ricli lll. von Sonnenburg, um
1460, in der Begräbniskirche der
Gurker Bischöfe zu Straßburg
in Kärnten, zeigt besser als alle
Worte die sonderbare Erschei-
nung: Ein Gewirr von weißen
Adern zerlegt den Marmor zu
einem Muster, das allein dem Auge
sichtbar wird. Das in Wirklich-
keit sehr fein ausgearbeitete Re-
lief muß man greifen, aber man
kann es nicht sehen. Bei den
rund 200 kleinen Figürchen am
Friedrichsgrabe im Wiener Ste-
phansdom gehen dicke weiße
Adern oft mitten quer über die
Gesichter. Das vergrämt-ver-
geistigte Gesicht des Königs
Kasimir jagiello im Krakauer
Dom ist von den roten und wei-
ßen Flecken in surrealistischer
Weise vollkommen zerrissen.
Wiederholt wird in Beschreibun-
gen solcher Arbeiten, z. B. bei
LEONHARDT und bei WERT-
HElMER, bedauert, wie (z. B.
am Friedrichsgrab im Wiener
Stephansdom) die Einzelheiten der
Plastik „von den Flecken des
Marmors verschlucktwerden", claß
man den Kampf Gerhaerts mit
dem ihm [von wem und warumP]
aufgenötigtcn Material spüre, daß
(beim Grabdenkmal des Bischofs
Kamern in Wiener Neustadt)
„die Wahl des kostbaren getiger-
ten Marmors den künstlerischen
Eindruck störe", daß (beim (irab-
kommen lasse und dergleichen
Äußerungen mehr.
Die Dutzende, ja Hunderte gleich-
zeitiger Arbeiten in einheitlich
rotem Marmor beweisen, daß
von einer Zwangslage der Bild-
hauer, gerade diesen sonderbar
gemusterten Stein zu verwenden,
keine Rede sein kann. Die An-
zahl der Arbeiten, der hohe
Rang der Künstler wie ihrer
Auftraggeber (weitaus an der
Spitze das Friedrichsgrab) bürgen
uns dafür, daß hier viel mehr
dahinterstecken muß als eine ge-
legentliche skurrile Laune, die
man mit dem Schlagwort eines
spätgotischen Manierismus abtun
könnte. Was mag nun wirklich
dahinterstecken?
Zunächst einige Beispiele (ohne
irgendeinen Anspruch auf Voll-
ständigkeit), alle aus Adneter
Sorten:
14.3? Berchtesgaden, Grabstein für
den 1435 1' Propst Peter Pienzcn-
auer. Rotscheck.
Nach 1460 Straßburg bei Gurk,
Doppelgrabstein der Bischöfe Jo-
hann V. Schallermann und Ul-
rich lll. von Sonnenburg. Rot-
Scheck.
1468-1513 Wien, Stephansdom,
Grabdenkmal Kaiser Friedrichs lll.
von Niclas Gcrhaert, vollendet von
Max Valmet und Michael lichter.
Tumba und Reliefs Älandlscheck,
Umrahmung Rotscheck, Teile des
Sockels Rottruof.
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