von den Kutschern
und ihren Weibern an den, auf den
steilen Skrhutthalden vor den schwe-
ren [Wagen weit überforderten Gau-
Ien verübten Alißhandtungen und