RIESNER (sie) gestempelt. Diese, sowohl im Schriftbild
als in der Rechtschreibung von der üblichen Signatur
Rieseners (l) differierende Bezeichnung, wurde von Mac
Coll als Fälschung erklärt, eine Feststellung, die zweifel-
los richtig ist und der alle Autoren beigepflichtet haben.
MacColl hielt die Kommode für englisch, obwohl es ihm
eigentümlich erschien, daß die Laden auf kleinen Rol-
len laufen, und vermerkt weiter, dalS Herbert Cescinsky"
das Stück für holländisch ansah. Ein Briefwechsel mit
Otto von Falke, Berlin, brachte dann die entscheidende
Wendung." Falke verwies auf eine ähnliche, aber klei-
nere Kommode (wir werden auf sie gleich zu sprechen
kommen) die wahrscheinlich, zusammen mit anderen
gleichartigen Stücken zu einer Möbelausstattung gehörte,
die König Friedrich Wilhelm lI. in den Jahren 1786 bis
1790 für die von ihm bewohnten Räume des Berliner
Schlosses in Auftrag gab. Eine Anzahl dieser Möbel wurde
von David Roentgen geliefert und einige aus Sparsam-
keitsgründen von Berliner Hoftischlern ausgeführt. -
So nahe war man damals also bereits der Lösung
des Problems gekommen. Nur für den letzten Schritt,
die Verbindung des Möbels mit dem Namen eines Ber-
liner Meisters, fehlte mangels eines signierten Ver-
gleichsbeispiels jede Möglichkeit. Daher ordnete auch
Hans lluth in seinem Werk über Roentgen die Londoner
Kommode unter die in der Nachfolge des Meisters aus
Ncuwied stehenden Möbel."
Das zweite Möbel, das hier zu nennen wäre, ist jene
etwas kleinere Kommode (Abb. 10), die sich heute im
Besitz des Staatlichen Kunstgewerbe-Museums in Berlin
(Ost) befindet, wo die reichhaltige Möbclsammlung des
früheren Schloßmuseums konzentriert ist (Inv. Nr. 26,
14afb)." Sie wurde erstmals von MacColl auf lialkes
Information hin gleichzeitig mit der Londoner Kommode
und wie diese als Werk eines Berliner, von Roentgen
abhängigen Meisters publiziert." Auch H. lluth erwähnt
sie in diesem Zusammenhang." Wenn wir nun diese
beiden Möbel mit der signierten Loosdorfer Kommode
vergleichen, dann ist die Verwandtschaft so augenschein-
lich, daß die Autorschaft Fiedlers als erwiesen gelten
kann.
Angefangen von der Grunddisposition des Möbels mit
einem schmalen Schubfach oben und zwei großen Laden
im darunter liegenden Hauptteil der Front, stimmen auch
die tektonisch maßgebenden Elemente, wie Lisenen, Beine
und die unteren Rahmungen in der Anordnung und Aus-
führung wesentlich überein. Darüber hinaus reicht aber
die Ähnlichkeit bis in die Details. Für die Ladengriffe
(Löwenmasken), die Rahmen der Medaillons und die Em-
fassungen der Ladenfelder (man beachte die Art, wie
diese letzteren befestigt sind), für die Schlösser, die ge-
riffeltcn Metallflächen, für einen Teil der Ranken, Ro-
setten u.a.m. sind genau die gleichen bronzenen Werk-
stücke verwendet worden. Auch das Furnier und die
Rauten-Marketerie der Ladenfüllungen sind analog an-
geordnet. Bei den figuralen Medaillons finden wir sogar
auf beiden Loosdorfer Kommoden und auf der aus Ber-
lin dieselben Motive, während hierin die Londoner Kom-
mode abweicht." Schließlich sei noch darauf verwiesen,
daß auch die tischlermäßige Konstruktion der Möbel
in allen drei Fällen die gleiche ist. Deckplatten, Böden,
Rück- und Seitenwände sind auf Rahmen und Füllung
gearbeitet und zu einem guten Teil aus Eichenholz. Die
Laden sind zur Gänze in Eiche ausgeführt und gleiten
der leichteren Handhabung wegen über kleine beinerne
Rollen, die in der Rahmung der Bodenplatte eines jeden
Faches eingelassen sind. (Schon MacColl war diese Be-
sonderheit bei der Londoner Kommode aufgefallen.) Die
gesamte lnnenausführung ist von einer Exaktheit, wie
sie nur die beste Pariser Ebenisterie oder Möbel aus
Neuwied aufzuweisen haben.
Aus den bedeutsamen Veröffentlichungen von Hans Huth
über Roentgen und seine Werkstatt geht hervor, daß
Friedrich Wilhelm II. mehrfach Möbel aus Neuwied be-
zog: als Kronprinz in den jahren 1779 und 1783 und
als König in den Jahren 1787, 1789, 1794." Wie oben
bereits erwähnt, dürften die beiden Loosdorfer Kommo-
den wohl mit den ersten Lieferungen in Zusammenhang
stehen. Die Ähnlichkeit der beiden anderen legt die An-
nahme nahe, daß sie mit den Loosdorfer Stücken zu
einem gleichzeitig entstandenen Ensemble gehörten. Weil
die Loosdorfer Kommoden die prächtigsten dieser Gar-
nitur waren und vielleicht auch als erste geliefert wur-
den, hat Fiedler eine davon signiert. Doch wird sich die
Frage nach der Datierung und der ursprünglichen Auf-
stellung der Londoner und der Berliner Kommode wohl
nur an Hand von Inventaren befriedigend beantworten
lassen, wenn es solche gibt und ihre Angaben genau
genug sind.
Schließlich sei noch auf eine zweite Berliner Kommode
(Abb. 9) (lnv. Nr. S 705 IIII) hingewiesen, die aber nach
dem Krieg dem Kunstgewerbemuseum nicht mehr zu-
rückgestellt wurde und daher zu den Kriegsverlusten
gerechnet werden muß. Doch wäre es ein Versäumnis
in unserem Zusammenhang nicht auf sie zu sprechen
zu kommen, da ihre Verwandtschaft mit den oben be-
sprochenen Kommoden evident ist. Eine Ausnahme bil-
den bloß die Laekpannenux und die Ladengriffe, deren
Form jedoch durch die Größe der bemalten Einlagen be-
stimmt wurde. l)ie Lackmalereien freilich stammen he-
stimmt nicht aus Fiedlers Werkstatt, sondern wurden
ihm zu diesem Zweck von einem Meister dieses Metiers
geliefert (Stobwasser?) Auch diese Kommode ist bereits
von H. Huth im Kapitel „Die Nachfolger Roentgens"
publiziert worden." Allerdings spricht er von zwei Kom-
moden, was auch aus der lnventarnummer ersichtlich ist.
Er bringt diese beiden Möbel, "die aus ehemaligem Hof-
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