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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 51)

Neugestaltung 1706 verlegte, sieht man noch die Fun- 
damente der gotischen einschiffigen Kapelle eingezeich- 
net. Sie erstreckte sich von der Mitte des Hauptschiffes 
gegen die Kuppel zu und hatte einen Westturm-vorge- 
setzt. Der Zeichenstcin, dessen Nachbildung sich heute 
bei der Orgelempore befindet, war einst außerhalb links 
vom Turm. Obwohl die Errichtung der barocken Wall- 
fahrtskirche, um deren Bewilligung der Abt am 8. Juli 
1706 beim Ordinariat von Passau ansuchte, mit dcn 
großen Bauleistungen der Stifte in Verbindung zu brin- 
gen ist, erscheint es bedeutsam, daß die Benediktiner- 
abtei Seitcnstctten, der Votivkirche den Vorzug gab und 
die eigenen Vergrößerungen erst 1718 in Angriff nahm. 
Jakob Prandtaucr war bereits fünf jahre im Dienste des 
Stiftes Mclk, als er vermutlich über dessen Vermittlung 
den Auftrag für Sonntagberg übernahm. Die Melker 
Kirche, deren Rohbau 1706 bereits vollendet dastand, 
war auch das direkte Vorbild für das große Vorhaben 
des Seitensteltencr Abtes. Tatsächlich geht die Über- 
einstimmung so weit, dnß man den Grundriß von Sonn- 
tagberg lange Zeit als den von Melk ansprach. Ein Ver- 
gleich mit dem 1702 publizierten Melker Plan gibt je- 
doch die Unterschiede deutlich an: die Kuppel ist nicht 
mehr so mächtig, sondern in die Vierung eingeschrieben 
und ohne Laterne; an Stelle der vertretenden Emporen 
von Melk finden sich gerade Lösungen, die Seitensehiffe 
sollten mit elliptischen Kuppeln überwölbt sein und die 
Vorhalle zwischen den 'l'ürmen eine einfache recht- 
eckige Form erhalten; auch die Kreuzgewölbe machen 
im Gegensatz zu den Platzelgcwölben in Melk einen 
viel schlichteren Eindruck. Diese Stileigenheit ist auch 
am Außenbau an den geraden Wandilächen zu erkennen. 
Die nach Melk begonnene Wallfahrtskirche am Sonn- 
tagberg, die nicht unter dem Einfluß der kaiserlichen 
Theatralingenieure stand, gibt Prandtauers persönlichen 
Stil viel reiner wieder. Die monumentale Wucht der 
großen Gliederung - ein Erbe des 17. jahrhunderts - 
verbindet sich mit der Plastizität wie sie Fischer von 
Erlach formte. So ist auch die mächtig einsehwingende 
Hauptiront von Sonntagberg zu verstehen, die sich von 
dem Baukörper klar abhebt und alle Kräfte in sich 
konzentriert. 
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(1,2
	        
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