CLAUS PACK Schmuck von Linda Hödl
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Die Arbeiten Linda Hödls erscheinen in mehr als einer Hinsicht äußerst faszinierend
und bemerkenswert. Ihre Schmuckstücke, die Ringe, Armreifen, Broschen, Hals-
ketten. Kolliers und Ohrgehänge fallen nicht nur durch ihre edle und strenge
Farm auf, sondern auch durch die lebhafte Imagination, mit der hier aus scheinbar
einfachen Elementen ein Höchstmaß an Grazie und noch Bedeutenderes gewonnen
wird.
Diese Grazie ist besonderer Art. Sie ist nicht von der etwas sterilen Strenge,
die den skandinavischen und finnischen Schmuck kennzeichnet. dessen kühle
Perfektion so erstaunlich wenig Leben atmet. aber auch nicht von der Verspieltheit
des modernen Modeschmuckes aus dem sogenannten Kunstgewerbe. dessen
Ästhetik - auf dem Geschmack am Einfachen oder Barbarischen beruhend -,
so seltsam sinnentleert berührt. Sie wird vielmehr durch einen gewissen Ernst
gekennzeichnet. den diese Schmuckstücke ausstrahlen. ein Ernst. der sich ihrer
Schönheit zugesellt und einen wesentlichen Teil ihrer Faszination ausmacht.
Zum Teil liegt er darin. daß die Funktion des Schmuckstückes oder seiner Teile
in ihrem Wesen erkannt und zum Ausdruck gebracht wird, ja. daß die Funktion
selbst zum Träger des Ausdruckes wird und so eine Steigerung über das ge-
wöhnliche Maß hinaus erfährt. Schon auf diese Weise sagt selbst die einfachste
Arbeit von Linda Hödl etwas aus. Und hier ist auch die erste Ursache zu suchen,
woher ihr Schmuck sein eigenartiges Leben bezieht. Denn es ist auch sein
Lebendiges das bestrickt. es sind wirkliche Schöpfungen, Kreationen. die ihre
Werkstätte verlassen. Das ist das Eigenartige, daß jede ihr Eigenleben zu haben
scheint, in sich abgeschlossen und lebendig wirkt.
Aber noch mehr als das. Der Schmuck von Linda Hödl besitzt einen ganz eigenen
und unverwechselbaren Charakter. Er liegt in einem eigenartigen Fluidum. das
sich fast der Aussage entzieht; in etwas. das darüber hinausgeht. daß die Funktion
zum Sprechen gebracht wird. daß Lebendiges entstand - es kann nur mit dem so
oft mißbrauchten Wort "magisch" bezeichnet werden.
Ja, es ist wirklich so. Was uns so eigenartig anrührt, wenn wir diese Schmuck-
stücke betrachten. die Silberreifen und -ringe. die Gehünge mit Lapislazuli.
Amazonit. Heliotrop. Achat und Topas. ist zuerst das Gefühl. daß wir es hier
mit mehr als mit bloßem Schmuck zu tun haben, daß wir von uralten Empfin-
dungen erfaßt werden. daß wir Zauberzeichen vor uns haben, deren Sinn
sich vorerst entzieht. bis wir erkennen. daß hier jemand im 20. Jahrhundert
plötzlich wieder das Wesen des Schmuckes so begriffen hat. wie es in den allen
Kulturen 7 zu Anfang. ganz früh und lange - begriffen wurde, als er nicht
bloß ein Mittel war, den Körper oder das Gewand des Besitzers zu bereichern
und zu steigern, zu "schmücken", sondern auch eines. um sich mit geheimnisvollen
Mächten zu verbünden. sie zu bannen oder zu beschwören.
Nicht umsonst sprach man lange Zeit gewissen Metallen und Steinen besondere
Kräfte und eigenes Leben zu. Sie waren es. die ihren eigentlichen Wert
ausmachten. Sie setzten den Menschen. der sie zu benutzen und nutzen wußte, mit
den feindlichen oder freundlichen Mächten des Kosmos in Verbindung. Ein letzter
Rest dieses Glaubens oder - wie wir heute sagen - Aberglaubens ist
noch in den mit der Astrologie verbundenen „glückbringenderW Monalssleinen
zu finden. Nicht. daß Linda Hödl derartige "Amulette" schaffen würde. Aber die
eigentliche und wesentliche Aussage ihres Schmuckes liegt darin. daß sie mit
ihren Materialien magische Zeichen bildet. daß zu dem dsthetisch vollkommenen
Schmuckcharakter ihrer Arbeit jene Magie tritt. die einst der Bewältigung
der Welt diente. Ihre eigenartige und ebenso seltsame wie seltene Berufung
führt sie dazu, das zeitgemäße Schmuckstück mit seiner uralten Bestimmung zu
verbinden und so in mehr als einem Sinn wahrhaft Zeitloses zu gestalten.