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Volltext: Meißener Marken: Original, Imitation, Verfälschung, Fälschung

ZWIEBELMUSTERDEKORE 
Seit der ersten Erwähnung des sogenannten „Zwiebelmusters“ in den Meißener Akten 
(1739) erfuhr dieser Dekor - in mehr oder weniger stark abgewandelter Form - eine un 
glaubliche Verbreitung. 
Die Unterglasurmalerei in Blau hatte in Meißen anfangs bekanntlich beträchtliche Schwierig 
keiten bereitet; für das Jahr 1739 nennt Rückert (1966, S. 123) eine „neuerliche Verbesse 
rung der Glasur: Von da an hörten die Klagen über die Blaumalerei auf“. Man wird daher die 
manufakturmäßige Erzeugung des unterglasurblauen Zwiebelmusters kaum vor 1739 anset 
zen dürfen. 
In der Fachliteratur über Meißener Porzellan schreiben die Experten immer wieder vom chi 
nesischen Vorbild, das den Meißener Malern für den Zwiebelmusterdekor gedient habe, oh 
ne daß jedoch ein einziger dieser Autoren ein solches vorbildhaftes chinesisches Porzellan 
abbilden würde. Karl Berling (1911, S. 53) erwähnte immerhin, daß das „Dresdner Kunstge 
werbemuseum . . . eine chinesische Porzellanschale“ besitze, „die aus dem ersten Drittel 
des 17. Jahrhunderts stammen mag und dieses Muster in Unterglasurblau zeigt.“ In einem 
kürzlich erschienen Aufsatz bildet Adalbert Klein (1980, S. 22) einen Teller ab, der das uns 
wohlbekannte Motiv trägt, von Klein nach China lokalisiert und in den Beginn des 18. Jahr 
hunderts datiert wird. Weitere Beispiele sind mir aus der Literatur nicht geläufig, und ich wäre 
den Ostasienexperten für weiterführende Plinweise außerordentlich dankbar. 
Die ältesten ihm bekannten Kopien des ostasiatischen Motivs datiert Karl Berling in die Mitte 
der 1740er Jahre (Berling 1911, S. 53), und er geht auch auf die Abweichungen des Meiße 
ner Dekors gegenüber dem ostasiatischen Vorbild ein: „Als Vermutung möchte ich nun aus 
sprechen, daß um 1745 der oben erwähnte Kretzschmar zum ersten Male diesen oder einen 
sehr ähnlichen Teller in Meißen kopiert hat. Fig. 104 zeigt dieses Muster aus etwa dieser 
Zeit. Es ist gegen das chinesische Vorbild etwas vereinfacht, weniger schattiert, keineswegs 
wörtlich übertragen. So zeigen sich z. B. dreimal auf dem Rande vorkommende akanthusar- 
tige Blätter schmaler, spitziger und weniger umgebogen. Mit der Zeit hat sich nun dieses 
Muster starke, ihm nicht zum Vorteil gereichende Abänderungen gefallen lassen müssen. 
Die Früchte auf dem Rande, die früher nur nach innen zeigten, sind jetzt nach innen und au 
ßen gerichtet, die Zeichnung ist bezüglich des Schattengebens noch mehr vereinfacht und 
verflacht (Fig. 105). Noch weiter ist die Stilisierung der zum Teil nicht mehr ganz verstande 
nen Formen gegangen in dem noch zu unserer Zeit verwendeten Muster (Fig. 106), bei dem 
auch am unteren Ende des Bambusstabes das Schwerterzeichen zu sehen ist. 
Fig. 107 endlich zeigt einen von Sturm Ende des 19. Jahrhunderts unternommenen Ver 
such, das Muster bei Beibehaltung der Grundform durch eine andere Verteilung und andere 
Früchte und Blüten abzuändern“. Soweit Berling — die von diesem Autor angesprochenen 
Abbildungen aus seiner Publikation über die Meißener Manufaktur wurden von mir reprodu 
ziert, da Meißener Zwiebelmusterteller aus der Mitte des 18. Jahrhunderts außerordent 
lich selten sind und da man gerade anhand der von Berling gezeigten Beispiele gewisse Ver 
schiedenheiten ausgezeichnet feststellen kann: so ist zum z. B. erkennbar, daß bei den of 
fenbar älteren Meißener Zwiebelmusterdekoren alle Motive der Fahne vom äußeren Rand 
nach innen gewendet angeordnet sind - die Zweige, Blätter und Blüten ebenso wie die drei 
Früchte (Pfirsich, Granatapfel und melonenförmige Frucht). Der bei Zimmermann (1926, S. 
161) abgebildete Teller dürfte mit dem bei Rakebrand (1958, Abb. 28, S. 33: „Teller mit dem 
ersten Zwiebelmuster um 1740“, Porzellansammlung Dresden) identisch, mit dem bei Ber 
ling (1911, S. 50) reproduzierten sehr verwandt sein. 
Diesen Beispielen nahe kommt auch der bei Berling schon früher publizierte Teller (Berling 
1900, Fig. 177, S. 120) sowie ein weiterer (Berling 1900, Fig. 178, S. 120), der allerdings be 
reits eine andere Anordnung der drei Früchte (als eines der charakteristischsten Merkmale) 
zeigt. 
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