aus dem Anfang des Jahrhunderts. Denn
obwohl das Werk um 1637 entstand, zeigt
es keine Spur eines Einflusses der mittler-
weile aus ltalien zurückgekehrten Utrechter
CaravaggioeNachfolger. Fher scheint Bloc-
maert bolognesische Meister studiert zu haben;
sicher aber ist seine Schulung an Werken des
flämischen Hochbarock zu erkennen, wobei
am ehesten an de Crayer als Vorbild zu denken
wäre.
Um die Mitte des jahrhunderts aber hatten
es die holländischen Maler nicht mehr not-
wendig, ihre ausgeprägt nationale Eigenart zu
verleugnen. Ganz anderen Geist atmet daher
die Kunst derjenigen, die nun die kaiserliche
Metropole besuchten, als Bloemaerts pathetisch
groß empfundene barocke Figurenkomposi-
tionen. So beginnt also die eigentliche Ause
breitung holländischer Kunstweise erst in den
letzten jahren der Regierungszeit Kaiser
Ferdinands lll. und erreicht ihren Höhepunkt
in den erstenjahren der langen Ära Leopoldsl. 1.
Der ausgeprägte Sinn für die Wiedergabe der
Reize der Oberfläche der Dinge, für die
Ilerausarbeittmg des (ireifbaren, ist ganz alle
gemein der Pflege der Malerei am XlOiener
Hof zu dieser Zeit eigen. Der dynamische
llochbarock erlebte eine Krise, die sowohl
die Flämische wie die italienische Hofkunst
betraf; die statische, aber doch nichts weniger
als klassische Malerei des Guido Cagnacci mag
selbst für die noch immer herrschende italie-
nische Oberschicht ein beredtes Zeugnis dieses
Stilwandels nach der jahrhundertmitte geben.
ln seinen großformatigen Kompositionen er?
reicht dieser Künstler eine Verschmelzung
einer strengen, am klassischen Barock ge-
schulten Auffassung der Bildstruktur mit einem
bis an die (jrenzen des Peniblen gehenden
Sensualismus in der Wiedergabe der greif-
baren Dinge. lis ist vielleicht nicht von der
Hand zu weisen, daß die Kunst holländischer
Kleinmeister, etwa Maler der Richtung van
Poelenburghs, eine Wirkung auf sein Schaffen
ausgeübt hat, was ein Zeichen für die steigende
Bedeutung holländischer Kunst wäre. Nur
natürlich ist es, daß in Wien neben Cagnacci
eine Anzahl holländischer Maler arbeiteten,
die sich gerade um die malerische Erfassung
der sichtbaren und greifbaren Dinge bemüh-
ten, nicht aber um ein großes geistiges Rune
ZCPI.
Diese verhältnismäßig reiche Beteiligung der
holländischen Maler am KunstschaHen in
Wien ist nicht auf eine einzige Richtung
beschränkt: Feinmaler wie Toorenvliet, Italia-
nisten wie Ossenbeeck und auch Abkömmlinge
der Schule Rembrandts, wie vor allem Paudiss,
bestimmen hier nachhaltig das Bild der
Malerei der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Auch rlämische Meister, die in Wien in dieser
Zeit ansässig waren, haben von ihnen be-
trächtlichen Einfluß erfahren, wie Jan Thomas
und Sebastiaen van Driiweghen Z.
Samuel van Hoogstraeten war der erste, der
mit seinem außerordentlich entwickelten Wirk-
lichkeitssinn bedeutenden Erfolg in Wien
hatte, wo er sich 1651 und 1653154 aufhielt.
Seine topographisch getreue Vedute der Hof-
burg wurde vom Kaiser erworben; noch
größer aber dürfte der Eindruck seiner auf
Sinnestäuschuitg abzielenden Stilleben und
Bildnisse gewesen sein. Gerade diese Werke,
wie der „Mann am Fenster" (Wien, Kunsthist.
Museum, Abb. 2) oder der „oogenbedriegef
(Wien, Akademie der bildenden Künste),
mußten als „Kunstkammerstücke" glänzend
in eine alte Tradition des kaiserlichen Kunst-
sammelns passen. Dieses nicht rein dem Kunste
werk als solchem geltende Interesse hat
zweifellos auch früher den Werken eines bee
deutenden holländischen Malers, de Gheyn,
gegolten, als Kaiser Rudolf ll. in der so
bezeichnenden Verschmelzung von naturwis-
senschaftlicher Wißbegier und künstlerischem
Verständnis eine Reihe seiner vorzüglichen
Blumenbilder erwarb.
Der historische Augenblick in der Entwick-
lung der Barockmzilerei in den litblanden war
nun aber der Kunst der Holländer selbst
günstig, so daß jetzt gerade ein Maler der
Richtung Laers, der 1637 so schlecht abe
geschnitten hatte, nämlich jan van Ossenbeeck,
zu gutem Erfolg kommen konnte. Ossenbeeck
war ebenso wie Laer ein Meister des kleinen
Formates, aber auch ebenso wie dieser ein
eifriger Beobachter der Werke Caravaggios
und seiner italienischen Nachfolger. Einerseits
erstaunlich, anderseits bezeichnend für diese
seine Ausbildung erscheint daher das Bild
„Erminia bei den Landleutcn" (Wien, Galerie
Harrach, Abb. 4), eine Komposition mit fast
lebensgroßen Figuren. Die Anregung durch
Caravaggios Kunst ist ulfensichtlich, ebenso
deutlich auch die Art, wie die holländischen
ltalianisten dessen Malerei auffaßten und ume
wandelten. So ist aus den Knmpositionsideen,
die der lombardiscbe Meister in seinem grane
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