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einzige Grund sein, warum dieses, vom rein technischen Stand-
puncte betrachtet, richtigere Bausystem nicht allgemeinere Ver
breitung gefunden hat.
Als durch verbesserte und vereinfachte Proeesse der Stahl
massenhaft und zu verhältnissmässig billigen Preisen erzeugt
werden konnte, wurde von vielen Seiten vorgeschlagen, dieses
Material für den Bau von Schiffeil zu verwenden und durch Ver
werfung seiner grösseren Festigkeit, also durch ßeductionen in
den Stärken der Constructionstheile leichtere Schiffskörper her
zustellen, als es mit Schmied - Eisen möglich ist. In der That
sind auch viele Schifle ganz aus Stahl gebaut worden, von wel
chen die meisten noch jetzt die See befahren. Allein die ur
sprünglichgehegten Hoffnungen, dass dieses Material das Schmied-
Eisen ganz ersetzen werde, haben sich in keinerlei Weise ver
wirklicht*).
Wenn wir nun zur Betrachtung der äusseren Schiffsformen**)
übergehen, so können wir wohl ein fortschrittliches Bestreben
*) Zwar besitzt der Stahl im ungehärteten Zustande alle Eig enschaften
des Schmied-Eisens in höherem und vollkommenerem Grade; es ist aber seine
Bearbeitung mit wesentlichen Schwierigkeiten verbunden, welche alle mehr
oder weniger in der den Stahl charakterisirenden Eigenschaft sich härten zu
lassen, ihre Erklärung finden, d. i. durch raschen Temperaturwechsel vom
zähen zum spröden Zustand überzugehen. Der englische Lloyd classificirte
durch einige Jahre ganz aus Stahl gebaute Schiffe mit Nachlass eines Viertels
von allen für Schmied-Eisen vorgeschriebenen Materialstärken, jedoch mit der
besonderen Anmerkung: „Probeweise“. Die neueren Regeln dieser Gesell
schaft erwähnen aber des Stahles nicht mehr; ein Zeichen, dass auch an
dieser Stelle die vielen Uebelstände, die mit seiner Anwendung als Schiffbau-
Material verbunden sind, Erwägung und genaue Beurtheilung erfahren haben.
Derselbe wird übrigens noch vielfach für Masten, Raaen und Boote verwendet,
wo in Anbetracht der so wünschenswerthen Leichtigkeit dieser Theile, die
grosse Sorgfalt, welche die Bearbeitung erheischt, sich lohnender herausstellt.
**) Ein interessantes Studium für die allmälige Entwicklung der Schiffs
formen boten dem Fachmanne die Sammlungen von Modellen und Halb
modellen der verschiedensten Fahrzeuge, welche von den nautischen Etablisse
ments in Triest ausgestellt waren. Die Sammlung des Stabilimento tecnico
war die weitaus interessanteste und lehrreichste, indem sie nicht nur durch
grosse Reichhaltigkeit (nur an 65 Stück Halbmodelle) der zur Darstellung
gebrachten Schiffsgattungen ausgezeichnet war, sondern auch die Epoche von
dem 17. Jahrhundert bis auf unsere Tage umfasste. Die von dem Navale