Ein wichtiges Kennzeichen der gegen-
wärtigen Kunst hat Arnold Gehlen
(Zeit-Bilder, FranklurtlM-Bonn 1960)
ins Zentrum der Betrachtung gerückt:
ihre Komrrientarbedürftigkeit. Dem
Künstler von heute scheinen zwei Wege
offenzustehen. von denen der eine sich
vielleicht als Holzweg erweisen wird.
Der Künstler kann, auf die ästhetische
Wirkung des Automatismus vertrauend.
das Denken aus dem Schaffensprozeß
herauszuhalten versuchen. es verdrän-
gen A oder aber sein Wett- und Men-
schenbild im Kunstwerk selber zum
Ausdruck, zur Sprache bringen, zu
einer Sprache, versteht sich, die uns
Heutige anspricht. Der zweite Weg. die
Reflexionskunst, scheint nicht nur eine
Synthese des Neuen mit dem Alten zu
ermöglichen. vielmehr auch die adä-
quate Antwort des Künstlers zu sein
auf die Note unserer Zeit, nicht Flucht.
sondern Stellungnahme. In beiden Füllen
ist der Kommentar notwendig; im
ersten sollte er vornehmlich zeigen,
verständlich machen, warum es über-
haupt zu solchen Werken kommt 7
wir meinen also Kommentare. nicht
ungehemmte Assoziationen. die irgend-
wo ansetzen können w, im zweiten
liegt seine Aufgabe primär darin, die
den Werken zugrunde liegende Philo-
sophie zu verdeutlichen. d. h. die Re-
flexion des Künstlers nachzuvollziehen.
Das ist freilich nur so weit möglich. so
weit man gewillt und fähig ist. sym-
bolisch zu denken, etwa im Sinne
von Paul Klee. Wer einen Kreis nur
als geometrisches Gebilde zu sehen
vermag. wer die symbolische Bedeu-
tung eines auf die Spitze gestellten
Dreiecks nicht erfaßt. dem hat aller-
dings auch die Kunst selbst nicht viel
zu sagen.
Als Motto könnte man über das Werk
Fritz Hartlauers einen magisch-
spekulativen Spruch aus dem ..Rosarium
Philosophorum" (1593) setzen. den
C. G. Jung zitiert: "Mache einen
runden Kreis aus Mann und Frau.
extrahiere daraus ein Quadrat una
aus ihm ein Dreieck. Mach den Kreis
rund, und du wirst den Stein der Weisen
erhalten," Und C. G. Jung bemerkt
dazu: „Ich erwähne diese Dinge nur.
um zu zeigen. daß der Kreis oder die
Kugel. welche die Vier enthalten. für
nicht wenige unserer gelehrten Vor-
väter eine Allegorie der Gottheit be-
deutete." (Psychologie und Religion.
Zürich-Leipzig 1942, S. 101 f.) Hartlauer
ist in seiner Arbeit nicht von spekulati-
ven Erwägungen ausgegangen, man
4 Fritz Hartlauer. Urzellensystern Bronzeguß 50 x SO cm. 1957 Im Besitz des Bundesmini-
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