Außer der bei den Brühler Öfen zutage tretenden künstlerischen
Zusammenarbeit von Cuvillies d. Ä. und B. Straub gibt es dafür
noch einen bisher unbeachteten unanfechtbaren schriftlichen Beweis.
Er findet sich in der llI. Serie in dem von Frangois Cuvillies d. J.
herausgegebenen Stichwerk, das gewissermaßen das literarische Denk-
mal der Münchener Hofkunst darstellt: „Ecolc de l'Architecture
Bavaroise" (München 17705.). Als F. 7 gibt es ein von I. N. Magg
stammendes und 1770 datiertes Blatt, auf dem Putten um eine Vase
auf einem Postament spielen; mit der Bezeichnung: „Etude d'un piedroit
dessine' d'apres un model du 8' Straub sculpteur de la Cour(e)." Ein
anderes Blatt (F. 8) mit einer Vase trägt die Unterschrift: „Modelle
par le 5' Straub sous la direction de M" de Cuvillies pere." Die offenbar
engen künstlerischen Beziehungen zwischen Clemens August und B.
Straub sind dagegen schon länger bekannt. Entgegen den Konkurrenz-
entxvürfen von Johann Michael Feuchtmayer (1751) und Ignaz Günther
(1760) führte der Münchener Bildhauer den Hochaltar (1767{68) und
alle Seitenaltäre (l743j44 und 1758[59) in der von Clemens August
in seiner Eigenschaft als Generalpräfekt der St.-Michaels-Bruderschaft
erbauten SL-Michaels-Hofkiche in München-Berg am Laim aus. Die
Bauinspektion dieser Kirche hatte der Kurfürst am 2. Juli 1739 Francois
Cuvillies d. Ä. übertragen, womit der Kreis der von uns aufgezeigten
künstlerisch und persönlich eng miteinander verflochtenen Schicht
von höfischem Auftraggeber und Hofkünstlern sich schließt41).
Den Titel „Hofbildhauer in Cöllen" dürfte B. Straub bald nach der
im Jahre 1741 erfolgten Fertigstellung der Brühler Öfen von Clemens
August verliehen bekommen haben. Sie werden aller Wahrscheinlichkeit
nach sogar der direkte Anlaß dazu gewesen sein.
Frangui: CmiilliäJ z]. ÄÄ, Johann Baptixl .l'tmub und jolmnn Gearg Härll
sind, wie unsere Untersuchung gezeigt hat, die drei Meister der
Zieröfen in Schloß Augustusburg. Mit den Chanovese- und den Dubut-
Härtl-Öfen in der Münchener Residenz als ihren unmittelbaren Vor-
gängern in engem Zusammenhang stehend, ist es in der Tat angebracht,
für sie den kunsthistorisch bisher noch nicht gebräuchlichen Gattungs-
begriE „Bildlmuerüferf einzuführen. XX"as die Brühler Fayenceöfen vor
allen in jener Zeit entstandenen Werken dieser Art auszeichnet, ist,
daß ihre Gesamtkonzeption jeweils einer einzigen auf Cuvillies zurück-
zuführenden Idee entspringt. Durch die bis ins letzte durchdachte
Koordination der Gesamtform mit der Ornamentik und mit den
figürlichen Teilen entsteht eine wirklich vollkommene Synthese im
Sinne des Gesarntkunstwerks. Die Brühler bayerischen Fayenceöfen
gehören nicht nur zu den schönsten Werken der deutschen Groß-
keramik des 18. Jahrhunderts, sondern auch zu den künstlerisch über-
zeugendsten Zieröfen des gesamten europäischen Rokoko. Das ist
zugleich ein beredtes Zeugnis für die hohe Qualität der Münchener
l-lofkunst, deren „eigentlicher Hintergrund und die letzte geistige
lnstanz"4l) eben Frangois Cuvillies d. war.
ANMERKUNGEN II (34443)
H) Vermutlich wur dicnc Figur (Liudcnholz: H. 1.911111) m! in ihnlichur Aufstellung bis was
iin Palais des Rclrhsgrafcn johann Caspar von l.n Rosöc ui München; jcxzt Bayerßchcs Nniinnnl-
museum München (lnv. Nr. 1196). vgi. A. Schdubcrgcr, l. ciiruhcr, München 1954. s. 113134
in. Abb. IM). wu dcr morivische Zusamme hang inir dieser unvrrdirnnrlichrcn Slraubfigur
nnrh nicht erkannt ist. r Die gleiche m01 "hc Beziehung zwischen de: Brühlcr Bullonn
Straubs zeigt sich interessanterweise nuch inir rinr-r im Gcgensinn komponierten sitzenden Pallas
Aihcur (11. 311.5 crn), dic lgnaz Gunther für die Nymphcnburger Porzellan-Manufaktur gc-
schaKeu hnr (cin unbemalles Ex. ini Bayerischen Nmtionalmuseum in Münchcn). Dir- Slrzub-
und Günther-Figur gehen rnniivucli hcidc nur eine thcmcnglcichc Figur von F. cirnrdnn zu-
rück. dic dieser ini Jahre 1619 Gir die Dacllbaluslradc dcs Nordflügels nni Ehrcnhof des
Versailler Schlnses SChuf (vgl. u. Briäre. Le Chateau de Versaillcs. Bd. l, Paris o. J. 11911].
Tnn lll - (i. Woeckcl, Ignaz cünrhcr und die Nymphenburgcr Porzellan-Manufaktur. in:
Du M slcr. 3.111, 1950 s. 2127213.
1.5) c. (jiedion-Wclcker. J. B. traub, n. n. 0.. s. s. r Das Palais wurdr von dem Kurfürsten Karl
Albrcchr für scinvn natürlichen Sohn, Franz Ludwig Graf von Hohnstein aus lanyrrn (1125
bis 1120), erbaut, der 1156 s m: Kusine Mnrin Anun crnrin von Lüwenfeld (1- 1135), niuu
natürliche Tochter des Kurfürsten Clemcns August. ehelichre, c-inr gefeierte Schönheit am
Munchener Hof, dic von Gcorg Dcsmarics lll11 1155156 gemalt wurde (Münchcn, Städr. Galerie:
Ncucrwcrbung 1963). Die durch J. ß. Srraub crfolgre plastische Ausstattung des Cuvilliäs-
Pnlni: (später lngenheim - ir 1149 l-iisnignrrld 4 se-it 181a Erzhischöfliche Dicmrwoh-
nung) wnr demnach Clemuns August aus eigener Anschauung bekannt. - Zu der winels-
bzchischen vrrwnnduchnrr vgl. M. Braubach, Ani i-inrc des Kurrursicn clcnicnn Auguni, in:
Aus Schloß Augustusburg und Falkenlusz, n . 111., s. 52,
M) c. Giedion-Wclcker, 1.13. Straub, n. n. 0., s. 150 in. Abb. 104 u. 105, s. 11.
v) s. F. Schwarzbauer. . .0 . Ahb. 12 u. 13. s, 12.
H) c. Giedinn-Welcker. n. n. 0.. s. 12 Das schon 1141 entstandene Wcrk wurde erst nni 29. 4. 1143
nur 81311. 29 kr. dnrrhin griicrr-rr. - w. Messern, Kinder uinnc Alter. Rcgensburg 1962, Abb 19.
w) c. Gicdion-Welcker. n. n. 0.. Abb. 2 . - Münchener srnnrl. Graph. Slg. Inv. Nr. 30.495 (Halm-
Maifci v, so). Fcdrr, hellgrau. blfiulichgtau und wpia lnvicri; 25.5 x37,2 cm.
w) im. dcr clcuiciu-Augunr-Aunu. Nr. 441 u. 442; u. 56 u. 52 rrn.
M) xnr. der Clcmcns-August-Aussl. Nr. 203 u. 204; zwei Putten (M "n als Kind mit Buch: Tobias
mit dem Fisch), 9,5 x 11 u. 11 x 11 cn-i. München. Bayerisches Nationalmusemn, Inv. Nr. 4119120.
7 Ausst. Eurnpäischcs Ikokoko, Munchrn 195a, Nr. 495. c. Gicdion-Wclckn, n. n. 0.,
s. 45. 7 w. Messner, n. n. 0., Abb. 42 (: Abb. der AusfJ.
42) N. Bnrrh, Die Michaelskirchcinliergam Laim. München o. J. (: 1931), s. 22 (g Cuvilliäs),
s. 24,26, am sirnub). n Klcnninnnn, n. n. 0 an".
v) S.4x5x;6ccl;cl. Am: Fr. Cuvilliüs d. A. u. d. 1., . Neue Deutschc Biographie. lll. ud, 1951,
. _-4 4.
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