weitverzweigte Problematik moderner
ChFlSllIChEF Kunst kennt, wird nicht
umhinkönnen festzustellen, daß die so
notwendige, als Versuch einer um-
fassenden Orientierung zu wertende
Initiative, die von Salzburg seit 1958.
dem Jahr der ersten Biennale, ausgeht.
seltener Pioniertötigkeit gleichkommt.
Es gibt wohl kaum ein wichtigeres und
ernstzunehmenderes Gebiet, auf dem
sich Unzulänglichkeiten und Kitsch
aller Art im Verlauf der beiden letzten
Jahrhunderte in so erschütterndem
Ausmaß breitgemacht haben. wie ge-
rade auf dem Sektor der christlichen
Kunst, Gegen diese reichlich fest-
gefahreneÜbermachtdesUngeschmacks
anzukämpfen, indem man der Zeit
entsprechende Maßstäbe setzt, ist die
hauptsächliche Funktion der - ahne-
dies sehr raren - Ausstellungsunter-
nehmen, die mit moderner Sakralkunst
konfrontieren.
Zweifellos war die Situation, in der
sich die christliche Kunst noch vor etwa
10 Jahren befand, um vieles schwieriger
und scheinbar aussichtsloser als heute.
wo sich die Möglichkeiten erfolgreichen
und fruchtbaren Wirkens, bedingt durch
die in der Zwischenzeit eingetretenen
Anfangserfolge. geläuterter und reeller
abzeichnen. Die Schwierigkeiten, die
es für den entscheidungsberechtigten
und -verpflichteten Kleriker zu über-
winden gilt, der zu bestimmen hat.
wie das Kultgerät beschaffen sein sall,
das zur Verwendung für den Gottes-
dienst benötigt wird, auf den es also
ankommt, wie eine Kirche gebaut und
ausgeschmückt werden darf, der jedoch
nur in seltenen Ausnahmefällen auch
wirklich in der Lage ist, künstlerische
Qualität entsprechend zu erkennen und
daher reichlich oft ungewollt argen
Unzulänglichkeiten Vorschub leistet.
sind jedoch auch heute groß und
differenziert. Man muß die Situation
auch unter diesem Aspekt sehen, und
man mußte diesem Manko, das nun
einmal existiert und sich nicht von
heute auf morgen aus der Welt schaffen
läßt, bei einem kritischen Rundgang
durchdiediesjährige Biennale Rechnung
tragen,
Beiträge von zwölf europäischen und
überseeischen Ländern auf den Ge-
weil die kirchliche Kunst ein ernstes.
bedeutungsvolles Anliegen ist, muß man
in der Beurteilung der Werke strengste
Maßstäbe anlegen, um die Spreu vom
Weizen zu sondern. Man kann in
dieser Hinsicht der erneuerungsbe-
dürftigen Salzburger Jury Vorwürfe
nicht ersparen. Auch heuer erschien
vieles, was in den nur als Notquartier
geeigneten Oratorien des Domes Auf-
stellung fand, beinahe indiskutabel.
weil es jenes unabdingbare Minimum
an künstlerischer Qualität und geistiger
Strahlkraft, das jedes Werk haben muß.
will es den Anspruch erheben. Kunst zu
sein, nicht besaß. Epigonales, Modisches
und Akademisches machten sich in
erschreckendem Ausmaß breit, so daß
für den Moment der ersten Schreck-
sekunde all das Vorbildhafte. das in
unserer Zeit auf dem Sektor der christ-
lichen bildenden Kunst bisher geschaffen
wurde, nicht mehr wahr und wirklich
erschien. Kunstgewerbliches traf man
in der Malerei und Plastik an, also am
falschen Ort, und selbst Beispiele
scheinbar harmlosen, in Wahrheit aber
peinlichen Kitsches, wie etwa ein mehr
als „lieblicher" Schweizer Wandteppich
für eine Taufkapelle oder die Kreuz-
wegbilder eines Österreichers für die
Stadtpfarrkirche St. Laurentius in
Wörgl, konnten nicht vermieden wer-
den. Das Qualitätsvolle. das in der
Adäquanz von Form und lnhalt seine
Bestätigung findet, war in ähnlicher
Weise wie schon auf den vorherge-
gangenen Biennalen in erschreckender
Minderheit, wenn auch nicht bestritten
werden kann, daß sich auch einige
sehr positive Beispiele registrieren
ließen.
Die mangelnde schöpferische Potenz
eines Malers, Bildhauers oder Archi-
tekten läßt sich zwar kaschieren, jedoch
nicht ganz verbergen; und selbst der
Grad der Redlichkeit des Bemühens und
die religiöse Einstellung des betreffenden
Künstlers können an dieser Tatsache
kaum etwas ändern. Leider fällt jedoch
auf diese Halbheiten und Kompromisse.
die immer mehr scheinen wollen, als sie
sind. das Gros der Priester und Laien
immer wieder herein. Dieser Gefahr
kann man nur begegnen, indem man
gleichermaßen von künstlerischen wie
geber,fürdiejadieSalzburger Biennale
eine erstrangige Orientierungsmöglich-
keit sein soll, zu Unzulünglichem
greifen, das ihnen aus den vorhin ge-
nannten Gründen als das Richtige er-
scheinen mag.
Den quantitativ stärksten Beitrag, der
auch in qualitativer Hinsicht zu den
bemerkenswerteren zählte, stellten die
Niederlande. Von einem Pauschal-
urteil mußte man jedoch auch in diesem
Fall Abstand nehmen, da die künstle-
rischen Leistungen im einzelnen zu
unterschiedlich ausfielen. Eine Taber-
nakeltüre Frans Verhaaks, ein einfacher
materialgerechter Tabernakel, die
kräftig durchgeformten Fenster Eugene
Laudys, ein zurückhaltendes, formal
gelungenes Bronzerelief Carel Kneul-
mansßelen neben den Photos der Kirche
van Puttens auf. Überzeugende Leistun-
gen ließen sich bei den Deutschen
und Spaniern antreffen. Otto Herbert
Hayeks Kreuzweg für den Vorhof der
Gedächtniskirche „Maria Regina Mar-
tyrum" in Berlin-Plötzensee (Archi-
tekten Hans Schädel und Friedrich
Ebert). Fritz Koenigs „Pietä" (beides in
Modellform), eine _ leider nur in
Photos wiedergegebene 7 Wand-
malerei Meistermanns sowie die routi-
niert-gekonnten Graphiken t-legenbarths
hielten stand. Als kraftvollstes und cr-
regendstes Beispiel der gesamten Schau
mußte wohl das expressive .,Golgotha"-
Triptychon des Spaniers Lucio Munoz
bezeichnet werden, das echtes gestalte-
risches Ringen unter hohem persön-
lichem Einsatz erkennen läßt und
zweifellos eine für die Kirche annehm-
bare Lösung darstellt.
Marcel Breuers Abtei- und Universitäts-
kirche in Collegeville, Minnesota (USA).
Giovanni Micheluccis Autobahnkirche.
Roland Rainers evangelische Kirche in
Wien-Simmering sowie Ottokar Uhls
Montagebau (Wien. Siemensstraße)
zählten zum Wesentlichsten auf dem
Gebiet der Architektur, die auf dieser
Ausstellung zweifellos den Ton angab.
Der österreichische Beitrag war -
abgesehen von den Beispielen des
Kirchenbaues 7 in seiner Gesamtheit
erschütternd schwach, so daß man sich
fragen muß. wieso das passieren konnte.
Hoflehner. Wotruba, Mikl oder Bischof
- um nur einige zu nennen
schon längst ihre Begabung.
Kunst zu schaffen, unter Bewei:
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die sich Aufträge verdienten.
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Prinzipien, nach denen die J
Amt versieht. neu zu diskutiere:
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RHYTHMISCHE ABFOLGEN. Erfolgversprechendes Debüt von Hermann Painitz in der Galerie im Griechenbeisl. Es gibt
in Wien kaum mehr als fünf Galerien. die es zumindest van Zeit zu Zeit wagen. einem jungen, noch unbekannten Künstler
eine Ausstellung einzuräumen. Vielfach sind es nämlich die arrivierten Kollegen, die Sturm laufen und somit manches Debüt
verhindern, sobald sie vernehmen, daß ihnen in „ihrer" Galerie durch einen begabten Nachwuchsmann Konkurrenz erwachsen
soll. Selbstverständlich ist aber auch der Kreis ernstzunehmender junger Ausstellungsanwärter sehr eingeengt, und wenn sich
oft ein, zwei Monate hindurch bei Ausstellungsbesuchen keine wirklich überdurchschnittliche Entdeckung machen läßt, sallte
man dies nicht von vornherein auf Egoismus und Risikolosigkeit der Galeriebesitzer zurückführen.
Johann Fruhmann und Christa Hauer, die Leiter der Galerie im Griechenbeisl, stellten im September mit Hermann Painitz
(geboren 1938 in Wien) einen jungen Mann vor, dessen Arbeiten - ohne sie deshalb überschätzen zu wollen 7 hierzulande
eine ungewöhnliche Stellung zukommt.
Painitz beschäftigt sich nämlich mit einer Art von Bildnerei, die in Wien von sonst niemandem praktiziert werden dürfte. Seine
Serien, Farbfunktianen, linearen Bewegungen und dynamischen Abfolgen. wie er selbst seine Arbeiten bezeichnet, sind ein
gangbarer und zum Teil unbedingt geglückter Versuch. Bilder zu schaffen. in denen jede Art von Zufall und zufallsbedingter
Subjektivität generell ausgeschaltet werden soll. Painitz verwendet in seinen Bildnereien, die der Montage und Collage näher
kommen als der Malerei, hauptsächlich ovallörmige bzw. abgerundete quadratische Elemente, die er aus farbigen Papieren
und Kunststoffoiien ausschneidet und dann zusammensetzt. Es ist serielle Kunst, die primär auf der Zahl. deren Kombinatorik
und inneren Gesetzmäßigkeit als Ordnungskomponente aufbaut. Die Reihenfolge, in der bestimmte Elemente wiederkehren,
verleiht den Bildern Rhythmus und Gerichtetheit, die Wahl der Farben und der Oberflöchenbeschaffenheit dieser Bildbestandteile
bestimmt deren Harmonie, Painitz. dessen Fleiß und Konsequenz außer Frage steht, glaubt an eine „objektive Kunst", die Ü
von A bis Z völlig durchgeplant - ein Gegengewicht zu allen übrigen Kunstrichtungen der Gegenwart sein soll.
Peter Baum
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