im Landesmuseum für Kärnten
phin. Ein anderes ikonographisches Zeugnis, das für eine
bedeutungsvolle Wendung im antiken Denken steht, ist
z. B. auch die fliegende Siegesgöttin Nike auf den
Münzen sizilianischer Städte, die ihre Wagenrennen im
Münzbild herausstellten. Nach und nach wechselt die
Richtung ihres Fluges über der Quadriga, und bekränzte
sie vordem die Pferde des siegreichen Gespannes, so ist
es später immer häufiger der Wagenlenker: Der Mensch
wird - unter dem Einfluß der sophistischen Philosophie
- das „Maß aller Dinge".
Immer wieder werden wir uns vor diesen kleinen Bild-
dokumenten bewußt, daß sie getreuer Spiegel des anti-
ken Lebens, Ursprung unserer Kultur, ja des Menschen-
bildes europäischer Prägung schlechthin sind. Zahllos
sind die Belege aus der Reihe scincr lndividuationen,
nach und nach identifiziert sich die Vorstellung Mensch
mit dem „Unicat" Mensch, entringt sie sich dem Bild der
Götter, die ja für den Griechen Idcalgebilde der Gattung
Mensch waren. Sie sprechen uns an in den klassisch rei-
nen Zügen des Hermes aus der alten llandelsstadt Aenos
in Thrakien, die seinen Kult pflegte (Abb. 2). Mit dem
Hut der Hirten bekleidet und cn faee dargestellt, strahlt
uns sein Auge an und der üppige Mund atmet die Sinnes-
freude antiken Lebens. Und ebenso entzückt uns die ge-
lassene Eleganz des Pan von Arkadicn (Abb. 3), der sich
auf den biegsamen Hirtenstock stützt, die Pansflöte zu
seinen Füßen. Die streng erhabene klassische Auffassung
hat hier bereits eine Wandlung zu hellenistischer Ge-
fälligkeit erfahren. im kleinasiatischen Kolonisations-
gebiet der Griechen begegnet uns dann plötzlich jene
andere, asiatische Welt, die ihre Mythen und Symbole
mit den militärischen Erfolgen der Perser weit nach
Westen trägt. Mit typischen Tierkampfszenen, auf su-
merische Vorbilder verweisend, betont dies die Münze
des persischen Satrapen Mazaios auf einer Prägung aus
Tarsos (Abb 4). Der Löwe springt auf den unter ihm zu-
sammenknickenden Damhirseh, seine Franken krallen
sich in das geflcckte Fell des Opfers. Die aramäische
Schrift nennt den Namen des Persers, der zur Zeit Alex-
anders d. Gr. über Kilikien herrschte, diesem dann bei
Gaugamela Widerstand leistete, um ihm später, aller-
dings nach verlorenen Schlachten, in Babylon zu hul-
digen.
l Diclrachme aus Selinunt auf Sizilien, geprägt um 465 v. Chr.
(Dreer 609, Rs, Silber 29 mm).
2 Tetraclrnchmc aus Ainos im Thrakischen Chersonncsos, ge-
prägt zwischen 400 und 350 v. Chfd mit Hermeskopl im Pctzlsos.
(Dreer 1087, Vs. Silber 22 mm).
3 Didrachmc aus Arkadicn. geprägt zwischen 363 und 280
v. Chr., mit dem jugendlichen Pan, der auf seinem über einen
Felsen gcbrcilctcn Mantel sitzt. (Dreer 2104, Rs. Silber 23 mm.)
4 Stalcr aus Tnrsos in Kilikicn, geprägt unter dem persischen
Satrapcn Mnznios (361-333 v. Chr.). (Dreer 3087 Rs. Silber
24 mm.)