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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 58 und 59)

dessen Name uns noch unbekannt 
ist, erkennen wir in den Figuren 
des Merkurs, des Bacchus unter 
dem Balkon des Oktogons und 
der drei Narren. Die leicht fette 
Muskulösität, das feste Aufstehen 
mit dem Standbein und das zurück- 
genommene Spielbein 1 bei Wald- 
burger ganz anders gestaltet _ 
und die Gestik der Arme lassen 
auf einen heimischen Meister 
schließen, „heimisch" auch des- 
halb, weil in Salzburg ein 
Schwesterstück dieser Figuren er- 
halten ist, die knapp um 1611 ent- 
standene Sebastiansstatuette des 
Grabmals der Familie Eder an der 
Westseite der Mariazeller-Kapelle 
im Friedhof von St. Peter19). 
Theoretisch besteht die Möglich- 
keit, diese Arbeiten mit dem 
Namen der Brüder Andreas und 
Hans (der Ältere) PERNEGGER 
zu verbindenl"). Da aber von 
diesen Meistern auch nicht die 
geringste archivalische Notiz über 
noch existente Werke erhalten ist, 
muß diese „Taufe" einstweilen 
noch rein hypothetischen Charak- 
ters bleiben. 
Über das Werk des Konstanzer 
Bildhauers Hans Konrad ASPER, 
der auf Grund einer Berufung 
durch Erzbischof Markus Sittikus 
i der vor seiner Wahl Dompropst 
von Konstanz war - 1615 bis 
1625 in Salzburg weilte Z1), sind 
wir viel besser unterrichtet. Unter 
anderen gelten als seine Arbeit die 
Grabmalsfiguren der Arkade Vlll 
des St. Peter-Friedhofes. Durch 
einen Vergleich des Kronos dieses 
Grabmals mit dem Neptun aus 
dem Brunnen am südlichen Ende 
der ersten Querachse des Hell- 
brunner Hauptparterre können 
wir dieses Werk für Asper in An- 
spruch nehmen. Man beachte nur 
bei beiden die spezifische Aus- 
bildung der Haar- und Barttracht 
und der stark hervortretenden 
Backenknochen. 
Zur Diskussion zu stellen ist noch 
die Mitarbeit eines anderen nicht- 
italienischen Meisters, die wir auf 
Grund starker stilistischer Ähn- 
lichkeiten annehmen wollen. Die 
beiden stehenden Frauenfrguren in 
der Neptunsgrotte - Stainhauser 
nennt sie „Wassergöttinnen" _ 
scheinen ganz nahe verwandt zu 
sein den Darstellungen der Jahres- 
zeiten in den Nischen des Schloß- 
hofes von Hohenems, der Heimat 
des Erzbischofs, die 1626 vom 
jüngeren Esa.ias GRUBER ange- 
fertigt wurden 21). Eine Tätigkeit 
Grubers in Hellbrunn und beim 
Dombau ist auf Grund der per- 
sonellen Voraussetzungen durch- 
aus möglich, muß aber noch ein- 
gehend untersucht werden. 
Nun zu den italianisierenden Ar- 
beiten: Sofort wird hier eine ande- 
re Auffassung, eine andere Kunst- 
landschaft klar; manierierte, grazile 
Bewegungen, die langen Hälse der 
Damen mit den kleinen Köpfen, 
die andersartige Behandlung des 
Gewandes, schaubar an folgenden 
Figuren: der römische Kaiser im 
Mittelpunkt des Theaters beim 
Steinernen Tisch, Orpheus in der 
benachbarten Grotte, Frühling, 
Sommer und Winter aus den 
Jahreszeiten beim Stemweiher, 
die HeldenEgur dort in der Grotte 
und Diana mit dem Hund gegen- 
über dem Mechanischen Theater. 
Ob hierher die Namen des Hiero- 
nymo PREOSTO und des Ber- 
nardo ZANINI gehören, ist frag- 
lich. Sicher aber ist es, daß zwei 
Figuren von Hauptpunkten des 
Gartens hohe i den Barbaren- 
fürsten Waldburgers ebenbürti- 
ge i Qualität haben: Neptun in 
der Neptunsgrotte im Schloß und 
Perseus, heute am Merkursbrun- 
nen, früherli) die bekrönende 
Figur des Sternweihers mit den 
Jahreszeiten. Sie zeigen so großes 
Können, daß, wenn die Über- 
lieferung richtig ist, daß Santino 
SOLARI auch ein bedeutender 
Bildhauer war 24), wir uns sehr der 
Versuchung hingeben würden, 
diese beiden bedeutenden Stücke 
Solari selbst zuzuweisen. lhr ur- 
sprünglicher Aufstellungsort, der 
vornehmste des Gartens, gab uns 
Anlaß zur Aufstellung dieser mög- 
lichen Zuschreibung, die wir aber 
durch das Fehlen jeglichen Ver- 
gleichsmaterials 25) bis jetzt noch 
nicht beweisen konnten. 
Zuletzt sei uns noch gestattet, über 
die einzige bemerkenswerte Ver- 
änderung des Bestandes in späterer 
Zeit berichten zu dürfen. Im Jahre 
1660 brannten einige, dem Schlos- 
se an der Ostseite vorgelagerte 
Baulichkeiten ab, die alsbald aber 
wieder aufgebaut wurden Z6). Die- 
ser Brand war für Kardinal- 
Erzbischof Guidobald Graf von 
Thun (1654-1668) Anlaß, einige 
wichtige Änderungen vorzuneh- 
men, so etwa den Bau des Wein- 
kellers (1659) oder die Neugestal- 
tung des Dianenbrunnens, der in 
einen Brunnen der Eurydike ver- 
wandelt wurde. Die Architektur 
des Brunnens wurde merklich 
verändert 27), es wurden auch der 
Brunnenwand Postamente 
gelagert, auf deren zwei äußeren 
sich heute noch je ein Wappen- 
tragender Löwe befindet. Die 
inneren Postamente passen in ihrer 
rhombenförmigen Form genau zu 
den Sockeln der jetzt im Haupt- 
garten bei den Obelisken auf- 
gestellten springenden Einhörner. 
Diese Tiere waren aber der Familie 
Thun zugeordnet, so daß die 
Löwen (i Erzstift) und die sprin- 
genden Rösset (1 Erzbischof) den 
Umbau während der Regierungs- 
zeit (iuidobalds sichern. Walter 
BOECKELMANN vermutetlß), 
daß damals auch die Figur des Herb- 
stes aus den Jahreszeiten i die viel- 
leicht irgendwie beschädigt wor- 
den war - durch eine neue ersetzt 
wurde und daß diese neue Figur 
ein Frühwerk des Balthasar Per- 
moser sei. Auf die rein gartenbau- 
technischen Änderungen unter 
Erzbischof Guidobald kann an 
dieser Stelle ebensowenig einge- 
gangen werden, wie auf das ge- 
samte ikonographische und ikono- 
logische Ausstattungsprogramm 
von Schloß und Garten Hellbrunn. 
VOI- 
ANMERKUNGEN: 
ANMERKUNGEN: 
1) Dem vorliegenden Aufsatz liegt eine in 
Arbeit befiudlithc Monographic dts Ver- 
rmu über den gesamten Komplex des 
Hellhrunncr Schlosses zugrunde. Zuln Denk- 
rnalsbcstaud selbst vgl. die cingehmdm 
Beschreibungen und Abhildungcn im 
11. Band der Österreichischen Kunstmpo- 
graphi: (Lilien als OKT). 
1) OKT XX, P11129- 230. 
1) OKT xxxu. PP.4(Y.'.7417. 
I) m. 2206 des Städtischen Museums Salzburg. 
S) OKT X1.pp.168r 176. 
1) OKT X1. p. 167. 
v) PRETZELL, Lothar: Snlzhllrgcr Barock- 
plastik, Berlin 1935. p. 6. 
26 
') PIÄETZELL, p. 6. 
1) STAINHAUSER. Beschreibung. p. 22. 
w) OKT xlll.p.155. 
H) Abb. 197 und 19a in ÖKT Xl. 
11) Zum Gesamlwcrk Waldburgcrs vgl. div: in 
Bälde erscheinenden "Srudicn zur Salzburgcr 
Plastik aus der CrSKCn Hälfte des I7.j.1l1r- 
hundervs" dm Verfassen. 
n) ÖKT xx. p. 2x mit Abh.. am falsch datiert. 
M) HÜBNER, Lorenz: Beschreibung der... 
Sud: Salzburg, l, 1792, pp. 531-532. 
w) STAINHAUSER, p. 29. 
W) STAINHAUSER, p. 30. 
M) Heule an der Orgelempore der Sebastians- 
kirrlic; in ÖKT IX. p. 131 faisdl dliticrr. 
H) HUBNER l. p. sas. 
W) OKT Xl, Abb. 191. 
w) OKT x11. p. 195 und Abb. 28a. 
w) Vgl. Franz MARTINs Artikel "Pcrllcggvr" 
im Thieme-Becker. 
7') Rudolf GUBY in Min. Gas. Salrh. Lan- 
dcskxlndc 66, 1916, pp.55794. 
n) ÖKT XXXIl. p. 404. 
1') Vgl. die Wiedcrgabe des Danrciicrslichts 
in ÖKT XI. p. 157, und STAINHAU ER. 
Übrigens ist (anzuhalten. daß erst in jüng- 
slcr Zcil um: Bekanmseins der Stcinhauscr- 
schon Beschreibung zahlreiche Figuren um- 
und falsch aufgestellt wurden. 
1') ÖKT IX. p. 27. 
15) Eine eingehende Monographie Solaris ist ein 
dringendes Dcsidcrat der Smlzburger Krum- 
geschichtsfarschunzg. 
In) Vgl. den Stuck im jetzigen Vcrwallcrmunu 
an der Nordmtseire des Ehrcnhofm. 
v) Auf den ällcslcn Ansichten haue der Brun- 
neu ein ganz aladercs Aussehen. 
13) BOE KELMANN, Walter: Balthnsar Pur- 
musrr. Studien zu seiner Frühzeit. Trauu- 
stein 1951, W940.
	        
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