WILHELM MRAZEK
Eine Sammlung
mittelalterlirber
Jpanisrber" Kunst
in Wien
1 Madonna mit Kind. Katalonien, um 1300
2 Madonna mir Kind, spanisch. 14. 111.,
Polvchronxierurlg 1a. Jh.
s Madonna mit Kind. spanisch. 14. in.
Zu Ende des 19. Jahrhunderts war Wien nicht nur
eine Stadt der Museen, sondern auch eine der Kunst-
sammler und Kunstliebhaber. Zahlreiche Privat-
sammlungen ergänzten das öffentliche Musealwesen,
das mit der Konzentrierung der Sammlungen des
allerhöchsten Kaiserhauses auf der Wiener „Museums-
insel", dem Hofburgkomplex, seinen Höhepunkt
erreicht hatte. Der Finanzadel und das Großbürger-
tum fühlten sich verpflichtet, ihr Kunstinteresse
durch den Erwerb von Kunstgegenstanden aus der
Vergangenheit zu dokumentieren. Das große Vorbild
des kaiserlichen Hofes und die Verwurzelung mit
der Tradition ließ private Sammlungen entstehen,
die weniger Spezialgebiete bevorzugten als vielmehr
in die Breite gingen. Aus allen Gebieten der bildenden
Künste und des Kunsthandwerks und aus allen
Zeiten wurden die Objekte zusammengetragen.
Spitzenstücke und das Kunterbunt unbedeutender
Objekte füllten oft beängstigend die Zimmer,
die Laden und Schränke der Privatwohnungen. Die
bekanntesten Sammlungen waren die des Dr. Wein-
berger, des Herrn von Benda, des Barons Rothschild
und vor allem die des Dr. Figdor.
In den Katastrophenzeiten nach dem ersten Weltkrieg
fanden diese Sammlungen zumeist ein unrühmliches
Ende. Mit wenigen Ausnahmen wurden sie auf
Auktionen versteigert und in alle Winde zerstreut.
Figdor, dessen unter Bedingungen angetragene
Schenkung refiisiert wurde, ließ seine einmalige
Sammlung auf mehreren Auktionen in ganz Europa
versteigern. Nur das Sammelsurium blieb zurück
und gelangte in ein ("Hentliches Institut.
Die zunehmende Konsolidierung der wirtschaft-
lichen Verhältnisse und die Aufwertung der Kauf-
kraft des österreichischen Schillings ließ auch das
Samrnelwesen Wieder erwachen. Zwischen den
beiden Weltkriegen entstanden eine Reihe von
Sammlungen, deren Ziele sich jedoch wesentlich
von denen der vorausgegangenen Sammlergeneration
unterschieden. Jetzt sammelte man nicht mehr in
die Breite, sondern konzentrierte sich auf Spezial-
gebiete, auf thematisch begrenzte Sammlungs-
gruppen.
So entstanden auf dem Gebiete des Wiener Por-
zellans die Sammlungen Rorhberger, Karl Mayer,
Redlich, Blech-Bauer und Cahn-Speyer. Auf dem
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