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hat eine noch reiner gerundete, Weniger differenzierte
Form; noch mehr fällt ins Gewicht, daß der Kon-
turenverlauf nicht die gleiche Schmiegsamkeit zeigt
wie bei der Louvre-Madonna, sondern eckiger ist,
besonders beim Übergang des Faltendreiecks rechts.
Im übrigen scheint bald bei dieser, bald bei jener
Figur ein etwas größeres Maß an Ditferenziertheit
in der Durchbildung aufzutreten, ohne daß man
letztlich einer von beiden den Vorrang zuerkennen
kann.
Im ganzen läßt sich vielleicht sagen, daß der Körper-
schwung der Louvre-Madonna etwas ausgeprägter,
die Faltengebung hingegen etwas schärfer ist.
Kennzeichnend für diesen Unterschied sind etwa
die vom Spielbeinknie verursachte Vertikalfalte bei
der Louvre-Madonna oder die üppige Faltenschleife
vor dem Standbein der Madonna Colli.
Bei der engen Übereinstimmung dieser beiden
Werke ergibt sich nun natürlich die Frage nach
der Provenienz der Madonna Colli. Dieses Werk
wurde 1939 vom Frankfurter Liebieghaus aus dem
Besitz des lnnsbrucker Sammlers Colli gekauft, der
sie seinerseits bei dem Antiquar Annegg in Salzburg
wohl zu Anfang der 1920er _]ahre erworben hatte.
Die Provenienz gab Colli mit „Steiermark, wohl
oberes Enns-Tal" an 5). Das Material ist wie bei der
Louvre-Madonna grauer Gußstein, die Höhe (mit
der Krone und der sehr hohen Standplatte) 81 cm
gegen dort 74, die Breite 32 gegen dort 30 cm.
Maße Proportionen sind also annähernd
gleich.
und
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Daß wir uns mit der Salzburger Provenienz nicht
auf einem lrnveg befinden, beweist als drittes Werk
aus grauem Gußstein die hl. Margaretha im Pfarrhaus
zu Vigaunö). Die Figur, deren Kopf leider ab?
gebrochen ist (die restliche Höhe beträgt 60 Cml,
stammt vom Hochaltar der Margaretenkirche in
Vigaun, und V aun liegt im salzburgischen Bezirk
Hallein. Die Rückansicht zeigt wieder volle Identität
mit den beiden Madonnen; abweichend gestaltet
ist nur das reiche, musterartig gewellte Haar der
Heiligen, das über dem Mantel getragen ist, während
es bei den Madonnen mit Kind stets unter dem
Knpftuch (oder Mantel) verborgen bleibt. Eine
wundervolle Verkiindigungsmadonna in Privat-
besitz, die aus dem Wiener Kunsthandel stammt
und entweder Wienerisch oder steirisch ist, gibt
den Hinweis auf mittelbare oder unmittelbare
Quellen dieser Haarbehandlung7).
Die Vorderansicht der hl. Margaretha von Vigaun
zeigt mit dem Drachen zu Fiißen und dem Buch
in der linken Hand gewisse motivische Verschie-
bungen, die selbstverständlich sind. Wichtig ist die
Durchführung der Mantelpartie, die vom Spielbein-
knie nach rechts hinüberschleppt und in dieser Art
bei allen drei Figuren auftritt, sonst aber höchst
selten ist.
Diese drei Figuren gehören also einem einheitlichen
T yp an, der nicht ohne weiteres einem anderen
Typ der Schönen Madonnen eingeordnet werden
darf. Über die Gemeinsamkeit des Typs hinaus
zeigt sich eine solche im Material (grauer Gußstein),
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