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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 53)

HARRY KÜHNEL 
Das im Jahre 1891 im westlichen Teil der ehemaligen 
Dominikanerkirche eröffnete Museum der Stadt Krems- 
verfügt im Vergleich zu anderen Stadtmuseen über eine 
beachtenswerte Sammlung mittelalterlicher Skulpturen 
und einiger Tafelbilder. Die Vielzahl der Kunstwerke 
des Mittelalters hängt nicht allein mit einer glücklichen 
Ankaufstätigkeit des früheren Museumsausschusses zu- 
sammen, sondern hat auch seine Berechtigung in deml 
Schaffen zahlreicher zugewanderter und einheimischer 
Künstler. Seit dem 14. Jahrhundert tauchen in ununter- 
brochener Folge Namen von Malern auf, Meister Hans, 
Maler zu Krems, Paul Maler, Jakob Maler zu Krems, 
Augustin Maler u. a. Der aus Obernberg am Inn stam- 
mende Maler Hans Egkel läßt sich in Krems nachweisen 
und Jörg Preu von Augsburg schuf hier während seines 
Aufenthaltes in Niederösterreich seine Hauptwerke. Kai- 
ser Maximilian 1., der am 9. Juli sowie vom 9. bis 
10. August 1515 in Krems weilte, gab damals dem 
Schlüsselamtmann von Krems die Weisung, „die Burckh 
zu Krembs abkunttcrfctter" zu lassen, was auf die An- 
wesenheit eines geachteten Malers schließen läflt. Das 
Tafelhild wurde 1517 mit einem Boten nach Innsbruck 
gesandt. Wir wissen aber auch von der Tätigkeit der 
Kremser Stcinmetzen Niklas, Meister Paul und Mert 
beim Bau von St. Stephan in Wien, und um 1500 übten 
in Stein allein drei namentlich bekannte Steinmetzen. 
ihren Beruf aus. Nicht unerwähnt soll die Tatsache blei- 
ben, daß die Stadt Krems 1520 bemüht war, für den 
Neubau der St. Veitspfarrkirche den anerkannten Stein- 
metz Michael Tichter zu gewinnen. Diesen Künstlern 
wurden sowohl von angesehenen Persönlichkeiten, aber 
auch sehr häufig von den Hofmeistern der nahezu dreißig 
Stiftslesehöfe Aufträge erteilt. Einige Exponate des Mu- 
seums standen einst in den Kapellen der Stiftslesehöfe 
und dienten kultischen Zwecken. 
Eine polychromierte, thronende Muttergottes mit Kind 
in der Plastiksammlung stammt aus der Pfarrkirche 
St. Nikola in Stein. Maria umfaßt mit der Linken das 
Jesukind, in der Rechten hält sie eine Frucht. Der un- 
bewegte Gesamttypus der Figur und die parallel laufen- 
den, teils tief eingckerbten Falten weisen auf ein spät- 
romanisches Werk um 1221) hin, vermutlich eine Salz- 
burger Arbeit. Während diese Figurengruppe bereits über 
einen lächelnden Gesichtsausdruck verfügt, ist die unge- 
faßte Skulptur eines Bischofs von 11-10 streng und ernst. 
Ein Kunstwerk aus dem ehemaligen Klarissinnenkloster 
in Dürnstein haben wir in jenem ausdrucksstarken, von 
der Mystik stark beeinflußten Kruzifixus von Dürnstein 
vom Jahre 1360 vor uns. Christus hängt mit stark aus- 
einandergesprcizten Beinen am Kreuz, das Körper- 
gewicht läßt die Rippen stark hervortreten, aus den 
Wundmalen dringt das Blut, das in großen Tropfen 
Unterarme, Brust und Füße bedeckt. 
Ein sehr fortschrittliches Werk stellt die Christophorus- 
Statue aus Sandstein dar. Das Objekt zierte früher ein 
Haus am Hohen Markt in Krems; auffallend ist der stark 
bewegte lialtenwurf und das Knitterwerk. Die Plastik 
steht auf einer gotischen Konsole, die mit einem Stein- 
metzzeichen versehen ist und die Datierung 1468 auf- 
weist, wie wohl die stilistischen Merkmale bereits für 
die achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts sprechen. 
Die Skulptur des hl. Johannes mit teilweise gut erhal-
	        
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