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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 58 und 59)

 
NORA WATTECK Gcxrhnitgle. 
Steinborkborrl - 
- ein vergessener Zuwig de: 
Xalgburger Kunsthandwerk! 
 
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_]. Uartult, Salzburg 
 
in Privatsammlungen und Museen 
begegnen uns manchmal Becher, 
Dosen oder Krüge, aus Horn 
geschnitzt, meist in silbernen oder 
silbervergoldeten Montierungen. 
Die Wandungen der Gefäße, die 
Deckel der Dosen zeigen aus- 
nahmslos in Reliefschnitzerei oder 
in flacher Reliefpressung Stein- 
böckc und Jäger auf der Stein- 
bockjagd. 
Sie stammen vorwiegend aus dem 
Lande Salzburg und sind Erzeug- 
nisse des im 18. Jahrhundert im 
Salzburgischen blühenden Hand- 
werkszweiges der Steinbock- 
hurnschnitzer. 
Als Material kann man das dunkel- 
braune Steinbockhnrn eigentlich 
nicht als „schün" bezeichnen, denn 
es ist farblich unwirksam. Allen 
daraus hergestellten Gegenständen 
fehlt das Strahlende, auch wenn 
sie mit edlen Metallen montiert 
sind. Nur die menschliche Vor- 
stellungskraft hat dieses dunkle 
Horn zur Kostbarkeit erhoben, 
weil es von einem sagenumwitter- 
ten Tiere stammt. Deshalb wird 
man auf Steinbockhornarbeiten 
stets einen Steinbock dargestellt 
sehen, der auf die bedeutungsvolle 
Herkunft des Materials hinweisen 
soll. llingegen wird man aufElfen- 
beinarbeiten höchst selten einen 
Elefanten sehen, obwohl sich 
Elfenbein vicl leichter schnitzen 
läßt als das so spröde, harte Stein- 
bockhorn. Man stellt auf diesem 
Szenen aus der Jagd auf dieses 
Tier und sein Leben zwischen Fels- 
schroifen dar; denn vor der Zeit 
des Alpinismus waren die steini- 
gen Kare und die zerklüfteten 
Felswände, in denen der Steinbock 
sich aufhält, für den Menschen 
eine Welt der Furcht und des 
Schreckens. Der Steinbock mußte 
in der Vorstellung der damaligen 
Zeit über außerordentliche Kräfte 
verfügen, um die ständig drohen- 
den Gefahren bewältigen zu kön- 
nen. Und dieser Kräfte wollte der 
Mensch auf verschiedenartigste 
Weise teilhaftig werden. S0 trug 
man als Schutz gegen Zauberei 
das Horn auf der bloßen Haut. 
(ieschabt und mit Haaren des 
Tieres geräuchert, galt es als 
Mittel gegen die Pest. Dazu diente 
der „Pestsegen" (Abb. 1), bei wel- 
chem in einem Rahmen aus Stein- 
bockhorn die Reliquienpartikel der 
Pcstheiligen eingebettet wurden. 
Noch 1749 zählt Zedler in seinem 
Universallexikon 18 Wunderbare 
Wirkungen des Steinbockhorns 
auf. Er führt unter anderem an: 
„Löffel, Näpflein oder Trinkge- 
schirr, so aus dergleichen Horn 
gemacht, ist unvergleichlich ge- 
sund wider Gift und die fallende 
Sucht." Daher wurde Steinbock- 
hnrn am häufigsten zu Bechern 
und Dosen verarbeitet. Letz- 
tere dienten wohl in erster 
Linie zur Aufbewahrung von 
Pillen und Latwerge, um die 
Heilwirkung dieser Medikamente 
zu erhöhen. Erst in zweiter Linie 
dürften diese Dosen für Schnupf- 
tabak in Verwendung gewesen 
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