Das Museum besteht heuer, 1963, genau 30 Jahre. Zwei grundsätzliche
museale Erfordernisse wurden jedoch von Anfang an nie berück-
sichtigt. Da ist zunächst die DEpMfrage. Das Museum hat nie ein Depot
besessen und kann an seinem gegenwärtigen Ort auch nie eines erhalten.
Was dieser Mangel für einen geordneten wissenschaftlichen Betrieb
bedeutet, kann nur ein Museumsfachmann richtig ermessen.
Das zweite Problem sind die begrenzten Raururerbältzlixre.
Wie jedem anderen, wachsen auch dem Diözesanmuseum ständig neue
Objekte zu. Bei der vorhandenen Raumenge kann von einer geordneten
und wirkungsvollen Aufstellung der Neuerwerbungen längst keine
Rede mehr sein.
Auch ein planroller flurhau des Museums muß aus den gleichen Gründen
nach Lltopia verwiesen werden, obwohl ein solcher dringendst not-
wendig wäre, da die Exponate des Museums mit dem 6. Jahrzehnt des
vorigen Jahrhunderts enden. Das bedeutet für den Museumsbesucher,
daß die Fortentwicklung der religiösen Kunst seit den Wiener Ro-
mantikern Führich und Kupelwieser nicht mehr anschaulich gemacht
werden kann.
Muß da nicht dem Leser die Mahnung Goethes in „Wlinckelmann und
sein Jahrhundert" in den Sinn kommen?
„Museen, zu denen nichts hinzugefügt wird, haben etwas Grab- und
Gespensterartiges; man beschränkt seinen Sinn in einem so beschränkten
Kunstkreis, man gevaöhnt sich, solche Sammlungen als ein Ganzes
anzusehen, anstatt daß man durch immer neuen Zuwarli: erinnert werden
sollte, daß in der Kunst wie im Leben kein Abgeschlossenes beharre,
sondern ein Unendliches in Bewegung sei."
Dieselbe Raumenge verbietet dem Leiter des Museums die Durch-
führung von llyerlmlaurrlrllungen. Genau das wären jene Veranstaltungen,
durch welche das Museum einem breiten Publikum anziehend gemacht
werden könnte. Es wird zu zwei Drittel von Ausländern besucht.
Sie kommen gerne, weil unser Museum in allen Kunstführern Wiens
vermerkt ist. Soll man jedoch dem einheimischen Publikum zumuten,
(laß es sich immer im gleichen Kunstkreis umsehen solle?
Es mag hier auch hingewiesen werden, daß die nationalsozialistischen
Machthaber den Museumsbetrieb 1938 bis 1945 nicht wesentlich be-
hindert haben, wodurch dieses lnstitut während der Zeit des Dritten
Reiches zum einzigen kulturellen Werk der Kirche in Wien wurde,
das nicht unterbunden worden war.
Mein Vorgänger, Unim-Prof. Dr. Anrelw Wezßenhqfer, hat sich durch
sorgende Umsicht größte Verdienste erworben. Trotz Bergungsmaße
nahmen während der Kriegsjahre und trotz militärischer Besetzung des
erzbischöflichen Palais im Jahre 1945 haben die beweglichen Museums-
gegenstände keine wesentlichen Einbußen erlitten. 1946 war das
Diözesanmuseum eines der ersten unter den Wiener Museen, welches
seine Pforten dem allgemeinen Zutritt wieder öffnen konnte. Erst die
Nachkriegsjahre brachten dem Museum so große Schwierigkeiten, daß
seine Weiterexistenz sogar ernsthaft in Frage gestellt wurde. Hier
wäre zunächst die Schwierigkeit der Finanzierung zu erwähnen. Do-
tiert von der kirchlichen Finanzkammer der Erzdiözese, muß es mit
einer jährlichen Summe von S 25300,- für den gesamten ordentlichen
Sachaufxivand sein Auslangen Finden.
Den empfindlichsten Schlag erlitt das Museum im Jahre 1950, wo
ihm durch bauliche Veränderungen im Palais kurzerhand zwei Räume
abgetrennt wurden. Seither ist die Raumnot ins schier Unerträgliche
gestiegen. Aus dieser Misere gibt es nur einen Ausweg: für das Wiener
Diözesanmuseum müssen neue Aufstellungsörtlichkeiten gesucht und
gefunden werden. Es ist jedoch sinngemäß, solche nicht außerhalb der
lnneren Stadt zu suchen.
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Da: Diägemnrrlzrreum in der Kirche A0; Hd
ln naher Zukunft würde sich nämlich die einmalige Gelegenheit bieten,
für die Neuaufstellung des Diözesanmuseums die Kirche zu den
Neun Chören der Engel Am llof zur Verfügung zu stellen. Für viele
sicher ein kühner, vielleicht ein allzu kühner Gedanke! Dieses Projekt
würde drei große Vorteile bieten: Durch den Auszug des Museums
aus dem erzbischöflichen Palais könnten die ehemaligen Repräsen-
tationsräume zurückgewonnen werden w ein XVunsch, der schon
längere Zeit besteht. Die jede weitere museale Entwicklung hemmende
Raumnot hätte für immer ein Ende. Und drittens, die Stadt Wien
würde ein Museum ganz besonderer Art gewinnen.
Mit dem Unternehmen, eine Kirche zum Museum umzugestalten, würde
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Minuritevikirrhc in Stein a. d. Donau, Haujuschitf inir
Euiblick in die Ausstellung . lorik in Niederösterreich"
Minoritenkirche in Stein a. d. Donau, Scitcnschiß mit
Einblick in die Anstellung „(Iotik in Niederösterreich"
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