Buchbesprechungen
Michel seuphar. Ein halbes Jahrhundert
abstrakte Malerei. veriag Droemer-Knour.
Miinchen-ziirich 1962, 319 seilen. 530 Ab.
bildungen. davon 322 in Farben. Verkaufs
preis s zss. e. DM 39.50.
in osierr . h isi der Autor dieser wollt bisher
urniangreehsien und gründlichsten Ge-
schichte der abstrakten Malerei weder als
Kunstkritiker noch als Zeichner unbekannt
geblieben. zwei Ausstellungen seiner hoch-
disziplinierten ..dessins a lacunes" in den
wiener Galerien sl. Stephan und Würlhle
boten Gelegenheit zurn Einblick ins werk
eines empfindsamen Kiinsiiers. der Ge-
schichte miterlebte und Geschichte rnachle.
Michel seuphar kenntviele der von ihi-n ge-
nannten und gewerteten Künstler persönlich
und hat als Schafferlderwie als Erklärender in
eigener Person an entscheidenden Mani-
teslaiionen der abstrakten Malerei teil-
genommen. seine freundschaftliche Ver-
bindung zu den Kreisen von Arp und Mon-
drian tSl bekannt. Bekanntlich wird ihm auch
die Formulierung des Wortes "Tachismus".
abgeleitet von .,tache"-Fleck. zugeschrieben.
Dem mit beiden Beinen mitten im Meinungs-
slreil Stehenden ist eserstaurllich gut gelungen.
eine unparleiische Darstellung von fünf
dramatischen Jahrzehnten der Malerei zu
geben. die er in drei wesentliche Zeitab-
schnitte unterteilt: in die Periode vor dem
ersten Weltkrieg. die Jahre von 1914 bis1940.
die nach 1940 folgende rapide Ausbreitung.
den blitzschnellen islamischen Eroberungen
vergleichbar.
Für die Gründlichkeit der Recherchen
seuphors kennzeichnend ist e in seiner
"Urgeschichte" der abstrakten Malerei r
das Ausfindigmachen eines dsterreichischen
Pioniers. des im eigenen Lande wenig be-
kannten Leopold Staibu (186371929). Vor
einigen Jahren wurden vern Kupfersiich-
kabinett der Wiener Kunstakademie ver-
dienslvollerweise Stolbas aparte Strukturen
ausgestellt. um auf die geistige Priorität
eines Jugendstil-Dubuffel hinzuweisen.
Seuphor zeigt eine glückliche l-land im For-
mulieren von Gleichnissen. S0 stellt er sehr
anschaulich die abstrakte Kunst im IO. Jahr-
hundert als Triptychon dar: in der Mitte
der (abstrakte) Impressionismus. also sinnliche
Feinheit. auf einer Seite die informellen.
also unkontrollierbarer Impuls. auf der
anderen die kühle Konstruktion. Die Dreiheil
dann betitelt ..Ausdruck, Stil. Harmonie".
ln englischer Sprache erschien das gleiche
wohiausgestaltete. auch drucklechnisch vor-
bildliche Werk im Verlage Abrams. Amster-
dam und New York. A. N.
Wcrkmonographieii zur bildenden Kunst in
Reclams Universal-Bibliothek. Herausgeber
Carl Georg Heise.
Ernst Wilhelm Nay, Akkord in Rot und Blau
1958. Einführung von Max lmdahl.
Wassily Kandinsky. Kleine Welten. Ein-
führung von Peter Anselrrl Riedl.
Je 32 Seilen mit a resp. 16 Bildtafeln. Philipp
Reclam jun. Stuttgart 1962. Bibliotheks-Nr. SO
resp. 7B.
Meisterwerke der bildenden Kunst aller
zeiten in genauen Einzeianoiyseri darzu-
stellen und zu interpretieren. ist die Aufgabe
der "Werkmanagrophien". Die beiden zur
Diskussion stehenden Biindchen folgert einem
konsequent durchgehaltenen Schema: In
einer ausführlichen und gründlichen Ein-
iellung stellt der Kommentator Wesen und
Werden der behandelten Kunstwerke unter
Berücksichtigung aller faßbaren Zusammen-
hänge und Voraussetzungen dar. Das Mittel-
stück des Buches wird vom Tafelleil gebildet.
der (im Falle Nay) das eigentliche Werk
und die als varoussetzung dienenden Vor-
studien oder (im Falle Kandinsky) die Einzel-
glieder eines Zyklus darstellt. Am Schlüsse
stehen Kommentare der Künstler selbst und
Literaturhinweise. Ein erfolgreiches Unter-
fangen! eka-
Die Kunst als Ausdruck ihrer zeit. Eine Be-
trachtung abendländischer Bilddarstellung
aus 2000 Jahren zur Erkenntnis des Zeit-
geisies. Zusammengestellt und karnineniierl
iion Dr. Annl Wagner. verlag Karl Thiemig
KG München (tsoz). 192 Seiten. zahlreiche.
größtenteils farbige liiusiraiianen. Ln.
Das Thema dieses Buches gehpri zu den
heikelsten und urnsiriliensien der Kunst-
geschichte überhaupt. wissen wir doch alle.
in welch schrecklich banaler, billiger weise
die rrage, inwieweit "Zell" und nlcunsi"
gleichzusetzen sind. beantwortet werden
kann. und wie groß andererseits die Mög-
lichkeit ist. den Boden der Anschauung
durch Sich-Ergehen in pseudapiiiiosophischen
Spekulationen zu verlieren.
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Die Verfasserin iiai einen ebenso einfachen
wie erstaunlichen Ausweg aus dem Diierrirria
gewählt sie geht auf die Problemstellung
praktisch überhaupt nicht ein. sondern gibt
eine sehr allgemeine und flüchtige Ein-
führung in die Geschichte der abendländi-
schen Malerei von der librnerzeit bis zu
unseren Tagen. Wie wenig sie versucht. in
die Tiete zu dringen. wie konventionell sie
bleibt. geht gleich aus dem ersten Kapitel
hervor, in dein sie die Malerei der Römer
als Manifestation einer ..lebensfrahen. dleSr
seitigen Leizensauffassung" hinsleiil. Hat
Frau Dr. Wagner denn um Gottes Willen
nicht Schefolds wichtige Arbeit _..Pompeia-
nlsche Malerei Sinn und ldeengeschichte"
(Basel 1951) gelesen. in der genau dargestellt
wird. dciß der Sinn der romischen Malerei
ein durchaus esoterischer. ienseitsbezogencr
ist,
Und wenn sie irn Kapitel ..Niederländischer
Realismus im 15. und 16. Jahrhundert" auf
Hieronymus Bosch zu sprechen kommt. hat
man den Eindruck. sie habe van Wilhelm
Froengers Forschungen nicht eininai vom
l-lorensagen etwas vernommen. Im gleichen
Abschnitt fängt sie die Bälle. die der
große Huizinga ihr zuspielt. nicht gerade
geschickt.
Trotzdem ist das bestens ausgestattete Buch
nicht ohne Meriten; sie liegen vornehmlich
in der Kraft zu einer zwar slrnplitizierenden,
aber dclch sehr anschaulichen Darstellungs-
weise. die dazu angetan ist. den garlzDummen
(eben denjenigen. die sich ein teuer aus-
gestattetes Buch leisten können. ohne des
Lesens und Schreibens spnderlich kundig zu
sein) einen breiten. bequemen Weg zur
bildenden Kunst autzuschließen. Sollte diese
Publikation so gemeint sein. wollen wir
unsere Anwurfe gerne zurückstellen.
Kölier
Reihe ..Zeit und Farbe". Eine Einführung in
die Malerei aller Zeiten und Völker. Heraus-
gegeben von Heinrich Neumayer. zweite
Folge: Frühzeiten der Malerei. veriag
Brüder Roserlbaum. Wien (1962). Jeder Band
mit 14 Farbtafeln.
ttoxane Cuvay: Höhlenmalerei. Heinrich
Neumayer: Malerei Agypiens. Etla Becker-
Danner: Präkoiumbische Malerei.
Diese kartonlerten Bändchen sind sämtlich
von Autoren verfaßt. die für thre Arbeit
alle nötigen fachlichen Qualifikationen init-
brrngen. aber berühmteren Zeitgenossen
gegenüber einen unendlichen Vorteil haben:
sie sind nicht aus- und lalgeschrieben und
daher in der glücklichen Lage. das. was sie
zu sagen haben. mit aller Frische vorzu-
tragen.
Die Hündchen sind so angelegt. daß eine
kurze. zehn Druckseiten umfassende Ein-
teilung eine allgemeine Einluhrung in die
Materie zu geben versucht; die Bildtafeln
sindjeweilsvon einem ausführlichen Kommen-
tar begleitet. der die Besonderheiten der
einzelnen Werke hervorhebt. Wenn wir den
Versuch unternehmen. das beste der drei
an sich fast gleichwerigen Werkchen zu
nennen. so muli unsere Wahl auf Etta Becker-
Danners "Präkolurnbische Malerei" fallen:
hier ist die Tafelkommentierung von strenger
wissenschaftlicher Akribie (Formatangaben.
Farbbeschreibungen etc.) und hervorragen-
der Kraft zur Veranschaulichung A alles
in allem Wissen aus erster Hand. -kö-
Erbdrmt euch der Frauen - Ayez Pille des
Femmes. Lotte Profohs. Kunstverlag Wolfrum.
Wien (1961).
Ein Buch. das ungewöhnlich ist seinem Inhalt
und seiner Aufmachung nach: seine 44 Seiten
werden zu Trägern sehr kompromißloser
Rohrfederzeichnungen. deren Autonomie
durch keine Zeile Text. durch keinerlei
Paglnierung gestört wird. Noch dazu kann
das Werk ctuselnandergezogen werden wie
ein Harmonikabalg. so dal} die geistige
Kortldtinuitat der Bilder auch tarrnai evident
wir .
Lotte Prafohs überträgt die ..nouvelle vaguc"
von Film. Theater und Literatur auf das
Gebiet der bildenden Kunst. "Nouvelle
vagua" deshalb, weil hier wie dort das
Erotische im Mittelpunkt des Interesses steht.
in der völlig ungeschrninklen, ia sadistisch-
masochistischen Form einer Selbslenthiiilung
in so weitgehendem Maß, daß die Grenzen
eines "normalen" Exhibilionlsmus und damit
auch die letzten Fesseln eines schlechten
Gewissens hinweggesprengt werden: Liebes-
gier. Trunkenheit. Prostitution. Verk tippe-
liirlg. Schwangerschaft. wiederum Liebes-
hurlger. Geburt. lesbische Begegnung. Ver-
zweiiiung. Prusiitulian. spiel. Ekel, lesbische
Begegnung e das sind die schwer faßbaren
Positionen eines fatalen Reigens. der um-
gaukelt ist vorn Geschwärm dunkler Vögel , ..
Die Kunsllerin kommt in der Bewältigung
von Fläche, Arbeitswerkzeug und Medium
nahe an Ostaslatisches heran. so sehr be-
herrscht sie die Leere des Bitdraumes. die
Weichheit der Rohrfeder. die Durchlichtungs-
müglichkeiten der Tusche. Sie hort nie auf.
in sublimen Sinn "Noturoiist" zu sein. aber
sie verdichtet und verdünnt ganz nach
Notwendigkeit e das Bildhafte zum Zeichen-
haften. ist monumental und oi-iiameniol
zugleich. erobert die Bildfläche. ohne sich
in ihr zu verlieren. stilisiert. ohne sich irn
Geschnorkel zu verirren.
Vor allem aber: Ihre Leistung ist eine parallel
zur Literatur, kein Abklatsch. kein An-
harigscl: unter ihrer Künstlerhand erblühen
die Fteurs du Mai der Milte des 20. _J_dnr-
hunderts im Zeichen orchideenhaften Ubel-
geruchs. Kölier
Abhandlungen und Berichte des Staatlichen
Museums für Volkerkunde Dresden. Band 11.
Akademie-Verlag Berlin 1962.
Veröffentlichungen des Museums für Völker-
kunde zu Leipzig. Heft 11. Beiträge zur
Völkerforschung. Hans Damm zum 65. Ge-
burtstag. Akademie-Verlag Berlin 1961.
Jahrbuch des Museums fur Volkerkunde
Leipzig. Band XIX. Akademie-Verlag Berlin
1961.
in den .,Abhandlungen und Berichten"
findet sich ein Aufsatz von Siegfried Wolf.
,.Die GelbguB-Kbpfe der Dresdner Beni
Sammlung. Beschreibung und Vergleich".
Was den Nichtfachmann an dieser Arbeit
interessiert. ist vor allem die Veröffentlichung
der Ergebnisse des Versuches. die Kopfe
innen abzugielien; sie wurden schließlich
im Original im Cire-perdue-Verfohren her-
gestellt und es ist hochinteressant zu sehen.
wie die Formen beschaffen waren. nach
denen der Gut} erlalgie. Die rekonstruierten
Formen haben die Knappheit und Prägnanz
von Kykladenidolen und sind mit einem
Maximum an Präzision und einem Minimum
an Details gearbeitet. im Prinzip stehen SICh
zwei Gestaltungsmöglichkeiten gegenüber:
Es gibt Gebilde. bei denen die Details der
Endaiisluhrung kaum angedeutet sind. wah-
rend bei anderen Kern und Schale einander
weitgehend ähneln. Es bleibt eine offene
Frage. ab sich in dieser technischen und
stilistischen Veränderung ein Moment histo-
rischer Entwicklung offenbart.
in der gleichen Publikation berichtet Walter
Böttger. Leizpig. über das neu eroffnete
Museum für Chinesische Geschichte in
Peking. Die Ausstellungsfläche beträgt
BOOO Quadtjatmeter. die Zahl der Objekte
B077. Der Uberblick reicht vorn ersten Auf-
treten des Peking-Menschen bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts. Die Aufteilung und Gliede-
rung crfalgt selbstverständlich noch marxisti-
schen Prinzipien der Geschichtsforschung. die
Aufgabe des Museums liegt im Ansporn .,zu
weiteren Großtaten für ihre (der Chinesen.
Arlm. d. Red.) neue Gesellschaft". Die Be-
sucherzahlen (SOOO-GOOO Menschen pro
Taglll) lassen das Museum als wirksames
Instrument für die Meinungsbildung großer
Valksmassen erscheinen. in "Beiträge zur
Volkerforschung" berichtet der gleiche
Autor über die Restaurierung einer seltenen
japanischen Emma-O-Plastik. die im ver-
gangenen Krieg schwer beseheidial worden
war; gleichsam als Fortsetzung zu diesen
Ausführungen brachte Böttger iin Jahrbuch
seines Museums einen Artikel heraus, der
sich mit der Frage befoßt: ..Welchem Zweck
diente die Leipziger Emma-O-Plasliki"
Böltger geht von der Beobachtung aus.
daß bei diesem Werk. der Darstellung eines
Höllentürsten. kopr und Hände ursprünglich
beweglich waren. Auch das Vorhandensein
von Schali-Lochern kannte festgestellt werden.
Böllger gibt nun in gedrangler Zusammen-
fassung einen weltweiten Uberblick über
Geschichte und Sinn der beweglichen Figuren
aller Zeiten und Länder. ohne iedach zu
bindenden Schlüssen für das Leipziger
Exemplar zu kommen. Koller
NEUES VON DER ..SCHROLL-
PRESSE"
Vor zwei Jahren wurde vom Schrott-Verlag
in wien eine graphische Werkstatt. die
"Schreit-Presse" eingerichtet. die es Künstlern
ermdglichen sollte. sich niil der Druck-
graphik auseinanderzusetzen. van insgesamt
siebzehn Malern brachte die Schrott-Presse
inzwischen originaigraphiken heraus. die
in einer Auflage von durchschnittlich
so Exemplaren gedruckt und van den
Künstlern handsigniert und numeriert wur-
den. Einige Namen sind Paul Flora. Anton
Lehmdcn. der Pole Tadeusz Lapinski. Hans
Fronius (der seine erste Farblithographle
schuf). Hans Staudacher. Johann Fruhmonn,
Mario Decleva und Ernst Fuchs. Die von der
Schrott-Presse herausgegebenen Blätter sind
im Kunsthcindei zu einein Durchschnitts-
preis van s 390.- erhältlich. (Abbild. p)
BERICHTIGLIAKJEN
l.
Zu dem Bzitmg Eduard jascf li iiiiiiier
e mit Kiitlsllcr der Wien" ileriiuii
zuständiger Slrll: rriiitireii iirir. dtzß
llrriiiiiissiriiiiiig iii Part: m37 Ediii
wiriiriier-wisriiti riiir einen Teil de
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Bei dem Beitrag Vüll EflSrlbtlfl Rür.
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GALERIE
AM
MICHAELERPLA
EINKAUF VON ALTEN SlLl
UND GOLDGEGENSTÄNI
ANTIQUITÄTEN. MÖBEI
BILDERN UND KLEINKU
WIEN I, KOHLMARKT
ECKE MICHAELERPLA
TELEPHON 63 75 71
Marlo Decieva.
Lithographie in ii
ben. SOxÄOcmJEI
plare. DM es. .2