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Volltext: Alte und Moderne Kunst IX (1964 / Heft 77)

Die Abbildungen 1. 2, 4-6 
und 9 sind mit freund- 
licher Erlaubnis dem Buch 
"Der Maler Herbert 
Boeckl" van Claus Pack, 
104 Seiten miz 17 Farb- 
bildem, 46 Abbildungen 
und 13 Zeichnungen. 
SchroH-Verlag 1964, Lai- 
ncn s 192.-, entnommen. 
Herberi Boeckl. Kleine sizilianische Landschafl _ Palermo. 
1924. bez.: Bück! Z4, ÖllLwd. 53x66 cm. Sammlung 
Dr. Böck. Graz 
"t Boeckl. der am 3. Juni 1964 seinen 70. Ge- 
g feierte. wurde in Klagenfurt als Sohn des 
neningenieurs Leopold Boeckl geboren. Nach 
iesuch der Realschule in Klagenfurt bewarb 
um die Aufnahme an die Wiener Akademie 
ldenden Künste. wo man ihn aber ablehnte. 
:hloß. an der Wiener Technischen Hochschule 
chitekturstudium zu beginnen. fasziniert von 
xuten Otto Wagners und dem revolutionären 
von Adolf Laos. dessen Kreis er eine Zeitlang 
ivatschiiler angehörte. Der erste Weltkrieg 
rach dieses Studium, das neben ständigen 
schen Versuchen einherging. Auch an der 
schen Front. an der sich Herbert Boeckl in 
"en Schlachten bewährte. malte er. Die eigent- 
ind entscheidende Arbeit des Künstlers aber 
mit vehementer Kraft nach dem Zusammen- 
ein, in den Jahren 1918119. in denen bereits 
iidende Zeichnungen und wesentliche Bilder 
den. Dabei ist die künstlerische Berührung des 
dakten Boeckl mit dem Werk seiner österreichi- 
Zeitgenossen flüchtig und schwach. Noch ehe 
iiner ungeheuren Anstrengung. in einem genia- 
Wurf. gleich mit einem seiner Hauptwerke 
verwechselbare Persönlichkeit in Erscheinung 
ntstehen Zeichnungen. die so bestürzend neu 
iem Raum sind. weil sie den Anschluß an das 
Eiische Kunstgeschehen einerseits und an seine 
an anderseits mit nachtwandlerischer Sicherheit 
Die Akt- und Landschaftszeichnungen aus dem 
1919 stellen bereits eine wahrhaft revolutionäre 
ig dar. 
en Kohlezeichnungen offenbart sich mit einem 
die ganze kraftvolle Sensibilität des Künstlers 
ir treffsichere Instinkt. mit dem er die Probleme 
irm und Raum erkennt und zu bewältigen sucht. 
ii nicht die ornamentale Verspieltheit der Linie 
ei Schiele zu finden. nicht die in der Flüche 
wde melodische Linie Klimts. ln immer wieder 
rochenen Formansätzen. die an die späten 
iungen Cezannes erinnern. geht das Bemühen 
Jnstlers darum, die plastische Gestalt in ihrer 
mit dem das Licht sie übergießt und erfüllt. Die Land- 
schaftszeichnungen von 1919 sind vollends eine Über- 
raschung. Ohne das Werk Kandinskys zu kennen. 
geht hier Herbert Boeckl einen ähnlichen Weg wie 
der Russe in seinen ..ll't'tPl'OVlSClllOl't8l'1" des Jahres 1910. 
Die elementare Rhythmik der Landschaft wird bis 
zur Gegenstandslosigkeit verwandelt und in ein 
beinahe freies Spiel von Linien und Tönen auf dem 
Papier umgesetzt. Mit diesen Arbeiten nimmt Herbert 
Boeckl Ergebnisse vorweg. die in seinem Spätwerk 
fast vierzig Jahre nachher verwandelt und gereift in 
Erscheinung treten und damit einen Kreis schließen. 
der auf einer anderen Ebene bis zu seinen Anfängen 
zurückführt. 
Das erste große Ölbild. das in dieser Zeit - 1920 - 
entsteht. ist bereits eines seiner Hauptwerke. Es ist 
das Bild. das den Maler und seine Frau als „Paar 
am Waldrand" darstellt: die bestürzende Leistung eines 
Fünfundzwanzigjährigen. mit der er sich sofort in das 
Konzert der europäischen zeitgenössischen Kunst ein- 
gliedert. Dieses Bild 7 ohne Zweifel ein Hauptwerk 
der Malerei seiner Zeit - einzuordnen fällt nicht 
leicht. Sein Expressionismus. seine subjektive Erregung 
werden deutlich einem objektiv erkanntem Gesetz. 
um das in ihm gerungen wird e der Darstellung 
von Raum und Form -. untergeordnet. Seine lyrischen 
Komponenten sind ebenfalls unverkennbar. Die 
Suche nach einem klassischen Maß. die in seiner 
Tektonik deutlich wird. hebt es ebenso von den deut- 
schen Expressionisten wie van den französischen 
..Fauvisten", etwa einem Soutine oder Rouault. ab. 
Mehr noch als die Bilder der letzteren steht es in einer 
Tradition. die auf der Suche nach Bildgesetzlichkeit 
und Gestaltung das innere und äußere Bild der Wirk- 
lichkeit einer Ordnung und einem Gesetz unterwirft 
und damit Anschluß an die Klassik anstrebt. Schon 
so früh und ohne es zu wissen. gelangt Herbert Boeckl 
mit diesem Bild in die Nähe des Frühwerkes Cezannes. 
dessen Gestalt ihn später als geistiges Vorbild zur 
Auseinandersetzung mit seinem Werk rufen sollte. 
Schon damit setzt er auf dem Schauplatz der öster- 
reichischen Kunst den dekompoisitorischen Kräften 
sten nüchterner Expressionismus dieser Zeit stellt im 
Gegensatz zu anderen damals wirksamen Tendenzen 
nicht so sehr die subjektive Umformung der Natur 
als Projektion innerer seelischer Gegebenheiten dar 
als das rastlose Drängen. die Ergriffenheit durch die 
Natur zu gestalten und diese Ergriffenheit ordnend 
einem bereits erkannten Gesetz zu fügen. 
Diese erste Periode von 1919 bis 1928l29. in der ihn 
entscheidende Studienreisen nach Berlin. Paris und 
Sizilien führen. dient der immer stärker werdenden 
Klärung der künstlerischen Mittel. der rastlos voran- 
getriebenen Auseinandersetzung mit Form und Raum. 
dem Verlangen. das Elementare der Erscheinungen 
in gültige und möglichst objektive Gestaltung umzu- 
setzen. Mit seinen Bildern stellt Boeckl dabei innerhalb 
der österreichischen Kunst eine Neuorientierung 
her. Der seit dem vorigen Jahrhundert nach Norden. 
nach Deutschland. nach München gerichteten Achse 
wird der Anschluß nach dem Westen. nach Frankreich. 
und nach dem Süden, nach ltalien. enlgegengestellt. 
Die Berührungspunkte. die sich dabei mit dem Früh- 
werk Cezannes ergeben. sind keine zufälligen. Das 
klassische Ideal in ihm wird als verbindend und ver- 
bindlich anerkannt sowie als Vorbild erstrebt. Der 
Kampf dieser Zeit. der so herrliche Bilder wie den 
..Steinbruch mit rotem Schatten". das ..Fischstilleben". 
nBerliner Hinterhäuser". ..Tote Krähe". "Große und 
Kleine sizilianische Landschaft". ..Stilleben mit Ofen- 
rohr", um nur einige zu nennen. hervorbringt. 
geht vor allem darum. das Chthanische durch immer 
stärkere Bewußtheit zu bändigen. das Expressive 
immer mehr zurückzudröngen. um Klarheit zu er- 
reichen. 
Die zweite Periode. von 1929 bis 194547. verlegt das 
Streben schrittweise zuerst in die zeichnerische Ge- 
staltung der Form und dann in die glühend über- 
steigerte Farbe, die sich nun immer mehr aufhellt 
und zuerst den sinnlichen Gehalt. die sinnliche Er- 
scheinung der Dinge und dann ihren symbolischen 
Gehalt und auf einer anderen Ebene ihre räumlich 
plastische Tektonik betont. Dieser erneute Durchgang 
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