er diesjährigen Biennale in Venedig.
Iu viel Zeit ist in der Zwischenzeit
erstrichen, um noch Spekulationen
ber Berechtigung oder Nichtberech-
gung dieses Schrittes, vor allem aber
ber seine Voraussetzungen und Hinter-
ründe anstellen zu können. Wir
iöchten an dieser Stelle vielmehr
tellung zu den Vorwürfen beziehen.
ie man dem Künstler und seinem
Verk gegenüber erhoben hat oder
irheben könnte.
'unkt eins: Leherbs Werk ist qualität-
as. Das Qualitätsproblem ist eines der
teikelsten in Kunstgeschichte und Kunst-
.ritik. weil über das, was unter dem
legrtff "Qualität" zu verstehen ist,
iei weitem keine Einigkeit besteht.
Jnter dem Aspekt ,.akademischer Rich-
igkeit" entspricht wohl kaum ein
ttlerk zeitgenössischer Kunst einem
lementsprechend orientierten Qualitäts-
iegriff. Das Extrem ist die Wertung
lach der In-sich-Geschlossenheit der
Mocchia". der Einzelelemente und
ler Summe der kompositorisch-kolori-
tischen Erscheinung. Ein derartiger
Vlaßstab muß im inhalts- und themen-
"reien Kunstwerk. also in einem Produkt
tes Tachismus. letzten Endes in der
'einen Flächendekoration prinzipiell
das höchste aller Ziele erkennen. Gehen
Mir von der Tatsache aus, daß ein
(unstwerk aus zwei Faktoren besteht.
iämltch aus seinem Thema (das seit
tem „Art pour I'Art" immer wieder
tegiert wird) und seiner formalen
towie koloristischen Bewältigung. muß
:tie Qualitäts-Gretchenfrage lauten: In
welchem Ausmaß hatte der Künstler
eine faßbare und wirklich bedeutungs-
iafte Themenstellung und wie weit
gelang es ihm. diese Vorstellung mit
Jrigemessenen Formmitteln zu reali-
sieren? Nun steht bei Leherb wohl
ahne Zweifel fest. daß seinen Bildern,
Graphiken. Montagen und ..Destrua-
gen" konkrete und präzise thematische
Vorstellungen zugrunde liegen und daß
der Künstler alles daransetzte, diese
Vorstellungen zu veranschaulichen.
ohne dabei die ästhetischen Grund-
regeln zu verletzen. Die Frage, ob
und inwieweit ihm das gelungen ist,
stellt natürlich nach wie vor einen
möglichen Streitpunkt dar, aber hier
dreht es sich primär um Graduelles.
lST VERLON "ANGEKOMMEN"!
seine Ausstellung im Französischen saal des
Kunstlerhauses (9. April bis 10. Mai) war
unzweifelhaft ein Publikumserialg. sie wurde
im Durchschnitt taglich von etwa 200 Men-
genommen haben und noch teilnehmen
werden.
Noch eines in diesem Zusammenhang:
Wer sagt. daß die Maßstäbe, die Kritiker
in Österreich an Kunstwerke anzulegen
pflegen. auch in Venedig vor einem
absolut internationalen Forum gelten?
Die Richtigkeit dieser unserer Frage-
stellung wurde durch eine mehrseitige
Veröffentlichung bewiesen. die in der
Juni-Nummer der französischen Zeit-
schrift „Galerie des Arts" erschien und
Auszüge aus Zuschriften sowie Stellung-
nahmen bekannter Persönlichkeiten
zum .,Leherb-Skandal" enthielt. von
denen einige zitiert seien; so meinte
Marcel Brion, Paris, Mitglied der Aca-
demie Francaise:
"Ich bewundere die Entfaltung von Leherb:
Talent. das in 1a marhtvoller Weise die
Mysterien des Unbekannten beschwört. Ich
würde ihnen gerne persönlich sagen. mit
welch großem iiitereua ich die Farieniwick-
iung in Ihrem sciiatten verfolge. und ver-
sichere Sie der großen, bewundernden Auf-
merksamkeit. rnit der ich Ihre Werke be-
trachte; ich dr ke ihnen meine volle
Sympathie aus."
Gustav Rene Hocke. Rom. einer der
Starpublizisten auf dem Gebiete der
Kunstkritik, stellte fest:
"Die Begegnung niti Leherb iiai mich in
lebendigxter Weise in die Nähe von Grenz-
phänarnenen unserer heutigen Zeit gebracht.
Für diesen persönlichen Anschauungsunter-
richt bin ich Leherb sehr dankbar. Mit seinen
"casse-temps" (Zeitzerstörern) hat er ei e
faszinierende Probe seines wo auBerord n-
iieti nggreuiven Talent. hinterlassen . ..
Und zum Abschluß die Stimme des
belgischen surrealistischen Dichters
Marcel Lecomte. Brüssel:
"Mit Leherb nehmen wir Fühlung mit einer
privilegierten .erotischen' Dimension, mit
jener Tiefe und Schwärze. die er durch
stillxettweigende. kdraerlieha Zerstörungen
erreicht. Was in unterer varitelliina trianch-
rnal nur flüchtiges Bild ist -- Leherb erzeugt
es von neuem durch eine Meditation des
entkleideten weiblichen Körpers. den Strati-
rikaiianen aui eigenartige weise wieder be-
kleiden. Leherb: weibliche Körper . . . sind
imstande. sich xeltm weiterzuträuinen. lange
Zeit. ili der priikoimißhen. tiefinnertten
Nacht . . ."
Punkt zwei: Leherb ist wegen seines
exzentrischen persönlichen Auftretens.
wegen seines "Gelues" abzulehnen,
sein Betragen ist Charlatanerie und
widerspricht den guten Sitten.
lehnte ihn die Wiener Kritik entweder kraß
ab (Johann Muschik. "Neues Österreich")
oder stand ihm zumindest mit mehr oder
minder großen Vorbehalten gegenüber.
Alles in allem hatte man den Eindruck. als
sei sie viel starker gegen den Menschen
einen Arbeitskittel nach Arbeitsschluß
ausziehen und an den Nagel hängen.
man muß ihn mit aller Konsequenz
bis ins Letzte hinein leben. Leherb
hat dies auch inmitten der schwersten
Krisensituationen getan - mit aller
Kompromißlosigkeit, ohne jede Rück-
sicht auf ..taktische Richtigkeit" seines
Verhaltens.
Daß Leherb auch im Tiefenpsvcholo-
gischen wurzelnde Motive hatte. so zu
handeln. zu leben und zu malen, wie
er es tat und tut, konnte von „Alte und
moderne Kunst" schon im Jahre 1961
durch Veröffentlichung autobiographi-
scher Notizen nachgewiesen werden.
Im übrigen sei ausdrücklich fest-
gehalten, daß Leherb bei aller Ex-
zentrizität kein Verbrecher ist oder
war: er hat weder gestohlen. noch
vergewaltigt oder sich m wie gerücht-
weise verbreitet wurde m in Homo-
sexuellenkreisen bewegt und daraus
seinen Nutzen gezogen. Alle dies-
bezüglichen Behauptungen, wie sie
in mancherlei Zuschriften aufgestellt
wurden - sind Gemeinheit und nichts
als Gemeinheit.
Punkt drei: Leherbs Kunst ist weder
schön, noch gut. noch edel oder er-
baulich und daher nicht zur Repräsen-
tation nach außen hin geeignet. Dieser
in internen Diskussionen tatsächlich(l)
aufgetretene Gesichtspunkt ist so simpel,
daß er kaum entkräftet zu werden
braucht. Das Oeuvre von Hieronymus
Bosch und Goya sei sozusagen nur im
Ansireifen genannt. Hinsichtlich des
Vorwurfes der "Pornographie" sei an
die Werke der ..Voyeurkunst" des
18. Jahrhunderts erinnert, aber - und
vor allem 7 an die Monumentalisierung
und Glorifizierung schwerster sexueller
Verirrungen in Werken der Renaissance
und des Barocks: Diana und Callisto
handeln lesbisch. Jupiter betätigt sich
an Ganymed als Püderast. Loth be-
treibt Inzest... Tatsächlich obszöne
Werke von Klimt und Schiele können
getrost öffentlich schaugestellt werden,
obwohl sie in ihrer Motivik krasser
sind als die Arbeiten Leherbs, deren
erotische Symbolik rein vom Motiv her
tausendmal mehr umgesetzt vorgetra-
gen wird als etwa bei Beardsley.
Köller
Bewältigung des schwierigen Ausstellungs-
lokals vorgeworfen werden - es genügt
eben nicht. die Wände mit Bildern zu tape-
zieren. Daß es mit der Durchnumerierung
der Exponate und mit ihrer Beschriftung
durchaus nicht klappte. nimmt kaum mehr
nen iri dieser Chronik bedeutet also kein
indirektes Werturteil.
s. März! Kunstgewerbe aus Ungarn (Metall-
und Textilorbeiten). Collegiurn Hungaricum.
ll. Hollandstraße 4.
9. Miirr Othmar Zecher. Grdvhik. Galerie
Fuchs. Millöckergasse 4.
11. M . Frühchristliche und koptische
Kunst. l. Äkademie der bildenderr Künste.
Schillerplatz. Christliche Kunst aus Äthiopien
und Nubien. I, Völkerkundemuseum. Neue
Hofburg.
Die in ihrer Zielsetzung etwas unscharfe
Ausstellung. die aus zwei erstmals in der
Villa Hügel, Essen, gezeigten Ausstellungen
in Wien rieu kombiniert wurde. fand be-
merkenswert wenig Resonanz, sie schlol}
Anfang Mai mit etwa 25000 Besuchern ihre
Pforten. Sowohl in Essen als auch in Zürich
halte sie einen Besuch von jeweils über
100000 Menschen zu verzeichnen gehabt.
Metsterliche Ausstellungsgestaltung durch
Arch. Prof. Norbert Schleslnger. Grund ds
Mißerfolges (die Ausstellung soll zwischen
iy, und 2 Millionen s gekasiei haben):
mangelnde propagandistische Vorbereitung.
Fehlen einer elnleuchlenden. zündenden
Ausstellungsidee. Was der Wiener nicht
kennt. frißt er nicht. Außerdem ist das stark
verwahrloste Akademiegebüude alles andere.
nur nicht einladend.
Galerie im Griechenbeisel: Louise Autzinger,
Bildteppiche. Zeichnungen. I, Fleischmarkt 11.
12. März: Fiala. Exposition phantastischer
Gemälde. Galerie Synthese, I, Graben 12.
Micha Hirt: Erscheinungen des Weiblichen.
Galerie Nagl. I, Gluckgasse 3.
13. Miirz: "Schöpferische Freiz ' . Kultur-
Verein der österreichischen Eisenbahner.
xv. Neubaugürtel 1. 120 Katcilognummern.
Gemälde. Graphiken. Plastiken. Kunstge-
werbe. Erstaunlich. wie sich die "modernen"
Stile auch bei Laienkünstlern durchzusetzen
beginnen.
16. März: Franz Kline. Museum des 10. Jahr-
hunderts. lll, Schweizergarten. Ein Action
aainter mehr. der als Pionier dieses Genres
gilt. Leider war nur seine künstlerische
Endstatiori. nicht aber sein Schafferisweg
dokumentiert. Schmeller berichtete im
nKurier" unter dem Titel "Das Atelier als
Großbaustelle".
Peter Klitsch. Galerie Peilhner-Lichtenfels.
I. Seilergasse 16. Das neueste Oeuvre zeigte
ein fiihlbares Absinken der Qualität -
schade!
17. März: Neue Galerie am Landesmuseum
Joanneum. Graz: Malerei der wiener
isiederrneierzeit. Mii Leihgaben der Öster-
reichischen Galerie. wien. Gigantischer
Publikumserialg.
Deutsche Expressionisten aus dem Besitz der
Stadt Ludwigshafen am Rhein, Neues Rathaus.
Volkshalle. 217 Exponate. alle bedeutenden
Meister der Zeit waren vertreten. Die Schau
wurde nach vierzehnlügiger Dauer ge-
schlossen und von etwa 10000 Besuchern
rreaiieniiert.
1B. März: Josef Buttinger, Graphik-Malerei.
Internationaler Künstlerclub.Öslerreich-Haus.
I, losefsplatz s.
Zana Debowska-Tarasin - leszek Rozga.
Graphik. Galerie in der Biberstraße 414.
Künstler aus Paten liegen weit ober dem
einheimischen Durchschnitt.
Goldschmiedearbeiten von Elisabeth Defner
und i-lelrried Kadre. Keramiken VDH Renate
und Dieter schrage. Österreichisches Museum
für angewandte Kunst, l. Stubenring S. ln
den Goldschmiedearbeilen wurde der Geist
der Wiener Werkstätte beschworen, die
Töpfereien erinnerten an japanische Tee-
keramik.
20. März: Otto A. Hlrth. München. Gemälde.
Schaur ume der Osterr. Stdatsdruckerei,
l. Wallzeile.
Thomas Ender. Aquarelle. Alberiina, I. Augu-
stinersiratie 1. siehe Sonderbericht.
Now-Rauz-Feier1343 der iranischen Kolonie.
Hotel lnterconttnentcil. Man erinnert sich der
Tatsache. daß Darius d. Gr. das Riesen-
schloß von Persepolts zur Abhaltung der
Frühlingsfeier halte erbauen lassen.