Solche Aufzüge, nicht zuletzt mit
den Bergleuten als Musiker und
Sänger, haben dann ganz orga-
nisch auch die Krippen dieser
Bergorte bereichert. Die Krippe
des Hallstätter Salinenarbeiters jo-
hann Georg Kieninger (1829 bis
1899) besteht vor allem aus dem
steilen Krippenberg, der an den
verschiedensten Stellen „Mund-
löcher", Stolleneingänge usw. auf-
weist, aus denen einstmals, als
die Krippe noch beweglich war,
die Bergmannszüge ausmarschie-
ren konnten5). Auch in die le-
bcnsvollen, als Puppenspiele be-
triebenen „Krippenspiele" Alt-
österreichs ist der Zug übernom-
men worden, am deutlichsten
sicherlich in der alten Eisenstadt
Steyr. Dort Findet nach der flir-
tenszene der „Bergknappen-Ein-
zug" statt. Rechts unten vor dem
„Bergwerk", wo man in einen
Stollen hineinsieht, ziehen Berg-
leute in ihrer Bergmannstracht,
mit Grubenlichtern in der Hand,
auf und fahren in die Grube ein.
Dabei singen sie das alte Berg-
mannslied: „Frisch auf, frisch, der
Bergmann kommt!" Erst dann
folgen die für das Steyrer Krip-
penspiel so bekannten und be-
zeichnenden Handwerkerszenenß).
Unter solchen Voraussetzungen
nimmt es nicht wunder, daß auch
altere, in vieler Hinsicht volks-
künstlerisch weit höherstehende
Krippen derartige bergmännische
Elemente enthalten. Das schönste
Beispiel bietet xvuhl die unter dem
Namen der „Rinner Krippe" be-
kannte große Krippe im Öster-
reichischen Museum für Volks-
kunde7). Diese überaus Figuren-
reiche Krippe stammt eigentlich
aus Thaur bei Hall in Tirol und
ist ein Werk der Krippenschnitzer-
familie Gienerä). Sowohl der ältere
wie der jüngere johann Giener
(also vor und nach 1800) haben
an den Figuren Anteil, der Auf-
bau des mächtigen Krippenberges
ist besonders markanter Altbe-
stand, um den sich die verschie-
denen Zusatzgruppen angeordnet
haben müssen, die man dem
weihnachtlichen Kalender ent-
sprechend wechselnd aufgestellt
hat. Auf dem Krippenberg mit
Vier Bcrgmusikanlen der Krippe aus Rinn 1
in Tirol (vor
links n;
seinen Hirten- und Handwerker-
gruppen zeigen sich schon berg-
männische Zuge. Die Karren-
zieher, die man auf einem der
ansteigenden Wege entdeckt, ge-
hören hierher, vielleicht auch der
Schmied, der aber mit der Pas-
sionstradition der Rinner Krippe
in Verbindung zu bringen sein
mag. Die Gruppen und Figuren
dieser Krippe sind nämlich über-
raschend vieldeutig, sie lassen
sich meistens nicht nur ihrem
optisch gegebenen Alltagssinn,
sondern auch einem mystischen
Geheimsinn nach „lesen", da die
ganze Krippe nicht nur eine
Darstellung der Geburt Christi,
sondern des ganzen Erlösungs-
rnysteriums sein will. Dieser Drang
zur Darbietung eines Geheim-
sinnes erweist sich besonders deut-
lich in der Darstellung der Ge-
burtsgrotte: Sie ist als Stall vor
der Höhle gebildet, also die bei-
den Traditionen über den Ge-
burtsort Christi klug verbindend.
Das Grottenmäßige daran ist in
dem Felsenaufbau hinter der
schmalen Stallhiitte betont, und
zwar bemerkenswerterxveise durch
die Einfassung mit Malachitplätt-
chen. Das Aufscheinen der grünen
Steine ist hier nur aus dem Ge-
heimsinn der Einzelzüge dieser
Krippe zu erklären: Der Malachit
als Monatsstein des Steinbock-
Tierkreiszeichens ist gemeint, da
Christus eben im Zeichen des
Steinbockes geboren wurde; aber
man hat gleichzeitig wohl auch
an den Malachit als Geburts-
amulett gedacht, um darzustellen,
daß der Jungfrauensohn schmerz-
los geboren wurdeq).
Das bekundet ein Wissen um die
Minerale, wie es auch vor allem
im bergmännischen Bereich ge-
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