die Amperbrücke in Fürstenfeldbruck (1924)
geschaffen wurde". lm Vergleich zu den
ihm vorausgegangenen Entwürfen zeigt es
sich bei der von B. Straub geschnitzten
Ausführung (Abb. 11), daß hier noch einmal
ein wichtiges Bewegungsmotiv verändert
wurde. Bei ihr erscheint die Gestalt des
Moldau-Flusses spiegelbildlich, während ander-
seits die Vorderansichtigkeit des Oberkörpers
der Hauptfigur in allen drei Stationen der
Vorbereitung unverändert beibehalten blieb.
Bei der Ausführung wurde sowohl das Motiv
des geflügelten Engelputtos wie auch das
des Dreizacks in der Sockelzone weggelassen.
Aus einer Vertiefung hinter den gefalteten
und mit einer Fessel am Handgelenk zusam-
mengehaltenen Händen des Heiligen geht
hervor, daß er einst ein kleines (aus Holz
geschnitztes?) Kruzifix trug, dessen Schaft-
ende an dieser Stelle befestigt war. Durch die
Diagonalrichtung des (jetzt verlorenen) Kruzi-
fixes nach rechts erfuhr die Gruppe kom-
positinnsmäßig eine nicht unwichtige Be-
reicherung, die sich auch in ihrer Kontur
bemerkbar machte. Der nach schräg links
unten gerichtete Blick des hl. Johann Nepomuk
wie auch seine nach dieser Seite hin leicht
geneigte Kopfhaltung beziehen sich beide in
gleicher Weise auf das (heute fehlende) Kruzi-
fix, das fast allen Heiligendarstellungen dieses
Typus als persönliches Attribut beigegeben
ist. Übereinstimmend im Motiv auf der Zeich-
nung und mit dem durch das Bild B. A.
Albrechts überlieferten Modelletto (Abb. 12) -
jedoch noch nicht rnit dem Augsburger Ent-
wurf 7 ist, daß die Hauptfigur ursprünglich
ein aus Holz geschnitztes (nicht erhaltenes)
Birett auf dem Kopf trug. Dies geht aus
einer kaum wahrnehmbaren, rillenförmigen
Vertiefung oberhalb des Haaransatzes hervor.
Durch zwei heute noch auf der Unterseite
der l-lolzplastik vorhandene Bohrlöcher läßt
sich ihre einstige Befestigung auf dem
oberen Ende der marmornen Brunnensäule
durch zwei ehemals an dieser Stelle einge-
lassene Eisendübel rekonstruieren. Der in
die Augen springende Wandel der Gestaltung
zwischen den Entwürfen und der Ausführung
äußert sich auch in der Wiedergabe der
variant dargestellten Kopftvpen wie in der
Gesichtsbildung der beiden Figuren (Abb.
13-15). Angesichts ihrer ursprünglichen Be-
stimmung als einer von allen Seiten zu be-
trachtenden, freiräumlich aufgestellten Brun-
nenplastik ist es überraschend, zu sehen, daß
der Bildhauer ihr i bei fehlenden Seiten-
ansichten - eine völlig flächig-ansichtige,
auf eine ideelle Wand bezogene Rückansicht
gab, die im deutlichen Gegensatz zu dem
Augsburger Bozzetto steht, der an dieser
Stelle eine noch wesentlich räumlicher er-
scheinende Komposition skizzierte. Es zeigt
sich, daß diese jeder monumentalen Gestal-
tung abholde Straub'sche Brunnenskulptur
von typisch rokokohafter Prägung einst nur
auf eine v straßenseitig bedingte - Ansicht
direkt von vorn komponiert war, während
die durch ihre Oberflächengestaltung sich
auszeichnende, flächig behandelte Rückseite
der Klosterfassade zugekehrt war. Abgesehen
von der zwischen Entwurf und Ausfüh-
rung genau zu verfolgenden Modifikation
formaler Art liegt ihre Verschiedenheit in
einer gegensätzlichen ikonographischen Inter-
pretation. Aus der mehr transitorisch auf-
gefaßten Tätigkeit des Bergens und Rettens
des ertrunkenen Heiligen durch den Flußgott,
der ihn wie ein treubesorgter alter Diener
trägt, wie es auf dem Augsburger Entwurf zu
sehen ist, wird in der Münchner Zeichnung
und in dem durch das Porträt überlieferten
Modelletto wie in der Ausführung ein weithin
sichtbares Zurschaustellen des in der Visio beati-
fica wiedergegebenen Heiligen. Diese steile
triumphale Erhöhung des hl. Johann Nepomuk
als Märtyrer über dem durch seine ihm aufge-
bürdete Last gebückten Träger erfolgt hier im
Sinne der barocken Schaufrömmigkeit, einer
um die Mitte des 18. Jahrhunderts noch in
ihrem vollen Umfange vorhandenen Frömmig-
keitsvotstellung. Für sie ist diese Brunnen-
skulptur geradezu ein Paradigma.
Die Münchner Johann-Nepomuk-Gruppe,
wahrhaft ein Kabinettstück von hervorragen-
der schnitzerischer Feinheit und subtiler Ober-
Hächenbehandlung, fügt sich stilistisch in das
bisher bekannte Werk Johann Baptist Straubs
ausgezeichnet ein, zu dessen erweiterter Kennt-
nis es einen vorzüglichen Beitrag leistet. Wie
der Verfasser der vorliegenden Arbeit zu-
14
versichtlich hoHt, soll gerade dieses Werk (zu-
sammen mit seinen Entwürfen) der Anlaß
dazu sein, die bisherige allzu vordergründige
Vorstellung von B. Straub als einem
„genialen Dekorateur" in entscheidender Weise
zu revidieren. Es zeigt vielmehr par excellence,
daß dieser Künstler - der Lehrmeister der
süddeutschen Rokokoplastik und bevorzugter
bayerischer Hofbildhauer f auch eine der
unabdingbaren stilistischen Voraussetzungen
für das lngenium lgnaz Günthers ist, der i
was in diesem Zusammenhang wichtig ist 7
zur Zeit der Entstehung dieser Holzskulptur
noch Schüler im Atelier seines Münchner
Lehrers war. ln der Haltung, in der Bewegung
wie in den sehr gelangten Proportionen ist
die Gestalt des Flußgottes Moldau unver-
kennbar das Gegenstück zu einem ebenfalls
kleinformatig ausgeführten Chronos aus ge-
branntem und glasiertem Ton, der zehn Jahre
früher (1741) als Bekrönung eines von Fran-
gois Cuvillies d. A. entworfenen Kachelofens
von B. Straub in seiner Eigenschaft als
kurkölnischer Hofbildhauer für das Schloß
Augustusburg in Brühl geschaffen wurdell.
Das zur Seite gewendete Haupt des bärtigen
Flußgottes findet sich in stilistischer und
typusmäßiger genauer Entsprechung zwillings-
bruderhaft bei der um 1739 geschnitzten
Gottvaterfigur wieder, die Straub als Kanzel-
bekrönungsfigur für die ehemalige Augusti-
nerchorherrn-Stiftskirche in Diessen schufl3.
In noch stärkerem Maße gilt dies für die
Gestalt des hl. Johann Nepomuk der Nlünch-
ner Brunnenskulptur und für die ihr stilistisch
sehr nahestehende und mit ihr themengleiche
Figur, die sich einst auf dem (1739 ge-
weihten und 1944 zerstörten) Hochaltar im
Oratorium der Englischen Fräulein im öst-
lichen Flügel von Schloß Nymphenburg
befand (Abb. 16). Diese um 1750 zu datie-
rende Figur bildet typusmäßig die unmit-
telbare und ihr gegenüber nur geringfügig
modifizierte Voraussetzung für die kurze Zeit
nach ihr ausgeführte Gestalt gleichen The-
rnas14. Wie wenig Stil und Ausdruck, Pro-
portion und Typus bei einem einmal von
Straub ausgeführten themengleichen Stück
sich wandeln, mag ein weiterer Vergleich der
Münchner Heiligentigur mit einem wesent-