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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 56 und 57)

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hat eine noch reiner gerundete, Weniger differenzierte 
Form; noch mehr fällt ins Gewicht, daß der Kon- 
turenverlauf nicht die gleiche Schmiegsamkeit zeigt 
wie bei der Louvre-Madonna, sondern eckiger ist, 
besonders beim Übergang des Faltendreiecks rechts. 
Im übrigen scheint bald bei dieser, bald bei jener 
Figur ein etwas größeres Maß an Ditferenziertheit 
in der Durchbildung aufzutreten, ohne daß man 
letztlich einer von beiden den Vorrang zuerkennen 
kann. 
Im ganzen läßt sich vielleicht sagen, daß der Körper- 
schwung der Louvre-Madonna etwas ausgeprägter, 
die Faltengebung hingegen etwas schärfer ist. 
Kennzeichnend für diesen Unterschied sind etwa 
die vom Spielbeinknie verursachte Vertikalfalte bei 
der Louvre-Madonna oder die üppige Faltenschleife 
vor dem Standbein der Madonna Colli. 
Bei der engen Übereinstimmung dieser beiden 
Werke ergibt sich nun natürlich die Frage nach 
der Provenienz der Madonna Colli. Dieses Werk 
wurde 1939 vom Frankfurter Liebieghaus aus dem 
Besitz des lnnsbrucker Sammlers Colli gekauft, der 
sie seinerseits bei dem Antiquar Annegg in Salzburg 
wohl zu Anfang der 1920er _]ahre erworben hatte. 
Die Provenienz gab Colli mit „Steiermark, wohl 
oberes Enns-Tal" an 5). Das Material ist wie bei der 
Louvre-Madonna grauer Gußstein, die Höhe (mit 
der Krone und der sehr hohen Standplatte) 81 cm 
gegen dort 74, die Breite 32 gegen dort 30 cm. 
Maße Proportionen sind also annähernd 
gleich. 
und 
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Daß wir uns mit der Salzburger Provenienz nicht 
auf einem lrnveg befinden, beweist als drittes Werk 
aus grauem Gußstein die hl. Margaretha im Pfarrhaus 
zu Vigaunö). Die Figur, deren Kopf leider ab? 
gebrochen ist (die restliche Höhe beträgt 60 Cml, 
stammt vom Hochaltar der Margaretenkirche in 
Vigaun, und V aun liegt im salzburgischen Bezirk 
Hallein. Die Rückansicht zeigt wieder volle Identität 
mit den beiden Madonnen; abweichend gestaltet 
ist nur das reiche, musterartig gewellte Haar der 
Heiligen, das über dem Mantel getragen ist, während 
es bei den Madonnen mit Kind stets unter dem 
Knpftuch (oder Mantel) verborgen bleibt. Eine 
wundervolle Verkiindigungsmadonna in Privat- 
besitz, die aus dem Wiener Kunsthandel stammt 
und entweder Wienerisch oder steirisch ist, gibt 
den Hinweis auf mittelbare oder unmittelbare 
Quellen dieser Haarbehandlung7). 
Die Vorderansicht der hl. Margaretha von Vigaun 
zeigt mit dem Drachen zu Fiißen und dem Buch 
in der linken Hand gewisse motivische Verschie- 
bungen, die selbstverständlich sind. Wichtig ist die 
Durchführung der Mantelpartie, die vom Spielbein- 
knie nach rechts hinüberschleppt und in dieser Art 
bei allen drei Figuren auftritt, sonst aber höchst 
selten ist. 
Diese drei Figuren gehören also einem einheitlichen 
T yp an, der nicht ohne weiteres einem anderen 
Typ der Schönen Madonnen eingeordnet werden 
darf. Über die Gemeinsamkeit des Typs hinaus 
zeigt sich eine solche im Material (grauer Gußstein), 
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