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Volltext: Alte und Moderne Kunst VIII (1963 / Heft 66)

trätisten unseres Jahrhunderts machen. Aus der ganzen Welt kommen Kunst- 
freunde zu ihm, um sich in Bronze oder Marmor verewigen zu lassen. Auch 
das geistige Europa lebt in seinen Büsten: Böcklin und Nietzsche, Strindberg 
und Verhaeren, Gerhart Hauptmann und Stefan Zweig, Wildgans und Dehmel, 
Romain Rulland und Rainer Maria Rilke, Richard Strauss, Max Reger und 
Wilhelm Kienzl, Engelbert Hurnperdingk und Joseph Marx, Willem Mengelberg 
und Felix Weingartner, die Päpste Pius XL, Pius XII. und Johannes XXUL, 
clie Bundespräsidenten Renner, Körner und Schärf, die Bundeskanzler Dollfuß, 
Schuschnigg, Figl, Raab, um nur einige Namen zu nennen. 
Ambrosi ist aber nicht nur bildender Künstler, der in Z3 Handwerken zu arbeiten 
gewohnt ist, seit seiner Jugend führt er Tagebücher, geschrieben in seiner kunst- 
untl ausdrucksvollen Schrift, einer klaren, durchdachten Antiqua. In den Dich- 
tungen liebt er, wie in der Bildhauerei, die strengen klassischen Formen: Sonett, 
Terzine, Hymne. Er schreibt seine inneren Monologe nieder, wie sie ihm einfallen. 
Dann dauert es Jahre, bis er Zeit Findet, die erste Niederschrift zu überarbeiten. 
ln rler Fülle der Bildhauerarbeit bleiben die Dichtungen immer wieder liegen. 
 
Guslinus Ambnysi. 
Gustinus Ambrosi, 
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hcxlig: Sebastian, Bronze 
- Seinem Werk Knin 
 
Deshalb sind bisher nur vier Bändchen verößientlicht worden: „Sonette an Gott" 
(1923), „Sonette vom Grabe einer Liebe" (1926), „Einer Toten" (1937), „Das 
Buch der Einschau" (1960, Verlag Georg Prachner, Wien). 
„Liebst du mich - oh, so laß mich arbeiten!" Dieser Spruch stand nicht nur 
über Ambrosis Türe zu seinem Prateratelier, er steht, unsichtbar, über seinem 
ganzen schicksalsschweren und mühevollen Leben. Der Siebzigiährige blickt 
auf weit über ZOOO Werke zurück, die in rund 50 Städten in aller Welt stehen. 
Diese Leistung ist um so höher zu werten, weil sie in der Zeit zweier Weltkriege 
und vieler schwerer Nachkriegsjahre vollbracht wurde. 
Das Ende des Krieges im April 1945 hat Ambrosi besonders schwer getroffen: 
drei seiner Wiener Ateliers wurden zerstört und geplündert, wobei 663 XVerke 
vernichtet oder beschädigt wurden. Aber auch dieser zum Großteil unersetzliche 
Verlust hat seinen Titanenwillen nicht zu brechen vermocht. Fast zwei Jahre 
lang arbeitete der Bildhauer in Todesnot unter zum Einsturz drohenden Dächern 
in Schutt, Mist, Glassplittern und Staub, um die Trümmer der durch den Bomben- 
druck zerstörten und beschädigten Werke zu sichten und das Brauchbare zu 
bergen. Er machte aus Dachstuhlbrettern Kisten, verpackte die Werke und 
Trümrnerteile und führte sie in Räume, die ihm die Technische Hochschule 
und Fürst Liechtenstein in Wien zur Verfügung stellten. Dabei spannte sich 
Ambrosi selbst vor den Wagen und zog so dreiunddreißigmal eine halbe Tonne 
aus dem Prateratelier in Sicherheit. 
S0 wie Rodin in Paris, Thorwaldsen in Kopenhagen und Canova in Bassano ihrem 
Volk und der Menschheit ein Museum mit ihren Werken hinterlassen haben, 
so wünschte es schon lange Ambrosi auch in Wien zu tun. Im Jahre 1946 bot 
er 165 Werke dem österreichischen Staat als Geschenk an; als Gegenleistung 
verlangte der Künstler nur ein neues Atelier mit einem Museumsbau für die 
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