OTFRIED KASTNER
Kleinen Beschlägen, die nicht das
ganze Türfeld überziehen, wurde
bisher wenig Beachtung geschenkt.
Dies vielleicht deshalb, weil sie in-
nerhalb des weit gespannten Gebie-
tes der Eisenkunst tatsächlich das
Unscheinbarste sind und meist nur
dem Kenner auffallen. Mit der Zu-
wendung zur Handwerkerkunst un-
serer Eisenschmiede gewinnt jedoch
guter Beschlag neuerlich bei Neu-
bauten mehr und mehr an Interesse.
Unsere ausgeziertcn Eisenbeschläge
sind überaus zahlreich und weitver-
breitet, weil sie über Schloß und
Stadthaus hinaus aufs breite Land
kamen und weil schließlich nicht
nur die Tore und Türen der Häu-
ser, sondern auch die Türen der
Kästen ihre Eisenbänder oft in über-
aus gepflegter Weise ausgeziert er-
hielten. (So wetteiierten Bauernkä-
sten der Florianer Gegend mit Sa-
kristeikästen des berühmten Augu-
stinerstiites.)
Größere Museen vermögen un-
schwer ganze Reihen zusammenzu-
stellen, eine Überschau aber über
die gesamten Österreichischen Be-
stände von Beschlägen wurde bisher
nicht erstellt. Es wäre eine überaus
aufschlußreiche Arbeit, der Ver-
breitung einzelner Formen oder den
Lieblingstypen einiger Meister,
nachzugehen, sowie die bodenwüch-
sigen von den eingewanderten For-
men, welche durch Gesellen vermit-
telt wurden, zu scheiden. Zu dieser
lohnenden Arbeit der Zukunft
könnte selbst das kleinste Heimat-
haus Material vorlegen, ja dieses
würde in dieser Zusammenschau
erst - durch seine lokale Gebun-
denheit - zu voller Bedeutung
kommen, Eine Frage etwa: Wie
weit sind Beschläge in Obernberg
a. I. von solchen in Lunz am See
oder im östlichen Burgenland aus-
einanderzuhalten? kann noch nicht
beantwortet werden. Oder: Läßt
sich aus dem Beschlagswerk auf den
Stand der Auitragsgeber schließen?
Könnten wir sie also auch soziolo-
gisch auswerten? Oder: sind die
Stilmerkmale das Primäre und alle
anderen Fragen belanglos? Wir se-
hen, daß unsere Stiefkinder durch-
aus unser Interesse verdienen wür-
den.
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