aber traten unvorhergesehene Komplikationen ein,
durch die die Ausführung arg verzögert wurde.
Nicht lange nach dem Abschluß des Vertrages mit
lslefele kam es zwischen dem Abt und seinem
Architekten zu so ernsten Verdächtigungen und
Unstimmigkeiten, daß sie sich schließlich nur mehr
auf dem Prozeßweg bereinigen ließen. Aus den im
Stiftsarchiv von Seitenstetten erhaltenen Akten,
den verschiedenen Memoranden, eingeholten Gut-
achten von Sachverständigen und anderen Doku-
menten läßt sich die Entwicklung, die zu dem
Prozeß führte, und der Hergang der Verhandlung
selbst ziemlich genau rekonstruieren.
Allem Anschein nach begannen die Schwierigkeiten
damit, daß der Bauherr befürchtete, die Kosten
könnten sich im Verlauf der Arbeit noch beträchtlich
erhöhen. Er hatte in dieser Hinsicht bereits einmal
bittere Erfahrungen machen müssen, denn „in
Maria Taferl ist der Uberschlag auf 50.000 fl.
gemacht worden, hernach ist er auf 92.000 H.
kommen, welches ich nicht zahlen kunte",
schreibt der Abt in diesem Zusammenhang. Es
schien ihm verdächtig, daß Hefele den Altar nicht
selbst auszuführen gedachte, sondern die einzelnen
Teilarbeiten an andere Künstler vergab. XlVahr-
scheinlich glaubte er daraus die Möglichkeit einer
späteren Verteuerung ableiten zu können. Außer-
dem hatte Abt Dominikus auch an Hefcles Entwurf
allerlei auszusetzen und ging schließlich so weit,
daß er an den künstlerischen Fähigkeiten seines
Architekten zu zweifeln anfing und das gute Ge-
lingen des Unternehmens in Frage gestellt sah.
Um beurteilen zu können, ob die Bedenken des
Abtes zu Recht bestanden und Hefeles Projekt
tatsächlich als fehlerhaft und undurchführbar zu
gelten hatte, war jedoch die Kenntnis des Maß-
stabes unerläßlich. Diesen wußte natürlich bloß der
planende und leitende Architekt Hefele allein und
mußte unter den gegebenen Umständen dessen
Bekanntgabe als unannehmbare Zumutung empfin-
den: „Was aber den Maßstab anbetrifft, so beharre
ich, daß ich selben so lang nicht aus handen zu
lassen jemahlen gehalten bin, bis auch nicht von
Gegenseit mit der Kontrakt zugehalten wird",
schreibt er später in seinem Memorandum an das
Gericht.
So zogen sich die Streitigkeiten bis in den Spätherbst
des Jahres 1751 hin und waren inzwischen bereits
zum Wiener Stadtgespräch geworden. In einem
Brief aus Wien vom 24. November 1751 „um 12 Uhr
bei der Nacht" schreibt Pater Joseph Schaukegl
(Konventuale von Seitenstetten) an Pater Gerardus
nach Sonntagberg: „ln allen Kaffee- und Bier-
häusern geht die red von den Altar und nennt ihm
überall dass Castrum doloris 2) von Sonntagberg,
ich habs mit meinen ohren gehöret von einer
Persohn die mich nicht gekennet." A- Diese Be-
merkung ist kulturhistorisch interessant, geht daraus
doch die starke Anteilnahme breiter Kreise der
Wiener Bevölkerung an einem künstlerischen
Ereignis hervor.
Es blieb schließlich keine andere Möglichkeit
mehr, als durch einen gerichtlichen Schiedsspruch
dem Streit ein Ende zu bereiten, wollte man die
Ausführung des so wichtigen Vorhabens nicht
noch mehr verzögern. Am 11. Dezember 1751