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Volltext: Alte und Moderne Kunst VIII (1963 / Heft 70)

Die Plastik Urteils bezieht sich ausnahmslos auf die Figur 
des Menschen; nicht als ob er von der Meinung ausgegangen 
wäre, die manche Feinde zeitgenössischer Kunst geschickt 
kolportierten, als bestünde das Humanum der Kunst in der 
Darstellung und Interpretation des menschlichen Antlitzes 
und der menschlichen Figur und sei jede Abweichung von 
diesem Thema bereits als Verlust oder Gefährdung der 
Humanitas zu werten (wenn dem so wäre, hätte sich 
diese Katastrophe schon mit jedem Blumen- oder Früchte- 
stilleben der Vergangenheit ereignet); er verformt die 
menschliche Gestalt so heftig und entfremdet sie der 
empirischen Erscheinung. daß die Hypothese möglich ist. 
sie diente ihm als bloßer Ausgangspunkt und Material seiner 
absoluten künstlerischen Formgebung und -sprache; oft, 
besonders in Zeichnungen (und diese gehören wesentlich 
zum Lebenswerk dieses Frühvollendeten), bleiben nur Be- 
wegungsimputse, nur Gestikulationsformeln, nur aufs äußerste 
verformte Fragmente der Menschenfigur, so daß der Eindruck 
entsteht. daß Materie und Thema Mensch nur Anloß und 
Anregung türsein Gestalten. sein Bilden wären. Dennoch dürfte 
diese Interpretation nicht seiner Gesinnung und den Fakten 
seiner Schöpfungen entsprechen. In der Um- und Ausformung 
des Menschen, wie sie Urteil vollzog. lag ein deulender, 
verweisender Zug, und das Gesamte seiner Arbeit an diesem 
Thema bedeutet eine Interpretation großen Stils über das 
Phänomen Mensch. eine Antwort auf die nie ausdrücklich 
gestellte Psalmfrage: „Was ist der Mensch?" Urteil liegt jeder 
Klassizismus fern; er gibt keine abstrakte Definition vom 
sein sollenden Wesen und der normativen Bedeutung des- 
selben; er schafft kein Ideal, dem sich die Fakten zu beugen 
hätten, an dem alles, was Mensch ist. zu messen wäre. Er 
hebt nicht weise und belehrend den Finger (wie alle Klassi- 
zisten tun, die es nicht erwarten können, akademisch zu 
werden). will keinen absoluten Kanon errichten, Urteil 
nimmt den Menschen als Erfahrung. eben in seiner geschicht- 
lichen Existenz; er erreicht Typisches. aber er intendiert es 
nicht. Sein Menschenbild ist fast ausnahmslos dynamisch. er 
sieht den Menschen nicht als Statue, nicht in kultischer Starr- 
heil, als Idol, er siehtihn nicht als zeitlos gültiges Wesen, 
das sich selbst treu bleibt und in allen seinen Zuständen 
eben diese zustündlich überdauert. Er sieht den Menschen 
nicht nur im Gestus. sondern in Fortbewegung belebt; so 
erhält das menschliche Dasein Tendenz. Gerichtetheit, Ge- 
zieltheit (im Thema "Bogenschütze" ist es nicht nur der 
imaginäre Pfeil. der auf ein unsichtbares Ziel hin will, son- 
dern ist es der Schütze selbst, der auf dieses Ziel hin bewegt 
ist). Das Schreiten. Springen, Laufen. Forttliegen ist ein 
Element dieser Figuren, so sehr sie in der Erde wurzeln 
und sich niemals über sie erheben. Die Substanz der Kör- 
perlichkeit verschwindet oft unter der Bewegung: aufs 
äußerste artikulierte Elemente gruppieren sich um einen 
gedachten Kern. haben ihre Angelpunkte. Drehpunkte in 
einem skelettierten Volumen, so daß nur Glieder in Erschei- 
nung treten und der Leib sich unter ihrer Aktion verflüchtigt. 
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