Die Ästhetik der Mietswohnung.
Elektr. Beleuchtungskörper v.
Professor Joseph Hoffmann.
Daß die Hausarchitektur im Zeichen des Um
schwunges steht, wird niemand mehr leugnen.
Die Architektur, die schwerfälligste aller Künste,
folgt dem neuen Zug freilich zuletzt, denn sie
hat' nicht nur das größte Trägheitsmoment, das
Schwergewicht der Gewohnheit, sondern auch
die Gewissenlosigkeit des Bauspekulantentums
und die Gleichgiltigkeit des Publikums zu
überwinden. Das leichtbewegliche Kunstge
werbe, das heute führend vorangeht, konnte
viel schneller das Feld erobern, und man kann
sagen, daß die Schwenkung, die auch im
Hausbau zu spüren ist, vom Kunstgewerbe
veranlaßt, ja fast erzwungen worden ist. Denn
das Kunstgewerbe verlangt einen festen Stützpunkt, eine Führung, einen
Halt, und diesen kann nur die Architektur geben. Im Einzelwohnhaus ist da
und dort dieser ursächliche Zusammenhang von Architektur und Hand
werk, von Raum und Möbel, zwar schon hergestellt oder doch angebahnt,
aber im Miethaus der Stadt, also in der Stadtwohnung, deren ästhetische
Durchbildung doch eine der nächstliegenden Aufgaben ist, sind wir nicht
immer so glücklich daran. Wie notwendig es ist, dass Kunstgewerbe und
Hausbau Hand in Hand gehen, und wie eines ohne das andere nicht
bestehen kann, will ich an einem typischen Fall nachweisen, der auf
hunderte von Beispielen paßt, die sich in der Stadt von Tag zu Tag
mehren. Jemand war des im Mittelstände eingebürgerten Aftelierstils, des
Markartbouquets, der künstlichen Palme und der verpöbelten Renaissance
möbel überdrüssig, er entfernte die Stoffgardinen, um wieder Luft und
Licht in den dämmerigen Raum zu lassen, Zimmerpflanzen ziehen zu
können und Freundlichkeit zu verbreiten. Aber die braunen Möbel ver
tragen die Helligkeit nicht, ihre Häßlichkeit und Unzweckmäßigkeit, die
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