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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 58 und 59)

von oben nach unten Abbildungen t -4 
KUNSTHISTORISCHES 
MUSEUM: 
.,EUROPÄISCHE KUNST 
UM 1400" 
Zunächst sei die nicht gerade erfreu- 
liche Tatsache festgehalten, daß mehrere 
Wiener Zeitungen dieser so importan- 
ten Manifestation weniger Raum wid- 
meten als anderen künstlerischen Er- 
eignissen des Tages: der Fall ist um so 
bedenklicher, als es gerade auch aus- 
bildungsmäßig „Berufene" waren, die 
sich eine solche Beschränkung auf- 
erlegten. Kann wirklich nur noch der 
Laie etwas mit alter Kunst anfangen? 
Zur Schaustellung selbst: Es war eine 
glückliche ldee. die Säle unter einzelne 
Devisen und geschlossene Themen- 
gruppen zu stellen. Zur Orientierungs- 
erleichterung wurde kurz nach Er- 
öffnung der Ausstellung ein Übersichts- 
plan angebracht, der alles Wesentliche 
enthält, denn der an sich großartige 
Katalog mußte naturgemäß nach an- 
deren Prinzipien angelegt werden und 
kann klarerweise die Aufgabe des "Ro- 
ten Fadens" nicht erfüllen. Die Anord- 
nung und Aufstellung der Obtekte ist 
bemüßigt, alles möglichst von der Wand 
abzurücken. allseitige Betrachtungsmög- 
lichkeil zu gewährleisten und die Besu- 
cher gewissermaßen über die Exponate 
(optisch) "stolpern" zu lassen: also 
keine Paradekompanie, an der man 
vorbeischreitet. Die von mancher Seite 
nicht eben freundlich aufgenommenen 
Vitrinen empfand ihr Berichterstatter 
als zweckmäßig. Und letztlich: ist es 
unbedingt notwendig, sich angesichts 
der gebotenen Herrlichkeilen ausge- 
rechnet über solche relativ unter- 
geordnete Einzelheiten zu alteriercn? 
Die Auswahl der Exponate war natur- 
lich den Begrenzungen der Entlehnungs- 
möglichkeiten unterworfen. Superken- 
ner mogen etwa das Wilton Diptych 
vermissen und sich fragen: Wenn schon 
der Royal Cup, warum nicht auch das? 
Schade ist, daß Angers die Ausstellung 
im Stich gelassen hat, schade ist auch, 
daß die ltaliener bis praktisch zum 
letzten Moment keine Klarheit über die 
zur Verfügung stehenden Einzelobiekte 
zu geben vermochten. So mag es sich 
vielleicht auch erklären, daß die ganze 
Monsterschau im Sektor "Kunstge- 
werbe" nur mit einem einzigen (l) 
Fingerring aufwarten kann. Aber auch 
das sind kleine Schatten. die ein großes 
Licht nur sehr geringfügig zu dämpfen 
vermögen (Abb. l. Blick in die Aus- 
slellung). 
Notizen aus dem Kunstleben und Kunsthandel 
AKADEMIE 
DER BILDENDEN KÜNSTE: 
GOTlSCHE BAURISSE 
Als Parallelveranstallung zur großen 
Gotikausstellung im KHM zeigt die 
Akademiebibliothek in reizvoller Aut- 
machung über achtzig gotische Bau- 
risse vornehmlich des 15. Jahrhunderts. 
Selbstverständlich stammt ein wesent- 
licher Teil der Exponate aus der Wiener 
Bauhütte. doch sind auch Blätter nicht 
selten, die sich auf andere inner- 
und außerösterreichische Orte beziehen 
(Steyr, Prag, Straßburg, Konstanz etc). 
Der Austausch von Baurissen (zumeist 
in Form der Anfertigung von Kopien 
an Ort und Stelle) ist eine nicht nur 
architekturgeschichtlich hochinteres- 
sante Angelegenheit. 
Was die Ausstellung, die an dieser 
Stelle wissenschaftlich nicht gewürdigt 
werden kann, so reizvoll macht. ist 
ihre Aktualität für die Gegenwarts- 
kunsl. beweist sie doch in ihren Werken 
die unwahrscheinliche Kraft zur Ab- 
straktion und ornamentalen Umsetzung, 
die den Werkleuten des ausklingenden 
Mittelalters zu eigen war. Dies gilt 
besonders für die Gewölbeprojektionen 
und die Schnitte der Lichtsäulen ("Spin- 
nerin am Kreuz"), bei welch letzteren 
eine teleskopartige lneinanderschiebung 
verschiedener Niveaus erfolgte. 
Mit viel Recht versucht Prof. Roland 
Rainer ähnliche Methoden architek- 
tonischer Darstellung unterrichtsmäßig 
an der Akademie wiedereinzuführen 
im Interesse der Wiederbelebung einer 
fast gänzlich verlorengegangenen ima- 
ginatianskrafl (Abb. 2. Baldachin). 
MUSEUM FÜR VOLKERKUNDE: 
MEISTERWERKE 
KOREANISCHER KUNST 
Diese nicht umfangreiche. von der 
Regierung Südkoreas zusammengestellte 
Ausstellung zeichnet sich durch hervor- 
ragend sorgfältige Auswahl der Obiekte 
und weise Beschränkung bei der Be- 
rücksichtigung der Themenkreise aus. 
Sie trägt viel dazu bei, der Unter- 
bewertung der koreanischen Kunst, 
die immer noch als bloßes Anhängsel 
der chinesischen gilt, ein Ende zu setzen: 
in der „ostasiatischen" Familie ist sie 
mit China und Japan das dritte voll- 
wertige Mitglied: chinesische Voraus- 
setzungen werden zwar übernommen 
und fortgeführt. erhalten aber bald 
genug ihre eigene Note, ihre spezifisch 
koreanischen Akzente. Gewisse Schöp- 
fungen, wie etwa die in der Technik 
des .,sanggam" mit weißem Schticker 
„eingelegtem Seladone, sprechen be- 
reits reinstes Koreanisch, und das 
gleiche kann von den Genremalereien 
eines Kim Hongdo oder Sin Yun-bok 
gesagt werden. 
Von den 152 Nummern der Ausstellung 
seien hervorgehoben: Kat. 1. Chine- 
sische goldene Gürtelschnalle. l-lan. 
Nr. 2, Krone mit Gehängen aus Gold 
und Jade (Silla, 5.76. Jh.). Nr. 8. 
Gefäß in Reiterform, Graues Steinzeug 
(Silla. 5. -6. Jh.), Nr. 19, Mirok (Mai- 
treya). Bronze, Höhe 90,8 cm (Silla. 
A. 7,Jh,) -eines der Hauptwerke ost- 
asiatischer Plastik überhaupt, ferner 
praktisch sämtliche Seladon-Keramiken 
der Koryö-Zeit (918-1392). bei denen 
die immense Ähnlichkeit mit moderner 
Tafelkeramik Europas auffällt. Das 
vielleicht schönste Gefäß ist eine Vase 
für einen Pflaumenblütenzweig (Kat. 96) 
der Koryo- oder Yi-Zeit (Ende des 
14. Jh.). Von den zahlreichen Roll- 
bildern seien nur die zwei Querrollen 
mit Landschaften in den vier Jahres- 
zeiten (Kat. 140a. b) genannt, die dem 
Maler Kim Tu-ryang (1698-1764) zu- 
geschrieben werden und allein schon 
ob ihrer Ausmaße (8,3x'l82.8 cm) in- 
teressieren. 
Die Verbringung dieser Ausstellung 
nach Wien ist das persönliche Ver- 
dienst von Frau Sektionsrat Dr. Adele 
Kaindl vom BMfU. (Abb. 3. Gefäß in 
Reiterform, grünes Steinzeug, Silta, 
s. 6.Jl't.). 
GALERIE IM GRIECHENBEISL: 
AUSSTELLUNG 
DER BILDHAUER DES 
EUROPÄISCHEN 
SYMPOSIONS 
APRIL 1962 (Abb. 4) 
von links nach rechts: 
Josef Schagerl. Kupfer, 53,5 ciii hoch: 
Josef Schagerl. Kupfer, 47,5 cm hoch: 
Jaques Moeschal, Gips, 52,5 cm hoch: 
Michael Grossert. Blei, 40 cm hoch; Ger- 
son Fernbach. Zement, 54,5 cm hoch; 
Jasuo Mizui. Stein. 16cm hoch: Jasuo 
Mizui. Stein, 24.5 cm hoch; Janez Le- 
nasse. Kalkstein, 39,5 cm hoch; Her- 
mann Walenta, Zement, 33 cm hoch. 
im Vordergrund: 
Yoshikuni lloa, Holz. 28 cm hoch; 
Yoshikuni lloa, Holz, 30 cm hoch: 
Yoshikuni lloa. Holz, Z8 cm hoch, 
im Hintergrund: 
Ein Foto von KirchheimlWijrzburg mit 
einer großen Plastik von l-lermann 
Baumcinn. 
Ernst Köller 
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