HANS VLIEGHE
liine Bildleppiebxerie „Die {zwölf Monate" rmrb Karton: von David II. (7670-7690)
und David III. (7638-7685) Teuiers im Besitz der Wiener Gobelinsammlung
Seit der Epoche der sogenannten französisch-
fliimischen Buchmalerei l) bildeten die Darstellungen
der zwölf Monate ein beliebtes allegorisches Thema,
das immer wieder von den niederländischen Malern,
von den Miniaturisten ebenso wie von den Staffelei-
und den Kartonmalern, für ihre Kompositionen
verwendet wurde.
Vom 16. Jahrhundert an haben derartige Dar-
stellungen mehrfach den Brüsseler Wirkern zum
Anlaß für die Herstellung prächtiger Tapisseric-
serien gedient. Es sei in diesem Zusammenhange
bloß auf einige besonders bemerkenswerte Beispiele
verwiesen, wie die Reihen der sogenannten Lukas-
monate 1), der Monate mit Grotesken 3) und auf
die bekannteste Serie von Tapisserien dieser Art,
nämlich auf die in der Werkstatt der Wirker Everaert
Leyniers und Gillis van Habbecke verfertigtcn
Teppiche der „zwölf Monate". Der Maler der
Kartons, Pieter Thyssens, verwendete dabei eine
Reihe von Skizzen 4) als Vorlage, die Jan van den
l-loecke im Jahre 1650 für Erzherzog Leopold
Wilhelm, den damaligen Statthalter der südlichen
niederländischen Provinzen, angefertigt hatte.
Aus urkundlichen Quellen wissen wir, daß David ll.
Teniers zusammen mit seinem Sohne David lll.
und manchmal auch mit Hilfe anderer Meister zu
verschiedenen Zeiten Entwürfe für Bildteppich-
serien, u. a. mit der Darstellung der zwölf Monate,
gemalt hat5). Es erscheint an dieser Stelle ange-
bracht, jene Angaben aus den schriftlichen Quellen
zusammenzustellen, die sich auf Entwürfe von
Teniers für Monatsdarstellungen beziehen.
l. Vor 1661. ln der Werkstatt seines Vaters malt
David III. Teniers, zusammen mit zwei anderen
Meistern, Kartons für einen aus vier Teppichserien
bestehenden Zyklus mit Darstellungen der zwölf
Monate, des Tages und der Nacht, der vier Jahres-
zeiten und der vier Elemente. Es liegt die Vermutung
nahe, daß sich David lll. Teniers und seine Gehilfen
bei diesen von ihnen ausgeführten Kartons die
Thyssenschen Entwürfe zum Vorbild genommen
haben. Bezüglich der Kartons für den Tag und
die Nacht ist das urkundlich belegt. Außerdem
spricht für unsere Annahme, daß die Teppiche der
zwölf Monate nach Peter Thyssens Entwürfen
gleichfalls zu einem Zyklus: Monate, Tag und
Nacht, Jahreszeiten, Elemente gehörten, wie das
bei den Teppichen der Fall ist, deren Kartons aus
der Teniers-Werkstatt stammen. Aus welchem
Grund der Erzherzog i denn er war auch hier
der Auftraggeber 7 der Teniersschen Werkstatt
diese Kopierarbeit anvertraute, ist uns nicht be-
kannt.
2. 1675. D. Teniers (vielleicht mit David 111. Teniers
identisch) hat in diesem Jahre zusammen mit seinem
Vater David II. Teniers die Kartons für eine von
Ludwig XlV. oder Philipp von Orleans bestellte
Folge der zwölf Monate ausgeführt, nach denen
der Brüsscler Wirker Geraerd Peemans die Gobelins
verfertigte.
3. Am 24. November 1679 schreibt Antoine le Roy
de Saint Lambert aus Antwerpen seinem Auftrag-
geber, dem Grafen Harrach, nach Wien, daß man
in einer nicht genannten Werkstatt eine Monats-
reihe nach Teniersschen Kartons ausführt. Der
Besteller war der Marquis von Vilia-l-lermosa, zu
dieser Zeit Statthalter der südlichen Niederlande.
Merkwürdig an diesem Briefe ist, daß Le Roy
weiter schreibt, der Graf von Pastrana habe schon
eine erste Teppichreihe nach diesen Kartons in
seinem Besitz. Leider erfährt man aber nicht, ob
es sich dabei um neue Entwürfe handelt oder ob
der Wirker die alten Vorlagen (vor 1661 oder 1675)
wieder verwendete.
Auf jeden Fall ergeben sich aus diesem Überblick
zwei Tatsachen:
1.Die Monatsreihen nach Vorlagen der beiden
Teniers erfreuten sich eines besonderen Rufes und
wurden deshalb wiederholt ausgeführt. Unter den
Auftraggebern sind uns Erzherzog Leopold Wilhelm,
Ludwig XIV. oder Philipp von Orleans und der
Marquis von Villa-Hermosa bekannt.
2. Mindestens zweimal, vielleicht dreimal, sind für
solche Reihen in der Teniers-Werkstatt Entwürfe
hergestellt worden.
Eine Frage drängt sich in diesem Zusammenhang
auf: Wo sind diese nach den Kartons aus der Teniers-
Werkstatt ausgeführten Bildteppiche geblieben?
Über die Reihe, für deren Kartons Pietet Thyssens
Vorlagen kopiert wurden, ist uns seit 1667, dem
Jahre ihrer Übersendung nach Wien, nichts mehr
bekannt. in der Gobelinsammlung des Kunst-
historischen Museums in Wien befindet sich eine
im Atelier von Daniel b) Leyniers (Brüssel) ange-
fertigte Folge der zwölf Monate. Dabei sind die
Entwürfe van den Hoeckes in ihren Grundzügen
wieder verwendet worden. Es handelt sich um sechs
Teppiche, auf jedem von ihnen sieht man zwei
Figuren, die allegorischen Darstellungen der Monate,
vor einem Landschaftshintergrund, der die Be-
schäftigung des Menschen in den betreffenden
Monaten zeigt. Auch die Umrahmung entspricht
völlig dem Hoeckeschen Vorbild. Sie besteht aus
reichen Blumen- und Fruchtgirlanden sowie aus
Trophäen aller Art, die von zahlreichen Putten an
den Säulen, der Mittelkartusehe oder einem Archi-
trav befestigt werden. Schon L. Baldass hat in seinem
Verzeichnis der Wiener (äobelins7) festgestellt, daß
die Kartons zu dieser Serie von einem Künstler
aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen.
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