HARRY KÜHNEL
Das im Jahre 1891 im westlichen Teil der ehemaligen
Dominikanerkirche eröffnete Museum der Stadt Krems-
verfügt im Vergleich zu anderen Stadtmuseen über eine
beachtenswerte Sammlung mittelalterlicher Skulpturen
und einiger Tafelbilder. Die Vielzahl der Kunstwerke
des Mittelalters hängt nicht allein mit einer glücklichen
Ankaufstätigkeit des früheren Museumsausschusses zu-
sammen, sondern hat auch seine Berechtigung in deml
Schaffen zahlreicher zugewanderter und einheimischer
Künstler. Seit dem 14. Jahrhundert tauchen in ununter-
brochener Folge Namen von Malern auf, Meister Hans,
Maler zu Krems, Paul Maler, Jakob Maler zu Krems,
Augustin Maler u. a. Der aus Obernberg am Inn stam-
mende Maler Hans Egkel läßt sich in Krems nachweisen
und Jörg Preu von Augsburg schuf hier während seines
Aufenthaltes in Niederösterreich seine Hauptwerke. Kai-
ser Maximilian 1., der am 9. Juli sowie vom 9. bis
10. August 1515 in Krems weilte, gab damals dem
Schlüsselamtmann von Krems die Weisung, „die Burckh
zu Krembs abkunttcrfctter" zu lassen, was auf die An-
wesenheit eines geachteten Malers schließen läflt. Das
Tafelhild wurde 1517 mit einem Boten nach Innsbruck
gesandt. Wir wissen aber auch von der Tätigkeit der
Kremser Stcinmetzen Niklas, Meister Paul und Mert
beim Bau von St. Stephan in Wien, und um 1500 übten
in Stein allein drei namentlich bekannte Steinmetzen.
ihren Beruf aus. Nicht unerwähnt soll die Tatsache blei-
ben, daß die Stadt Krems 1520 bemüht war, für den
Neubau der St. Veitspfarrkirche den anerkannten Stein-
metz Michael Tichter zu gewinnen. Diesen Künstlern
wurden sowohl von angesehenen Persönlichkeiten, aber
auch sehr häufig von den Hofmeistern der nahezu dreißig
Stiftslesehöfe Aufträge erteilt. Einige Exponate des Mu-
seums standen einst in den Kapellen der Stiftslesehöfe
und dienten kultischen Zwecken.
Eine polychromierte, thronende Muttergottes mit Kind
in der Plastiksammlung stammt aus der Pfarrkirche
St. Nikola in Stein. Maria umfaßt mit der Linken das
Jesukind, in der Rechten hält sie eine Frucht. Der un-
bewegte Gesamttypus der Figur und die parallel laufen-
den, teils tief eingckerbten Falten weisen auf ein spät-
romanisches Werk um 1221) hin, vermutlich eine Salz-
burger Arbeit. Während diese Figurengruppe bereits über
einen lächelnden Gesichtsausdruck verfügt, ist die unge-
faßte Skulptur eines Bischofs von 11-10 streng und ernst.
Ein Kunstwerk aus dem ehemaligen Klarissinnenkloster
in Dürnstein haben wir in jenem ausdrucksstarken, von
der Mystik stark beeinflußten Kruzifixus von Dürnstein
vom Jahre 1360 vor uns. Christus hängt mit stark aus-
einandergesprcizten Beinen am Kreuz, das Körper-
gewicht läßt die Rippen stark hervortreten, aus den
Wundmalen dringt das Blut, das in großen Tropfen
Unterarme, Brust und Füße bedeckt.
Ein sehr fortschrittliches Werk stellt die Christophorus-
Statue aus Sandstein dar. Das Objekt zierte früher ein
Haus am Hohen Markt in Krems; auffallend ist der stark
bewegte lialtenwurf und das Knitterwerk. Die Plastik
steht auf einer gotischen Konsole, die mit einem Stein-
metzzeichen versehen ist und die Datierung 1468 auf-
weist, wie wohl die stilistischen Merkmale bereits für
die achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts sprechen.
Die Skulptur des hl. Johannes mit teilweise gut erhal-