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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 222)

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Christo geschrieben und ungemein werthvoll, da die bisher bekannten 
ältesten Handschriften des Thukydides erst aus dem ll. Jahrh. n. Chr. 
stammen. Mehrere Stellen des Fragmentes sind für die Kritik von Wich- 
tigkeit, indem sie noch unbekannte Varianten und zwei interessante Inter- 
linearglosseme bieten. 
Die glückliche Auffindung eines lateinischen Papyrus 'aus dem 
5. bis 6. Jahrh. n. Chr. eröffnet nunmehr eine siebente Sprachengruppe 
der Faijümer Urkunden. Hochwichtig sind die griechischen Evangelien- 
Fragmente des 4. Jahrhs., welche einen Text bieten, der an Reinheit 
selbst den des gleichzeitigen Codex Siuaiticus übertrifft. Eine besondere 
Specialität bilden die Zauberpapyrus. Diese zeigen einen eigenthüm- 
lichen Synkretismus der deistischen Vorstellungen der Aegypter, Hebräer 
und Griechen. 
Auf die Aufzählung einzelner wichtiger Papyrus (wir nennen z. B. 
eine Bürgschaftsurkunde aus dem ersten Jahre des Kaisers Anastasius), 
müssen wir bei ihrer Menge verzichten; es seien nur noch die große Anzahl 
datirter griechischer Stücke vom Jahre 203 bis 69g n. Chr. und weiter 
die arabisch-griechischen bis zum Jahre 909 n. Chr. bemerkt. Unter den 
letzteren fand Prof. Karabacek als weitere Belege für das auch in der 
islamitischen Epoche fortgesetzte literarische Streben in Faijüm bisher 
18 Fragmente von Traditionen, darunter eine, welche die nahezu 
gleichzeitige Aufzeichnung zweier Spott- und Lobverse des berühmten 
salyrischen Dichters am Chalifenhofe zu Damascus, Dscherir (T 728), 
enthält, und zwar in ihrer ursprünglichen Fassung, bevor sie in das große 
"Buch der Gesängen des lsfahani (879-967 n. Chr.) überging. Die 
Papyrus dieser Gruppe enthalten ebenfalls ein überreicbes wissenschaft- 
liches Arbeitsmaterial, so neben politischen Documenten z. B. aus der 
Regierungszeit des Cbalifen l-Iarun al-Raschid, und neben revolutionären 
Flugschriften auch Privaturkunden und weitverzweigte Correspondenzen, 
die selbst bis nach Mekka reichen. Das jüngst datirte Stück vom Jahre 
909 n. Chr. ist ein großer wohlerhaltener Ehescheidungsbrief für die 
Tochter eines Mönches, interessant wegen des Scheidungsgrundes und der 
juristischen Fassung des Wortlautes. Wohl sind bisher schon an 1500 
Papyrus, zur Hälfte vollständig erhaltene Urkunden, geordnet und bestimmt, 
-- an sich ein reicher Schatz, und doch ist dies nur ein verschwindender 
Theil dessen, was noch zu bewältigen ist. So mag denn auch die Hoff- 
nung berechtigt sein, dass bei fortschreitender Arbeit, über die wir 
gelegentlich berichten wollen, sich neue, für die Wissenschaft gleich 
bedeutsame Funde ergeben werden. 
 
Fortsequng auf der Beilage.
	        
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