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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 58 und 59)

KURT ROSSAC] 
ER Der zlersrbollelze Xrlmtq der Ergjbixrlßbfc 1'012 Xalgburg I. 
Neue Erzlderkzmgen in den Sammlungen du Palaggo Pilli in Flarcng 
Als Sitz eines lirzbischofs und 
als reichsfiirstliche Haupt- und 
Residenzstadt war Salzburg bis 
zum 19. Jahrhundert im Besitze 
reicher Kunstschätze und Samm- 
lungen. 
In den lnventaren der „hoch- 
ertzstüfftlichen Silberkammer") 
und der „hochertzstütftlichen gro- 
ßen Gallerie" werden viele hun- 
dert Objekte beschrieben, deren 
Bedeutung wir uns aus den trok- 
kenen und laienhaft verfaßten 
Listen kaum vorstellen können. 
Heute ist die Schatzkammer der 
Residenz leer, ihre Heiligtümer 
und Schätze sind in alle Xliinde 
zerstreut. 
Das letzte Inventar, welches 1772 
vor der Wahl Hieronymus (iraf 
Colloredos angelegt xvurdel), 
zeigt eine Sammlung, deren (Stöße 
etwa mit der Schatzkammer der 
Münchener Residenz verglichen 
werden könnte. Aus der Doppel- 
stellung der Erzbischöfe als Kir- 
chen- und als Reichsfürsten ergab 
sich allerdings eine besondere 
Zusammensetzung des Schatzes. 
Eine große Gruppe meist mittel- 
alterlicher Golclschmiedearbeiten 
bildete den kirchlichen Bischof- 
schatz, die Heiligtümer des Erz- 
stiftes 3). Die zweite, sehr um- 
fangreiche Gruppe erwarben Erz- 
bischof Wolf Dietrich von Rai- 
tenau und seine Nachfolger im 
Wettstreit mit den Sammlungen 
Kaiser Rudolfs ll. in Prag und 
Erzherzog Ferdinands von Tirol 
in Ambras. Viele Gefäße aus 
Bergkristall und anderen llalb- 
edelsteinen, köstlich in (ioldemail 
montiert, Schmuckstücke aus 
Edelsteinen und Guldemail, ferner 
unzählige Elfenbeinschnitzereicn 
und Raritäten aller Art, wie sie 
zur „Kunst- und VCuntlerltamtner" 
des 17. jahrhundcrts gehörten, 
bildeten den glanzvollen welt- 
lichen Schatz der Salzburger 
Reichsfürsten. Als dritter Teil 
der Silherkammer ist schließlich 
die Ausstattung der fürstlichen 
Ilofhaltung mit (ieräten aus Gold 
Silber zu betrachten, die 
für den Gebrauch und die Re- 
präsentation dienten. Dazu ge- 
hören die zahlreichen xveißsilber- 
nen und vergoldeten Geschirre 
für die lloftafel, die in mehreren 
Serien, sowohl aus der Zeit XVolf 
Dietrichs als auch aus dem 
18. Jahrhundert, vorhanden wa- 
ren. 
2 
und 
All dieser Reichtum ist seit Salz- 
burgs Säkularisation und seiner 
Vereinigung mit dem Staatsgebiet 
Österreichs verschwunden. Was 
Kriegsnöte und mehrfache Be- 
setzung durch die Franzosen, 
was Kontributionen und Plün- 
derungen nicht vermochten, das 
besorgte griindlichst dieses fried- 
liche Ereignis. Mehr als ein Jahr- 
hundert war seitdem vergangen. 
Die von Napoleon als Sieges- 
beute geraubten Pferde von San 
Marco waren längst wieder nach 
Venedig heimgekehrt, Salzburg 
aber wußte nichts vom Schicksal 
seiner entschwundenen Schätze. 
Es war nur bekannt, daß im 
Oktober 1806 „alle artistischen, 
numisrnatischen, antiquarischen 
und naturwissenschaftlichcn 
Sammlungen, die einen Platz im 
kaiserlichen Kabinett verdienen", 
an die Sammlungen des aller- 
höchsten Kaiserhauses abzuliefern 
vcaren4). Aber dieser Transport 
umfaßte vor allem Gemälde, Mö- 
bel u. dgl. Außer einigen Berg- 
kristallgefaßen waren keinerlei Ob- 
jekte aus Edelmetall darunter. 
Die damals von Wien gekaperten 
Gegenstände sind heute in den 
Depots des Kunsthistorischen Mu- 
seums und der Bundesmobilien- 
Sammlung unterge- 
taucht-ä). Das Schicksal des eigent- 
lichen Schatzes jedoch blieb un- 
geklärt. 
Eine erste Spur wies erst E. Plon 1'), 
als er das Glanzstück des Palazzo 
namenlos 
Pitti in Florenz, ein (ioldemail- 
service, das keinem Geringeren 
als Benvenuto Cellini zugeschrie- 
ben war, als süddeutsch erkannte. 
lis handelte sich um vier Henkel- 
schalen und eine Pilgertlasche. 
Die darauf befindlichen Wappen 
deutete Plon als erster richtig 
als die Wappen des Erzstiftes 
Salzburg und der Erzbischöfe 
XVolfDietrich und Marcus Sitticus. 
Aber erst als Holzhausen7) im Bo- 
den der Flasche auch die Meister- 
signatur „Hans Karl fecit 1602" 
entdeckte, war endgültig der Be- 
weis erbracht, daß diese Meister- 
werke der Goldschmiedekunst 
kein Florentiner, sondern ein in 
Salzburg tätiger Meister geschaf- 
fen hat. 
Franz Martin konnte dann das 
Service im Inventar von Erz- 
bischof XYolf Dietrichs Schatz- 
kammer aus dem Jahre 1612 
nachweisen und seine Entfüh- 
rung im März 1806 durch Groß- 
herzog Ferdinand lll. von Toska- 
na aufzeigen. Dieser 
durch Napoleun seines Landes 
beraubt - vorübergehend zwi- 
schen 1803 und 1805 Kurfürst 
von Salzburg geworden. 1806 
ließ er sich als seinen vermeint- 
lichen persönlichen Besitz 7 
kurz bevor Wien seine Hand 
nach den Salzburger Kunstschät- 
zen ausgestreckt hatte - Möbel 
und andere Hofeffekten aus der 
Salzburger Residenz nach Würz- 
burg nachsenden. Darunter muß 
auch die Silberkammer gewesen 
sein. Nach seiner Wiedereinset- 
zung in Florenz 1814 brachte 
er alle Besitztümer dorthin. Die 
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