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platte steht eine Jahreszahl, die
7 unsere Kenntnis der mittelalter-
lichen „4" voraussgesetzt K als
1473 zu lesen scheint. An der
unteren Standplatte liest man:
„Opus S. Thiemonis A(rchi) E(pi-
scopi) Sal(zburgensis) + 1101".
lm Mittelalter wurde häufig die
5 so ähnlich geschrieben, wie
wir heute die 7 schreiben; die
Forschung, die das Werk er-
sichtlich nicht auf 1473 datieren
konnte, hat daher bevorzugt, die
„7" als „5" zu lesen und mit der
Lesart „1453" die Inschrift über-
haupt für das XVerk zu retten.
Mit Mühe und nicht ohne Beden-
ken hat Pinder (1929) im Hand-
buch der Kunstwissenschafr der
I.esart 1453 vor einer Entstellung
etwa aus 1373 den Vorzug ge-
geben und den Charakter des
Weichen Stils in dieser Figur,
ihre Ähnlichkeiten zum 14. Jahr-
hundert als Reduktion und Nach-
klang, als teilweise Wiederauf-
nahme des Weichen Stils in der
unsicheren Auflösungszeit des
mittleren 15. Jahrhunderts ge-
deutetß). Für eine Zeit, in der ein
Gefühl für die besondere Charak-
teristik des 15. Jahrhunderts in
der deutschen Bildhauerkunst -
und zwar eben durch Pinder -
erstmals entwickelt wurde, mochte
eine solche Deutung wohl mög-
lich erscheinen. Allein heute kann
sie gar nicht mehr befriedigen,
und man muß Springer zustim-
men, der die Inschrift gänzlich
verwirft. Denn tatsächlich ist die
Lesart 1453 epigraphisch unzuläs-
sig und die Lesart 1473 kunstge-
schichtlich unmöglich. Die ln-
schrift wird aus Lettern in schwar-
zer Ölfarbe gebildet, die über
schwachen Meißelspuren stehen,
die ihrerseits wohl wieder an
die Stelle einer gemalten Jahres-
zahl getreten sindq). Die unterhalb
der Jahreszahl befindliche Bei-
schrifr ist barock und ihrem Cha-
rakter nach völlig legendär w
nämlich eine Zuschreibung des
Werkes an einen Salzburger Erz-
bischof des Frühmittelalters! Of-
fenbar ist bei dieser Gelegenheit
im Barock - das legt auch der
Stilcharakter der Ziffern nahe -- -
die Jahreszahl nach nicht mehr
zureichend erkennbaren Resten
erneuert worden, und zwar --
wie es scheint - falsch. Der
Versuch, auch nur einzelne dieser
apokryphen Ziffern noch verwen-
den zu wollen, ist aussichtslos
und kann höchstens zur Quelle
für gefährliche Fehldeutungen
werden. Zur Datierung sind wir
also ausschließlich auf stilistische
(icsiclatsjuunkte angewiesen.
Nun ist die Großgrnainerin kein
beliebiges Werk des Gußstein-
Bezirkes. Mit 140 cm Höhe über-
trifft sie noch die Maria Saul
und ist, dank der Wucht ihrer
körperlichen Erscheinung, die im-
posanteste der Gußsteinmadon-
nen überhaupt. „XYuchW ist nun
freilich keine typische Eigenart
der Schönen Madonnen. Und so
ist die Frage in der Tat durchaus
berechtigt, 0b dieses Viferk --
das in der Blütezeit des Wfeichen
Stils kaum verankert werden kann
W vielmehr an dessen Anfang
oder Schluß gehöre. Sosehr auch
die Beurteilung der stilistischen
Stellung wie die der Qualität des
Werkes durch die neuzeitliche
Bemalung gestört wird, so scheint
mir doch, daß man hier keine
Symptome einer Auflösung des
Weichen Stiles entdecken kann.
Sie können sich ja durchaus ver-
schieden äußern: als Verhärtung
oder Aufweichung, in Knittrig-
keit oder Lappigkeit. Nichts von
alledem aber zeigt sich in der
Figur. Das schwellende Volumen,
die pralle Plastizität, der energische
Faltenverlauf lassen vielmehr eine
Kraft verspüren, mit der sich
Pinders Annahme einer Reduk-
tion nicht vereinbaren läßt. Ohne
die unglückliche Inschrift wäre
ja wohl auch kaum jemand auf
den Gedanken gekommen, die
Äladonna in die zweite Hälfte
des 15. Jahrhunderts zu datieren.
Dem Typ nach scheinen die
Pilsener Madonna und die Ma-
donna Colli der Großgmainerin
am nächsten zu stehen. Eine
Reihe von Unterschieden ist je-
doch charakteristisch. Anders ist
zunächst, wie schon gesagt, die
Haltung des Kindes; spürbar un-
terschiedlich ist die räumliche
Beziehung innerhalb der Figur,
da Mutter und Kind in Groß-
gmain einander stärker zugewen-
der sind 1 wenn auch nicht
so stark wie bei der Thorner
Madonna, mit der die Schräglage
des Kindeskörpers aber trotz an-
derer Motivierung völlig über-
einstimmt -, während die Ma-
donna Colli das Kind in steifer
Lage frontal nach außen hält.
Infolge der anderen Lage des
Kindes greift die Rechte Mariens
ziemlich weit vor den Leib und
zieht damit die über ihren Arm
fallende Kaskade mit herum. Da-
mit verbindet sich eine leichte
Körperdrehung, durch welche die
schmal - dreieckige Faltenpartie
rechts zur Seite und etwas nach
rückwärts weggedrängt wird. Dies
hiotiv ist in Pilsen ähnlich ge-
bracht, während bei der hlntlunnzt
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